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Arzneimittel und Therapie
Cytarabin bei neoplastischer Meningitis: Injektion nur noch alle zwei Wochen
Die langzeitwirkende injizierbare Form von Cytarabin wird zur Therapie der Meningeosis lymphomatosa eingesetzt. Bei diesen hochgradig bösartigen Lymphomen kommt es im Spätstadium der Krebserkrankung in etwa 50 Prozent aller Fälle zu einem Befall des zentralen Nervensystems mit Metastasen, einer so genannten neoplastischer Meningitis.
Therapieziel: Symptomlinderung
Im Zusammenhang mit malignen Lymphomen bilden sich Metastasen in der Flüssigkeit oder den Membranen, die das Gehirn und Rückenmark umgeben. Die Symptome sind Schmerzen und fortschreitende neurologische Zerfallserscheinungen. Aufgrund neurologischer Dysfunktion oder des Primärtumors überleben nur wenige Patienten länger als einige Monate.
Deshalb ist das Ziel einer Therapie nicht Heilung, sondern die Linderung der Symptome. Hauptsächlich wird mit Radio- und Chemotherapie therapiert, um Tumorzellen aus der zerebrospinalen Flüssigkeit zu entfernen und um deren Wiederkehr zu verlangsamen oder zu verhindern.
Die meisten zytotoxischen Wirkstoffe können die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, so dass bei der Chemotherapie meistens intrathekal gespritztes Methotrexat oder Cytarabin eingesetzt wird. Diese Wirkstoffe mindern den Schmerz und verlangsamen die neurologischen Zerfallsprozesse. Sie werden allerdings rasch aus dem Kreislauf entfernt und müssen deswegen häufig nachgespritzt werden.
Cytarabin stört die Replikation
DepoCyteTM ist eine Cytarabin-Formulierung mit verzögerter Wirkstofffreisetzung, die für die direkte Anwendung in die Zerebrospinalflüssigkeit vorgesehen ist. Das Pyrimidin-Analogon Cytarabin (Alexan®, ARA-cell®, Udicil®) ist ein Zellzyklus-phasenspezifischer antineoplastischer Wirkstoff, der die Zellen nur während der S-Phase der Zellteilung beeinflusst.
Intrazellulär wird Cytarabin in Cytarabin-5`-triphosphat (ara-CTP), den wirksamen Metaboliten, umgewandelt. Der Wirkungsmechanismus ist nicht vollständig bekannt, doch offenbar wirkt ara-CTP primär durch Hemmung der DNA-Synthese. Der Einbau in DNA und RNA kann möglicherweise ebenfalls zur Zytotoxizität von Cytarabin beitragen.
Für Zellzyklus-phasenspezifische Antimetabolite ist die Expositionsdauer der neoplastischen Zellen gegenüber zytotoxischen Wirkstoffkonzentrationen eine wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit.
Pharmakokinetische Eigenschaften
Die pharmakokinetischen Daten zeigen, dass nach intrathekaler Anwendung von DepoCyteTM beim Patienten über den Lumbalsack oder über ein intraventrikuläres Reservoir sowohl im Ventrikel als auch im Lumbalsack nach fünf Stunden Spitzenspiegel an freiem Cytarabin gemessen werden.
Im Dosisbereich von 12,5 mg bis 75 mg folgt den Peaks ein biphasisches Eliminationsprofil, das initial steil und nachfolgend langsam verläuft, mit einer terminalen Halbwertszeit von 100 bis 263 Stunden. Im Gegensatz dazu zeigte die intrathekale Verabreichung von 30 mg freiem Cytarabin einen biphasischen Konzentrationsverlauf in der Zerebrospinalflüssigkeit, mit einer terminalen Plasma-Halbwertszeit von etwa 3,4 Stunden.
Wirkstoff reguliert freigegeben
Die retardierte Formulierung von Cytarabin verwendet das DepoFoamTM Sustained Release System, das von der Firma SkyePharma entwickelt wurde. DepoFoamTM ist ein Wirkstoff-Abgabe-System, das dem Patienten injiziert wird. Es besteht aus sphärischen lipid-basierten Partikeln, die eine Vielzahl eigenständige, wassergefüllte Kammern enthalten.
Diese von einer zweischichtigen Lipidmembran umgebenen Kammern liegen ihrerseits in der Lipidmatrix verteilt. Die Wirkstoff-haltigen Partikel, die sich in den jeweiligen Kammern befinden, haben einen Durchmesser von 10 bis 30 µm. Die Lipidpartikel zersetzen sich nach der Injektion im Körper und geben den Wirkstoff sukzessive frei.
Dies geschieht innerhalb eines Zeitraums, der zwischen 1 und 30 Tage eingestellt werden kann – zum Beispiel wird in DepoCyteTM die zirkulierende Halbwertszeit des Wirkstoffs Cytarabin von 3,4 auf 141 Stunden erhöht. Somit lässt sich der Zeitraum zwischen Injektionen auf zwei Wochen verlängern.
Dies ist weit weniger belastend für den Patienten, vermindert die Risiken, die mit häufigen Injektionen einhergehen und senkt die Kosten für Krankenhausaufenthalte. Entscheidend ist aber vor allem, dass mit dem Einsatz der Retardformulierung hohe Konzentrationen von Cytarabin über einen längeren Zeitraum in der Liquor-Flüssigkeit vorliegen.
Häufigste Nebenwirkung: Arachnoiditis
Patienten, die DepoCyteTM erhalten, sollten gleichzeitig mit Corticosteroiden (z. B. Dexamethason) behandelt werden, um die Symptome einer Arachnoiditis abzuschwächen, die auftreten kann. Als Arachnoiditis bezeichnet man eine Entzündung der Arachnoidea mater, einer bindegewebigen Membran, die über die Furchen und Windungen des Gehirns und des Rückenmarks hinwegzieht.
Sie bildet zusammen mit der Pia mater, dem gefäßführenden Teil der weichen Hirnhaut, die weiche Hirn- und Rückenmarkshaut. Eine Arachnoiditis manifestiert sich hauptsächlich durch Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Fieber. Die Patienten müssen daher über diese zu erwartenden Nebenwirkungen und über frühe Anzeichen einer Neurotoxizität informiert werden.
Zu Beginn jedes Behandlungszyklus mit DepoCyteTM muss die Bedeutung einer gleichzeitigen Gabe von Dexamethason betont werden. Die Patienten müssen angewiesen werden, einen Arzt aufzusuchen, wenn Anzeichen einer Neurotoxizität auftreten. ck Kastentext .
Retardformulierung entlastet Krebspatienten
Meningeosis lymphomatosa ist eine Komplikation, die vor allem im Endstadium von Lymphomen auftritt. Sie wird oft nur unzureichend diagnostiziert und therapiert. Das Phänomen ist relativ selten: Ungefähr 10000 Fälle werden jährlich weltweit registriert. Dabei bilden sich Metastasen in der Flüssigkeit oder den Membranen, die das Gehirn und Rückenmark umgeben.
Dies hat ernste neurologische Folgen wie Blind- oder Taubheit. Die Behandlungsmöglichkeit mit der retardierten Form bedeutet für die Patienten eine wesentliche Erleichterung, denn bisher waren zwei bis drei Spritzen in den Rückenmarksraum pro Woche notwendig, die den Patienten zusätzlich zu den anderen Problemen stark belasten
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