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Arzneimittel und Therapie
Demenz-Prophylaxe: Ginkgo-Spezialextrakt bei Hirnleistungsstörungen
Hirnleistungsstörungen treten nur scheinbar plötzlich auf. Sie entwickeln sich schleichend über viele Jahrzehnte: So kommt es bei einer Alzheimer-Erkrankung bereits bis zu 48 Jahre vor der ausgeprägten Demenz zu ersten neurofibrillären Veränderungen im Gehirn. Von einer Demenz spricht man, wenn Gedächtnis und Denkvermögen so stark abnehmen, dass das tägliche Leben bei klarem Bewusstsein wesentlich beeinträchtigt ist.
Eine Vorstufe ist die leichte kognitive Beeinträchtigung (mild cognitive impairment): Der Betroffene bemerkt die Abnahme seiner kognitiven Fähigkeiten; sie ist auch testpsychologisch messbar. Noch ist der Mensch aber weder in seiner Alltagsaktivität noch in seiner generellen intellektuellen Funktion gestört.
Fast ein Drittel der Ältesten ist dement
Mit einem Anteil von 50% ist die Alzheimer-Krankheit die häufigste Demenz, gefolgt von Multiinfarktdemenz und Mischformen (jeweils 20%). Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Prävalenz von Demenzen: Sind von den unter 65-Jährigen erst 1,5% betroffen, nimmt der Anteil bei den über 85-Jährigen auf bis zu 30% zu.
Antidementiva sind wirksam
Für mehrere Antidementiva wurde in Metaanalysen, die nach den Cochrane-Qualitätskriterien durchgeführt wurden, eine Wirksamkeit belegt: die Acetylcholinesterase-Hemmer Donepezil (Aricept®), Galantamin (Reminyl®) und Rivastigmin (Exelon®), den NMDA-Antagonisten Memantin (Axura®, Ebixa®) und den Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® (z. B. Tebonin®).
Ein Vergleich derjenigen Studien mit gleicher Methodik, zum Beispiel die Studien mit Verwendung der Alzheimer's Disease Assessment Scale, zeigte keinen signifikanten Wirksamkeitsunterschied zwischen den drei Acetylcholinesterase-Hemmern und dem Ginkgo-Spezialextrakt. Memantin wurde in Studien mit anderer Methodik untersucht.
Antidementiva können den Verlauf einer Demenz um 6 bis 12 Monate verzögern, sodass ein Patient beispielsweise deutlich später in ein Heim eingewiesen werden muss. Dennoch schätzt man, dass zurzeit nur etwa 10% aller Demenzkranken Antidementiva bekommen, aber 50% Medikamente zum Ruhigstellen.
Ginkgo-Extrakt prophylaktisch einnehmen?
Es gibt noch wenig Studien zur Fragestellung, ob gesunde Ältere von der Einnahme eines Antidementivums profitieren. Eine erste Studie zu Ginkgo-Spezialextrakt bei gesunden Älteren erfasste 262 Männer und Frauen ab 60 Jahre, die noch keine Demenz oder wesentliche neurokognitive Einschränkungen hatten.
131 Patienten der randomisierten Doppelblindstudie nahmen sechs Wochen lang täglich 180 mg Ginkgo-Spezialextrakt ein, die übrigen 161 Patienten ein Plazebo. Die Patienten der Verumgruppe erzielten in mehreren Bereichen signifikant größere Verbesserungen in neuropsychologischen Tests als Patienten der Plazebogruppe. Insbesondere Gedächtnis- und Orientierungsparameter besserten sich mit dem Ginkgo-Spezialextrakt stärker. Außerdem schätzten signifikant mehr Patienten ihr Erinnerungsvermögen selbst als verbessert ein.
Es gibt erste Hinweise darauf, dass das Phytopharmakon im Sinne einer Demenz-Prophylaxe wirksam sein könnte: Im Rahmen der Bevölkerungsstudie EPIDOS (Epidemiology of Osteoporosis) in Frankreich, in der es eigentlich um eine orthopädische Frage ging, wurden am Zentrum Toulouse 1462 Frauen über 75 Jahre bis zu sieben Jahre lang beobachtet.
Für 714 Frauen lagen auch Daten zum kognitiven Status vor. 69 Frauen erkrankten an Alzheimer-Demenz. Sie hatten signifikant weniger Antidementiva eingenommen als 345 kognitiv unauffällige Kontrollpersonen (Odds-Ratio 0,31). Der Effekt war umso größer, je länger die Frauen die Präparate eingenommen hatten.
In den USA werden zurzeit zwei Studien zur vorbeugenden Wirksamkeit von EGb 761® durchgeführt: eine 5-Jahres-Verlaufsstudie an 1500 Menschen über 75 Jahre und eine 3,5-Jahres-Studie an 200 Menschen über 85 Jahre. Die Ergebnisse stehen noch aus.
Angriff an den Kraftwerken der Zelle
Ein interessanter Denkansatz zur Wirkungsweise von Ginkgo-biloba-Spezialextrakt stellt die Mitochondrien in den Mittelpunkt. Jede Körperzelle enthält zwischen 100 und 1000 Mitochondrien, die als Energielieferanten dienen. Besonders viele Mitochondrien befinden sich in den Synapsen der Nervenzellen.
In der inneren Membran der Mitochondrien entsteht durch Protonentransport ein Membranpotenzial, das normalerweise zwischen – 150 und – 180 mV liegt. Dieses Membranpotenzial ist notwendig, damit die Mitochondrien ATP produzieren und die Zelle überleben kann. Sinkt das Membranpotenzial durch alters- oder demenzbedingte Schäden, verringert sich die Energieproduktion der Zelle und es kommt zu Fehlfunktionen oder gar zum Absterben der Zelle.
Mit fluoreszierenden Farbstoffen lässt sich das veränderte Membranpotenzial sichtbar machen. Ginkgo-Spezialextrakt wirkte den künstlich ausgelösten Schäden an einer neuronalen Zelllinie entgegen, und zwar unabhängig davon, ob er vor oder nach der Schädigung eingesetzt wurde.
Auch in Tierexperimenten konnte die stabilisierende Wirkung auf die Mitochondrien gezeigt werden: EGb 761® verbesserte altersbedingte Veränderungen des Mitochondrien-Membranpotenzials bei Ratten und alzheimerbedingte Veränderungen des Membranpotenzials bei transgenen Mäusen.
Quelle
Priv.-Doz. Dr. Anne Eckert, Frankfurt/Main; Prof. Dr. Ralf Ihl, Düsseldorf; Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Erlangen-Nürnberg; Prof. Dr. Hellmut Erzigkeit, Erlangen-Nürnberg: Pressekonferenz "Heute geistig fit – trotzdem Angst vor Alzheimer? Das Potenzial von Ginkgo: Der Schlüssel zur mentalen Leistungsfähigkeit", Westerland, 31. Januar 2004, veranstaltet von der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Karlsruhe.
Was kann man noch tun, um sich vor einer Demenz zu schützen?
Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, lässt sich wahrscheinlich reduzieren durch:
- gesunde und ausgewogene Ernährung
- sportliche und geistige Aktivität
- Nichtrauchen
- wenig Alkohol: zwei Gläser Wein pro Woche
- kurze Schlafphasen am Tag (< 30 Minuten)
Kopfsache interaktiv – Testen Sie Ihre kognitive Leistungsfähigkeit!
Mit einem Test zur Selbsteinschätzung der kognitiven Leistungsfähigkeit kann man auf eine spielerische Art im Internet etwas über seine geistige Fitness herausfinden: Die Reaktionszeit am PC wird getestet, man wird aufgefordert, sich Gegenstände, einen Termin, einen Telefonnummer, einen Arzttermin zu merken und nach Ablenkung wiederzugeben.
Der Test genügt nicht zur Demenz-Diagnose, kann aber auf mögliche Lücken der kognitiven Leistung hinweisen. Werden solche Lücken aufgedeckt, wird zu einer weiteren Abklärung in einem Kompetenzzentrum geraten. Zurzeit wird dieser Test in einer Validierungsstudie überprüft und soll ab 31. März im Internet unter www.tebonin.de aufzurufen sein. Dort kann auch die CD-Rom-Version des Testes zur Abgabe in Apotheken kostenlos bestellt werden.
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