Arzneimittel und Therapie

Bisphosphonate: Langzeit-Wirksamkeit von Alendronsäure

Postmenopausale Frauen mit Osteoporose bekamen zehn Jahre lang Alendronsäure in einer Tagesdosis von 5 oder 10 mg. Auch nach den ersten fünf Behandlungsjahren blieb der Knochenstoffwechsel reduziert und die Knochendichte stieg weiter (Lendenwirbelsäule) oder blieb stabil (andere Skelettstellen). Bei Frauen, die Alendronsäure nach fünf Jahren absetzten, stieg der Knochenstoffwechsel geringfügig, und die Knochendichte an den meisten Messorten sank allmählich.

Osteoporose ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung, bei der die Knochenresorption die Knochenbildung übersteigt. Die Knochenmasse sinkt, und die Mikroarchitektur verschlechtert sich, was eine verringerte Knochenfestigkeit und eine erhöhte Bruchgefahr mit sich bringt. Eine Osteoporose wird häufig mit Bisphosphonaten behandelt. Bisphosphonate setzen den Knochenstoffwechsel herab und verhindern den weiteren Verlust an Knochenmasse, indem sie die Knochenresorption hemmen ("antiresorptive Substanzen").

Die beiden Ausgangsstudien

Alendronsäure (Fosamax®) ist ein oral wirksames Bisphosphonat. In zwei randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudien über drei Jahre war die Wirksamkeit bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose gezeigt worden: Alendronsäure erhöhte die Knochendichte, verringerte den Knochenstoffwechsel und das Risiko für vertebrale Frakturen (Wirbelbrüche). In der gemeinsamen Verlängerung der beiden Studien mit identischem Design über eine Gesamtbehandlungsdauer von zehn Jahren wurden die Wirkungen sowohl einer verlängerten als auch einer abgebrochenen Alendronsäure-Therapie bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose untersucht.

5 oder 10 Jahre lang Alendronsäure

Ursprünglich hatten 994 Frauen randomisiert täglich 5 mg, 10 mg oder 20 mg Alendronsäure oder ein Plazebo eingenommen. In den Jahren 4 und 5 bekamen Frauen der ursprünglichen Plazebo-Gruppe offen Alendronsäure und beendeten danach ihre Teilnahme. Die Frauen der 5-mg- und der 10-mg-Gruppe nahmen Alendronsäure in allen drei Verlängerungsphasen der Studie (Jahr 4 bis 5, 6 bis 7 und 8 bis 10) in gleich bleibender Dosis ein. Die Frauen der 20-mg-Gruppe erhielten von Jahr 3 bis 5 nur noch 5 mg täglich und von Jahr 6 bis 10 ein Plazebo. Sie werden als "Absetzgruppe" bezeichnet. Ihre kumulative Alendronsäure-Exposition entsprach derjenigen der 10-mg-Gruppe nach 5 Jahren und derjenigen der 5-mg-Gruppe nach 10 Jahren. Alle Frauen erhielten 500 mg Calcium zur täglichen Einnahme. Eine Vitamin-D-Einnahme war erlaubt.

29 von ursprünglich 37 Studienzentren beteiligten sich an allen drei Verlängerungsphasen. 247 Frauen nahmen bis zur dritten Verlängerung teil, davon 78 in der 5-mg-, 86 in der 10-mg- und 83 in der Absetzgruppe. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Knochendichte der Lendenwirbelsäule. Sekundäre Endpunkte waren:

  • Veränderungen der Knochendichte von Oberschenkelhals, Trochanter (Knochenvorsprung am Oberschenkel), Hüfte, Gesamtkörper und Unterarm
  • Veränderungen der Urinkonzentration der N-Telopeptide des Typ-I-Kollagens (Knochenresorptionsmarker)
  • Veränderungen der Serumkonzentration der Knochen-spezifischen alkalischen Phosphatase und der alkalischen Phosphatase insgesamt (Knochenbildungsmarker)

Die Knochendichte wurde jährlich mit DEXA (Dual-Energy X-Ray Absorptiometry) gemessen. Die Analyse erfasste alle Frauen mit Basismessung, Messung im Jahr 7 und mindestens einer späteren Messung (modifizierte Intention-to-treat-Analyse). Morphometrisch nachgewiesene Wirbelfrakturen, sonstige Frakturen und Veränderungen der Körperstatur wurden als Sicherheitsendpunkte erfasst.

Knochendichte steigend oder stabil

Die Frauen waren zu Beginn im Mittel 63 Jahre alt und seit 16 Jahren postmenopausal. Während der 10-jährigen Behandlung stieg die Knochendichte der Lendenwirbelsäule bei Frauen mit täglich 10 mg Alendronsäure um 13,7%, bei Frauen mit 5 mg um 9,3% und bei Frauen der Absetzgruppe ebenfalls um 9,3%. In den Gruppen mit fortgesetzter Therapie stieg die Knochendichte der Lendenwirbelsäule sowohl von Jahr 6 bis 10 als auch von Jahr 8 bis 10. Unter Alendronsäure-Therapie sank die Knochendichte an keinem Messort von Jahr 6 bis 10 signifikant.

Knochendichte nach dem Absetzen allmählich rückläufig

In der Absetzgruppe veränderte sich die Knochendichte der Lendenwirbelsäule ab Jahr 6 nicht signifikant. Die Knochendichte von Gesamthüfte, Oberschenkelhals und Unterarm sank zwar von Jahr 6 bis 10 signifikant, blieb aber über dem Ausgangsniveau.

Knochenstoffwechsel auf niedrigem Niveau

Die Knochenstoffwechsel-Marker waren in den ersten drei Behandlungsjahren unter Alendronsäure in den prämenopauslen Normbereich reduziert. Diese Senkung blieb in den Alendronsäure-Gruppen bis zum Ende der Studie bestehen. In der Absetzgruppe stiegen die Knochenstoffwechsel-Marker innerhalb von einem Jahr nach dem Absetzen, ohne jedoch das Ausgangsniveau zu erreichen.

Günstiges Sicherheitsprofil

228 Frauen wurden in den Jahren 6 bis 10 auf Wirbelfrakturen beobachtet. Neue morphometrisch nachweisbare Wirbelfrakturen traten bei 13,9% der 5-mg-Gruppe, 5,0% der 10-mg-Gruppe und 6,6% der Absetzgruppe auf. Der Unterschied war nicht signifikant. Der Verlust an Körpergröße von Jahr 6 bis 10 fiel in der 5-mg- und in der Absetzgruppe geringfügig (nicht signifikant) stärker aus als in der 10-mg-Gruppe. Nichtvertebrale Frakturen waren in der 10-mg-Gruppe etwas seltener als in den übrigen Gruppen und ähnlich häufig wie in den Alendronsäure-Gruppen während der ersten drei Jahre.

Auch das übrige Sicherheitsprofil war vergleichbar: 14,1% der Frauen mit 5 mg, 27,9% der Frauen mit 10 mg und 24,1% der Frauen ohne Alendronsäure verspürten Nebenwirkungen im oberen Gastrointestinaltrakt. Eine Frau der 5-mg-Gruppe und je zwei Frauen der 10-mg- und der Absetzgruppe brachen die Behandlung aus diesem Grund vorzeitig ab.

Fazit

Demnach bleibt die Wirkung von Alendronsäure auf Knochendichte und Knochenstoffwechsel bei 10-jähriger Behandlung erhalten, und das Bisphosphonat wird auch in den letzten drei Jahren gut vertragen. Die Studie war nicht groß genug, um das Frakturrisiko zu vergleichen. Sie ergab aber keinen Hinweis auf vermehrte Frakturen in den letzen Behandlungsjahren. In der Absetzgruppe gingen die Alendronsäure-Wirkungen auf Knochendichte und Knochenstoffwechsel nicht abrupt verloren, sondern verringerten sich allmählich.

Bisphosphonate lange im Knochen gespeichert

Langzeitdaten über die Sicherheit und Wirksamkeit von Bisphosphonaten sind besonders wichtig, weil diese Arzneistoffe lange Zeit im Knochen verbleiben. Das zeigte auch die vorliegende Studie: Fünf Jahre nach dem Absetzen wurde die Knochenresorption noch um mehr als 50% gehemmt. Die Studie weist darauf hin, dass 10 Jahre Alendronsäure-Behandlung wirksam und sicher sind. Viele Fragen zur Therapie bleiben allerdings offen: Wie lang ist die optimale Behandlungsdauer? Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem der Schutz vor Frakturen abnimmt? Wie rasch steigt das Frakturrisiko nach Absetzen der Behandlung?

Postmenopausale Frauen mit Osteoporose bekamen 10 Jahre lang Alendronsäure in einer Tagesdosis von 5 oder 10 mg. Auch nach den ersten fünf Behandlungsjahren blieb der Knochenstoffwechsel reduziert und die Knochendichte stieg weiter (Lendenwirbelsäule) oder blieb stabil (andere Skelettstellen). Bei Frauen, die Alendronsäure nach fünf Jahren absetzten, stieg der Knochenstoffwechsel geringfügig, und die Knochendichte an den meisten Messorten sank allmählich.

Frakturen als Sicherheitsendpunkt – warum?

Frakturen durch ein Bisphosphonat – das erscheint auf den ersten Blick widersinnig. Eine Behandlung, die vor Frakturen schützen soll, kann langfristig die Fraktur-Anfälligkeit möglicherweise fördern. In Tierversuchen setzten hoch dosierte Bisphosphonate die Knochenfestigkeit herab; es kam vermehrt zu kleinen Schäden. Eine vermehrte Knochenmineralisation ist nämlich nur bis zu einem gewissen Punkt gut; ein hoch mineralisierter und homogener Knochen wird spröde und zerbrechlich.

2 Kommentare

Zahnwurzelresektion im Unterkiefer wegen eines Abzesses

von reiter,helga am 22.01.2020 um 21:48 Uhr

Obwohl ich die Alendronsäure vor einem Jahr abgesetzt habe,empfiehlt mir der Kiefernchirurg den Zahn zu entfernen.Es gibt ein Risiko :Der Unterkirferknochen könnte sich entzünden . Es könnte zur Nekrose kommen.Ich muß schon vorher und danach ein Antibiotikum einnehmen. Die Alendronsäure wird im Unterkiefer nicht abgebaut . Nun habe ich noch einige Zähne und warte wie das in Zukunft werden wird. Dawill man etwas Gutes tun für die Knochen und hat jetzt Ärger.(Ich bin 80)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Risiko für Zahnimplantat 1Jahr nach Absetzen von Alendronsäure

von Dr.Renate Marquordt-Schulze am 18.09.2019 um 15:48 Uhr

Nach 2,5 jährigen Behandlung mit Alendronsäure wegen Feststellung der Osteoporose bei mangelnder Heilungstendenz einer Beckenringfraktur war eine Backenzahnresektur wegen Abszeß erforderlich. Danach kam es zur Sequesterbildung. Mein Kieferchirurg hält ein Implantat für absolut kontraindiziert. Obwohl ich die Alendronsäure sofort abgesetzt habe, sei das Risiko für Komplikationen zu hoch.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.