- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 20/2004
- Biologicals: Neue ...
Arzneimittel und Therapie
Biologicals: Neue Optionen für die Psoriasis-Therapie
Die Psoriasis ist vor allem durch ein gestörtes Proliferations- und Differenzierungsverhalten der Keratinozyten gekennzeichnet, wobei die Ursachen dafür noch nicht vollständig geklärt sind. In der Haut von Psoriatrikern ist die Zahl aktivierter T-Lymphozyten im Vergleich zu Gesunden stark erhöht, daher vermutet man, dass diese Zellen eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese der Erkrankung spielen. Aus diesem Grund gelangte der T-Zell-Modulator Efalizumab in den Blickwinkel des Interesses.
Efalizumab ist ein rekombinanter humanisierter IgG1-Antikörper, der an die alpha-Untereinheit CD11a des T-Lymphozyten-Adhäsionsmoleküls LFA-1 (leukocyte-function-associated antigen type 1) bindet. Durch diese Bindung wird die Interaktion des T-Lymphozyten mit dem interzellulären Adhäsionsmolekül ICAM-1 (intercellular adhesion molecule 1) verhindert, das für die Anheftung des T-Lymphozyten am Gefäßendothel – eine Voraussetzung für die Auswanderung aus der Blutbahn in das Hautgewebe – verantwortlich ist.
Efalizumab behindert aber nicht nur die Auswanderung, sondern auch die Aktivierung und Proliferation von T-Lymphozyten und die Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen, führt jedoch im Gegensatz zu einem anderen ähnlich wirkenden Immunbiologikum nicht zur Depletion von Memory-Zellen.
Der zweite untersuchte Wirkstoff, Etanercept (Enbrel®), ist bereits zur Behandlung verschiedener Formen der rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen und der juvenilen chronischen Arthritis bei Kindern zugelassen. Es handelt sich dabei um ein dimeres Protein aus humanem Tumornekrosefaktor-Rezeptor und humanem IgG1, der an TNF-alpha bindet und diesen inaktiviert. Auch TNF-alpha scheint bei der Pathogenese der Psoriasis eine wichtige Rolle zu spielen.
Das proinflammatorische Zytokin findet sich beispielsweise bei Psoriasis-Patienten in den Läsionen in höherer Konzentration als in gesunden Hautarealen. Es hat sich weiterhin gezeigt, dass sich die TNF-alpha-Konzentrationen im Serum und in den Läsionen nach einer effektiven Behandlung verringerten und dass dies mit der klinischen Verbesserung des Krankheitsbildes korrelierte.
Phase-III-Studie mit Efalizumab veröffentlicht
Die kürzlich veröffentlichte multizentrische, randomisierte plazebokontrollierte Doppelblindstudie an Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bestand aus drei Phasen mit einer Dauer von jeweils 12 Wochen: einer Erstbehandlungsphase, einer Verlängerungs- und einer Nachbeobachtungsphase. In der ersten Phase erhielten 597 Psoriasis-Patienten über 12 Wochen entweder Efalizumab (1 oder 2 mg pro kg Körpergewicht pro Woche) oder Plazebo subkutan verabreicht.
In Abhängigkeit vom Ansprechen nach dieser Zeit erhielten die Probanden über weitere 12 Wochen Efalizumab in Dosierungen von 2 oder 4 mg oder Plazebo, die behandlungsfreie Nachbeobachtungsphase dauerte ebenfalls 12 Wochen. Der Schweregrad der Erkrankung wurde mithilfe des PASI (psoriasis area-and-severity-index, siehe Kasten) eingeschätzt. In beiden hier vorgestellten Studien wurde die Effektivität der Behandlung daran gemessen, bei welchem Patientenanteil nach Ablauf der jeweiligen Behandlungsperiode eine Verbesserung des PASI ausgehend vom Basiswert um mindestens 75 Prozent erzielt werden konnte.
In der Efalizumab-Studie verbesserte sich nach 12 Wochen Behandlungsdauer der PASI bei 22 Prozent Probanden, die 1 mg Efalizumab pro kg Körpergewicht und Woche erhalten hatten, und bei 28 Prozent Probanden, die mit 2 mg Efalizumab pro kg Körpergewicht und Woche behandelt wurden, um mindestens 75 Prozent. In der Plazebogruppe war diese Verbesserung nur bei 5 Prozent der Probanden zu verzeichnen gewesen (jeweils p < 0,001).
Unter den Patienten der Behandlungsgruppe, die nach 12 Wochen eine Verbesserung des PASI um mindestens 75 Prozent erreicht hatten, war bei 77 Prozent diese Verbesserung anhaltend, wenn sie über weitere 12 Wochen (Verlängerungsphase) Efalizumab erhielten. Dies traf nur auf 20 Prozent der Probanden zu, die danach auf Plazebo umgestellt wurden (p < 0,001).
Die Efalizumab-Therapie wurde gut vertragen, die auftretenden Nebenwirkungen wie beispielsweise Kopfschmerzen, Erkältungen, Fieber, Schmerzen, Übelkeit und Asthenie waren milder bis moderater Natur. Generell traten Nebenwirkungen in der Plazebogruppe (n = 122) bei 75 Prozent der Probanden, in den Behandlungsgruppen bei 86 Prozent (1 mg Efalizumab, n = 232) bzw. 85 Prozent (2 mg Efalizumab, n = 342) der Probanden auf (p = 0,006).
Besonders auffällig war, dass unter der Therapie im Vergleich zu Plazebo die Infektionsrate nicht erhöht war, keine Anzeichen für Endorganschäden beobachtet wurden und sich nur bei fünf Prozent der Probanden Antikörper gegen Efalizumab bildeten. Dies lässt Efalizumab auch für eine Langzeitbehandlung geeignet erscheinen.
Etanercept als Monotherapie bei Plaque-Psoriasis
In einer weiteren multizentrischen, randomisierten, plazebokontrollierten doppelblinden Phase-III-Studie erhielten 652 Patienten Etanercept entweder in niedriger, mittlerer oder hoher Dosis (25 mg einmal wöchentlich, 25 mg bzw. 50 mg zweimal wöchentlich) oder Plazebo über 24 Wochen subkutan verabreicht. Nach 12 Wochen erhielten die Probanden der Plazebogruppe zweimal wöchentlich 25 mg Etanercept.
Nach 12 Wochen war eine Verbesserung des PASI um mindestens 75 Prozent bei nur vier Prozent der Patienten der Plazebogruppe, jedoch bei 14 Prozent der Patienten der "Low-dose"-Gruppe, bei 34 Prozent der Patienten der "Medium-dose"-Gruppe und bei 49 Prozent der Patienten der "High-dose"-Gruppe zu verzeichnen (p < 0,001). Bei längerer Behandlung verbesserte sich das klinische Ansprechen weiter. Nach 24 Behandlungswochen lag die PASI-Verbesserung von mindestens 75 Prozent in der "Low-dose"-Gruppe bei 25 Prozent, in der "Medium-dose"-Gruppe bei 44 Prozent und in der "High-dose"-Gruppe bei 59 Prozent.
Nachdem die Patienten der ehemaligen Plazebogruppe ebenfalls Etanercept (zweimal wöchentlich 25 mg) erhalten hatten, zeigte sich bei ihnen ein vergleichbares Ansprechen wie bei der "Medium-dose"-Gruppe (bei 33 Prozent verbesserte sich der PASI um mindestens 75 Prozent). Der Erfolg der Etanercept-Behandlung wurde außerdem subjektiv sowohl durch den behandelnden Arzt als auch den Patienten mithilfe des Physician's Static Global Assessment, des Patient's Global Assessment und des Dermatology Life Quality Index beurteilt. Mit allen Testverfahren wurde der Behandlungserfolg in den Etanercept-Behandlungsgruppen signifikant höher eingeschätzt als in den Plazebogruppen.
Etanercept wurde gut vertragen, die häufigsten Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege, Asthenie und Myalgie. Sie traten in allen Gruppen annähend gleich häufig auf. Tuberkulose oder opportunistische Infektionen wurden nicht beobachtet. Bei acht der mit Etanercept behandelten Patienten wurden nicht-neutralisierende Etanercept-Antikörper nachgewiesen.
Immunbiologika auf dem Vormarsch
Sowohl die Behandlung mit Efalizumab als auch mit Etanercept führte zu einer statistisch signifikanten Verbesserung der Schwere der Erkrankung bei Patienten mit Plaque-Psoriasis. Auf der Basis der gegenwärtigen Datenlage lässt sich noch nicht beurteilen, welches der beiden Immunbiologika besser zur Behandlung der Plaque-Psoriasis geeignet sein wird, hier spielen sicher auch interindividuelle Unterschiede eine große Rolle.
Es wird davon ausgegangen, dass in naher Zukunft noch weitere Immunbiologika auf einen möglichen Einsatz in der Therapie der Psoriasis geprüft werden. Sowohl bei der amerikanischen (FDA) als auch bei der europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) wurden inzwischen Anträge auf Zulassung von Efalizumab zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis eingereicht.
An der Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) leiden etwa zwei Prozent der Weltbevölkerung. Die derzeit zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten werden als unzureichend betrachtet, da viele von ihnen mit einer kumulativen Toxizität verbunden sind. Dadurch wird ihr Einsatz bei einer chronischen Erkrankung eingeschränkt. Neue Hoffnung für Patienten geben die Ergebnisse aus zwei Phase-III-Studien mit den Immunbiologika ("Biologicals") Efalizumab und Etanercept.
Etanercept gegen Psoriasis
In den USA hat das bisher gegen rheumatische Arthritis verwendete Etanercept (Enbrel®) am 30. April eine erweiterte Zulassung für die Behandlung volljähriger Patienten mit einer chronischen Form der Schuppenflechte erhalten, wie Amgen mitteilte.
Antikörper hemmen TNF-alpha
Zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis wurden bis jetzt zwei TNF-alpha-Antagonisten eingesetzt: Etanercept (Enbrel®) ist ein dimeres Fusionsprotein aus zwei rekombinanten löslichen TNF-Rezeptor-(p75-)Molekülen und dem Fc-Teil eines humanen IgG1. Infliximab (Remicade®) ist ein gegen TNF-alpha gerichteter chimärer (zu 25 Prozent aus Sequenzen der Maus und zu 75 Prozent aus menschlichen Sequenzen bestehender) monoklonaler Antikörper. Derzeit wird auch Adalimumab für die Behandlung von Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis und Psoriasis-Arthritis erprobt.
Adalimumab (Humira®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen das Zytokin Tumornekrosefaktor alpha. Adalimumab bindet spezifisch an TNF-alpha und neutralisiert dessen biologische Funktion, indem es die Interaktion mit den zellständigen p55- und p75-TNF-Rezeptoren blockiert. Adalimumab beeinflusst dadurch biologische Reaktionen, die durch TNF ausgelöst oder gesteuert werden. In Phase-II-Studien befindet sich Onercept (r-hTBP-1) zur Behandlung der Psoriasis und der psoriatrischen Arthritis. Onercept ist ein rekombinanter, nicht modifizierter, humaner, löslicher TNF-Rezeptor des Typs I (p55), dessen Wirkungsweise auf einer Blockade des Tumornekrosefaktors beruht.
Gesteigerte Keratinozyten-Proliferation
Das auffälligste Merkmal der Psoriasis ist die bis zu zehnfach gesteigerte Proliferation der Keratinozyten in der Epidermis. Anstelle der üblichen 28 Tage regeneriert sich die Epidermis von Psoriatikern alle drei bis fünf Tage. Dadurch kommt es zu einer Hyperkeratose und einer starken Schuppung der Haut: es bilden sich dicke, rötlich-entzündete, schuppenartige Pusteln auf der Haut, die mit silbrigen Schuppen überzogen sind. Psoriasis kann sich auf wenige Flecken beschränken oder große Hautflächen erfassen, wobei die Kopfhaut, Knie, Ellbogen und der Leib am meisten betroffen sind. Obwohl die Hautläsionen sehr auffällig sind, ist Psoriasis keine ansteckende Krankheit. Zum Weiterlesen: Biologicals bei rheumatoider Arthritis. Früher Eingriff in die Entzündungskaskade DAZ 2004, Nr. 11, S. 40-42. www.deutsche-apotheker-zeitung.de
Quellen
Lebwohl, M., et al.: A Novel Targeted T-Cell Modulator, Efalizumab, for Plaque Psoriasis. N. Engl. J. Med. 349, 2004 – 2013 (2003). Leonardi, C. L., et al.: Etanercept as Monotherapy in Patients with Psoriasis. N. Engl. J. Med., 349, 2014 – 2022 (2003). Kupper, Th. S.: Immunologic Targets in Psoriasis. N. Engl. J. Med. 349, 1987 –1990 (2003).
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.