Arzneimittel und Therapie

Hormonersatztherapie: Bei postmenopausalen Frauen auf Dickdarmkrebs screenen

Für großes Aufsehen hatte im Juli 2002 der Abbruch des Estrogen-Gestagen-Studienarms der Women's Health Initiative(WHI)- Studie gesorgt. Aber es gab nicht nur Negativ-Schlagzeilen: unter der Hormontherapie sank das relative Risiko von Kolorektalkarzinomen um 37%, das von Hüftfrakturen um 34%. In einer Untersuchung wurden nun die Inzidenz, die Typen und Stadien der Kolorektalkarzinome, die sich bei den Teilnehmerinnen des Studienarms entwickelt hatten, näher untersucht. Es zeigte sich, dass gleichzeitig zur Risikoreduktion ein häufigerer Lymphknotenbefall sowie eine größere Metastasierungsrate beobachtet wurden.

Bei der WHI-Studie handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte Studie mit postmenopausalen Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren. Im "Kombinationsarm" der Studie hatten 8506 Frauen einmal täglich eine Estrogen-Gestagen-Kombination (0,625 mg konjugierte equine Estrogene plus 2,5 mg Medroxyprogesteronacetat) eingenommen, 8102 Frauen erhielten ein Plazebo.

Dieser Teil der Studie wurde nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 5,2 Jahren vorfristig beendet, weil die Risiken der Hormonersatztherapie den Nutzen überwogen hatten: unter der Einnahme der Estrogen-Gestagen-Kombination erhöhte sich im Vergleich zu Plazebo das relative Risiko von invasivem Brustkrebs um 26%, von koronaren Herzerkrankungen um 29%, von venösen Thromboembolien um 100% und von Schlaganfällen um 41%. Lediglich bezüglich Dickdarmkrebs und Hüftfrakturen war das Risiko unter der Hormoneinnahme verringert (um 37 bzw. 34%).

Risiko verringert, aber häufiger Lymphknotenbefall und Metastasen

Insgesamt traten 122 Kolorektalkarzinome verschiedener histologischer Typen auf, in der Hormon-Gruppe signifikant weniger als in der Plazebo-Gruppe (Inzidenz 48 vs. 74) auf. Von den 122 Karzinomen befanden sich vier im Stadium Null (carcinoma in situ, drei in der Hormon-, eins in der Plazebo-Gruppe). Näher untersucht wurden die 115 invasiven Karzinome (43 in der Hormon- und 72 in der Plazebo-Gruppe). In beiden Gruppen wiesen sie hinsichtlich Lokalisation, Stadium und Histologie große Ähnlichkeiten auf.

Die Karzinome der Hormon-Gruppe hatten jedoch signifikant häufiger auf die Lymphknoten übergegriffen als die der Plazebo-Gruppe (59,0% vs. 29,4%). Des Weiteren war die Zahl der positiven Lymphknoten in der Hormon-Gruppe größer als in der Plazebo-Gruppe, auch hatten sich unter der Hormontherapie häufiger Metastasen gebildet (76,2% vs. 48,5%). In der Hormon-Gruppe waren neun, in der Plazebo-Gruppe acht Studienteilnehmerinnen an Dickdarmkrebs gestorben.

In der Plazebo-Gruppe häufiger Krebs bei Verwandten

Bei der Pathogenese des Kolorektalkarzinoms spielen verschiedene Faktoren wie zum Beispiel genetische Faktoren, Essgewohnheiten, Adipositas oder Bewegungsmangel eine Rolle, daher wurden bei den Studienteilnehmerinnen zahlreiche weitere Parameter erfasst. Bezüglich solcher Einflüsse wie z. B. Alter, Body-Mass-Index, Entfernung von Darmpolypen in der Anamnese, Calcium- und Vitamin-D-Supplementation und sportliche Betätigung waren beide Gruppen relativ homogen. Allerdings gab es einen statistisch signifikanten Unterschied bezüglich des Auftretens von Kolorektalkarzinomen bei Verwandten ersten Grades: in der Hormon-Gruppe war dies bei 12,4% der Teilnehmerinnen, in der Plazebo-Gruppe bei 14,2% der Fall.

Konsequentes Screening empfohlen

Die Gründe für die Risikoreduktion und den gleichzeitig häufigeren Lymphknotenbefall sowie die größere Metastasierungsrate unter der Hormontherapie im Vergleich zu Plazebo sind noch weitestgehend unklar. Die Daten sind nicht ausreichend, um die Gabe einer Estrogen-Gestagen-Kombination zur Risikoreduktion bezüglich kolorektaler Karzinome zu empfehlen, so die Meinung der Autoren. Sie empfehlen jedoch bei postmenopausalen Frauen, die eine Estrogen-Gestagen-Kombination einnehmen, ein konsequentes Screening bezüglich Dickdarmkrebs, da durch die Hormongabe – nach den bisher vorliegenden Daten – möglicherweise die Diagnose dieser Erkrankung verschleppt werden kann.

Literatur

Chlebowski, R. T., et al.: Estrogen plus progestin and colorectal cancer in postmenopausal women. N. Engl. J. Med. 350, 991-1004 (2004).

Für großes Aufsehen hatte im Juli 2002 der Abbruch des Estrogen/Gestagen-Studienarms der Women's Health Initiative (WHI)-Studie gesorgt. Aber es gab nicht nur Negativ-Schlagzeilen: unter der Hormontherapie sank das relative Risiko von Kolorektalkarzinomen um 37%, das von Hüftfrakturen um 34%. In einer Untersuchung wurden nun die Inzidenz, die Typen und Stadien der Kolorektalkarzinome, die sich bei den Teilnehmerinnen des Studienarms entwickelt hatten, näher untersucht. Es zeigte sich, dass gleichzeitig zur Risikoreduktion ein häufigerer Lymphknotenbefall sowie eine größere Metastasierungsrate beobachtet wurden.

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