Cholesterinsenker: Simvastatin in Großbritannien rezeptfrei

Es liegen keine Studien zu nicht-verschreibungspflichtigen Statinen bezüglich der primären Vorbeugung von Herzerkrankungen vor, so in einem Editorial im Lancet. Es gibt keine Daten über die Zuverlässigkeit der Medikamenteneinnahme von rezeptfreien Statinen; was bei einem Medikament bedenklich erscheint, welches über einen langen Zeitraum täglich eingenommen werden muss.

Ändert sich der Lebensstil?

Im Lancet werden eine Reihe von Fragen aufgeworfen: Werden die Käufer von Simvastatin auch aufhören zu rauchen, abnehmen, sich mehr bewegen, oder werden sie das Medikament anstatt einer Veränderung ihres Lebenswandels einnehmen? Werden Apotheker die Zeit finden, das individuelle Risiko für Herzerkrankungen zu bestimmen, bevor sie das Medikament verkaufen und die Patienten auch bezüglich ihres Lebenswandels beraten? All dies sind unbekannte Faktoren, was ungünstig für die britische Öffentlichkeit ist, die "das Versuchstier in diesem groß angelegten OTC-Experiment" sein wird.

Die Amerikaner, so der Lancet, konnten dieser Rolle entkommen, da zwei Zulassungsanträge für OTC-Statine (Pravastatin 10 mg und Lovastatin 10 mg) im Jahr 2000 auf Grund von unzureichenden Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit der beiden Medikamente für einen rezeptfreien Gebrauch abgelehnt wurden.

Finanzielle Interessen vermutet

Als Motor hinter dieser Entscheidung werden finanzielle Gründe vermutet, so der Lancet: "Ohne Daten zur Verminderung der Sterblichkeit durch OTC-Simvastatin, ist es schwierig den Schluss zu vermeiden, dass das Motiv hinter der Entscheidung der Regierung die Kostensenkung ist. Statine werden im Moment etwa 1,8 Millionen Menschen in Großbritannien verschrieben und kosten den National Health Service (NHS) etwa 700 Millionen Pfund pro Jahr.

Da die NHS-Rechnungen für Statine auf mehr als zwei Milliarden Pfund für das Jahr 2010 geschätzt werden, scheint jetzt der richtige Zeitpunkt zu sein, um diese Kosten auf die Patienten zu übertragen. Eine Privatisierung der Prävention von Herzerkrankungen wird jedoch Ungleichheiten erhöhen, da viele die Kosten von 10 bis 15 Pfund pro Monat langfristig nicht werden tragen können. Das Motiv für den Hersteller ist klar. Da Simvastatin nicht mehr patentgeschützt ist, wird das Öffnen eines neuen Markts (etwa acht Millionen mehr Menschen in Großbritannien) den Aktionären gefallen."

Der Lancet fordert dringend ein Überwachungssystem für rezeptfreies Simvastatin: Die Beweise für die Vorteile und Risiken des Statins, das seit 1990 auf dem Markt ist, müssen diesem primären Präventions-Szenario angeglichen und dazu genutzt werden, über Anwendungen mit erhöhter Simvastatin-Dosis oder anderer Statine im OTC-Bereich zu entscheiden. In der Zwischenzeit sollte die geplante Veröffentlichung der Bewertung des National Institute for Clinical Excellence (NICE) über die Prävention von koronaren Erkrankungen durch Statine, die für Juni 2005 angesetzt wurde, beschleunigt werden, um eine aktualisierte Leitlinie für die Verschreibung von Statinen geben zu können.

"Falls es die Regierung mit der Prävention von Herzerkrankungen ernst meint, ist die Privatisierung dieser Prävention nicht der richtige Weg. Falls die britische Öffentlichkeit in ein solches OTC-Experiment mit eingeschlossen werden sollte, sollten die Fakten gesammelt und zum Vorteil aller genutzt werden."

Literatur

Editorial. OTC statins: a bad decision for public health. Lancet, 363, 1659 (2004). ck