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Tier des Jahres 2004: Der Siebenschläfer

Die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild hat den Siebenschläfer zum Tier des Jahres 2004 gewählt. In Norddeutschland sind die Tiere teilweise vom Aussterben bedroht und werden in den Roten Listen geführt. Das possierliche Tierchen hat seinen Namen mit den sieben legendären Heiligen gemeinsam, die 195 Jahre lang in einer Höhle geschlafen haben sollen.

Die Siebenschläfer sind kleine Nager aus der Familie der Bilche (Gliridae). Vier Arten sind in Deutschland heimisch. Sie leben gesellig in kleinen Gruppen zusammen, sind in Obstbäumen, Büschen, Laubwäldern und Weinbergen zuhause und überwintern gern in Baumhöhlen, Scheunen, Vogelnistkästen, Reisighaufen oder auch auf dem Dachboden und im Obstkeller. Sie sind typische Kulturfolger, die die Nähe des Menschen nicht meiden. Zwar können sie in Jahren übermäßiger Vermehrung zur Plage in Obstgärten, Haselnussgärten und Weinbergen werden, doch in Teilen Deutschlands sind sie vom Aussterben bedroht. Der Mensch tut ihnen nur noch selten etwas zuleide. Auf der Hut sein müssen sie lediglich vor Mardern, Iltissen und Eulen.

Sieben Monate Winterschlaf

Sehen tut man die kleinen Kerlchen selten, denn sie sind nacht- und dämmerungsaktiv. Sie fressen Früchte, Insekten, Weichtiere, Jungvögel und Eier und legen im Sommer große Fettreserven an, die es ihnen ermöglichen, bei erheblich reduziertem Stoffwechsel einen langen, von September bis April oder Mai dauernden Winterschlaf zu halten. Auf den (sechs- bis) siebenmonatigen Winterschlaf bezieht sich der Name Siebenschläfer.

Das Tier des Jahres 2004 ist der eigentliche Siebenschläfer (Glis glis); dieser besitzt etwa die Körpergröße einer Ratte und ähnelt mit seinem buschigen Schwanz dem Eichhörnchen. Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ist etwas kleiner, und die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) ist in der Tat nur mausgroß. Im Südosten Bayerns kommt noch der Baumschläfer (Dryomys nitedula) vor. Ein Siebenschläferweibchen wirft nach 31 Tagen fünf bis neun nackte und blinde Junge.

Schmackhaftes Fleisch

Siebenschläfer waren bei den Römern eine besondere Delikatesse. In großen Gehegen, den Glirarien, wurden sie gemästet. Deren Erfinder war Fulvius Lupinus, ein Zeitgenosse des Lukullus (117 – 56). Die Glirarien waren offene, gemauerte Gehege, deren Wände mit glattem Mörtel bestrichen waren, um die Siebenschläfer am Hinaufklettern zu hindern. Im Innern standen Eichen. Die fettesten Schläfer wurden gefangen, in fassartige, irdene Gefäße (Dolien) gesteckt und mit Eicheln, Walnüssen, Kastanien und Obst weiter gemästet. Nach einem überlieferten Rezept sind die gebratenen Bilche honigbestrichen und mit Mohn bestreut serviert worden.

Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts galten Bilche in der Unterkrain (Slowenien) als Delikatesse. Auch heute noch sollen sie in Slowenien und Frankreich serviert werden. Ihr Fleisch wird als fett und nach Nüssen und Mandeln schmeckend beschrieben.

Siebenschläfertag

Der Siebenschläfertag (27. Juni) hat mit den kleinen Nagern nichts zu tun; er erinnert an die sieben heiligen Jünglinge Dionysius, Johannes, Konstantin, Malchus, Martinian (Marcian), Maximian und Serapion. Die Legende sagt, dass sie im Jahre 251 Opfer der ersten reichsweiten Christenverfolgung des römischen Kaiser Decius wurden. Die Jünglinge sollen sich geweigert haben, Decius als Gottkaiser zu huldigen, und sich deshalb bei Ephesos in einer Höhle verborgen haben. Reihum verkleidete sich einer von ihnen als Bettler, um in Ephesos für sich und die Gefährten Nahrung zu beschaffen. Als Decius erfuhr, wo und warum sich die sieben Jünglinge versteckt hielten, ließ er sie in der Höhle einmauern. Darauf fielen sie in einen todgleichen Schlaf und wachten erst am 27. Juni 446 wieder auf, als ein Bauer die Höhle öffnete. Nachdem viele Leute dieses Wunder gesehen hatten, starben sie gemeinsam und wurden seither als Heilige verehrt.

Die Legende findet sich ähnlich in der 18. Sure des Korans. Die Gebrüder Grimm haben sie in "Die sieben schlafenden Männer in der Höhle" verarbeitet. Mit den Siebenschläfern sind nicht die "Sieben Brüder" zu verwechseln, deren Heiligentag der 10. Juli war.

Sieben Wochen Regen ... oder Sonnenschein

Der Siebenschläfertag zählt zu den Lostagen, an denen sich entscheiden soll, wie das Wetter jeweils in den nächsten Wochen wird. Unser Wetter ist zwar grundsätzlich chaotisch und nicht vorhersehbar. Dennoch gibt es typische Wetterlagen ("Singularitäten") und typische Wetterentwicklungen zu bestimmten Zeiten. Entsprechende Wetterregeln sind aus der Beobachtung des Himmels über viele Bauerngenerationen gewachsen. Eine der vielen Varianten für den Siebenschläfertag lautet: Wenn die Siebenschläfer Regen kochen, dann regnet's ganze sieben Wochen.

Da bei der gregorianischen Kalenderreform von 1582 zehn Tage ausgefallen waren, würde der Siebenschläfertag nach dem alten (julianischen) Kalender auf den 7. Juli fallen. Welches Datum ist nun der richtige Lostag? Eher der 27. Juni, doch aus meteorologischer Sicht ist nicht dieser eine Tag, sondern eine Reihe von Tagen relevant. So wurde aufgrund langjähriger Wetterbeobachtungen folgende Regel formuliert, die zu 70% zutrifft: Je häufiger es vom 26. bis 30. Juni regnet, umso regenreicher wird der Juli. Oder umgekehrt: Wenn es Ende Juni trocken ist, wird wahrscheinlich auch der Juli schön.

Singularitäten

Singularitäten sind Witterungsperioden, die in bestimmten Gebieten zu bestimmten Zeiträumen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auftreten. Am bekanntesten sind in Mitteleuropa die Schönwetterperioden Ende September (Altweibersommer) und Mitte November (Martinssommer), das Tauwetter zu Weihnachten sowie die Kaltlufteinbrüche Mitte Mai (Eisheilige) und Mitte Juni (Schafskälte).

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