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Ausbildung
P. DitzelBachelor-/Master-Abschlüsse – auch i
Bis 2010, so die Bologna-Erklärung, sollen folgende Teilziele bei der Schaffung eines europäischen Hochschulraumes erreicht werden:
- Es soll ein System leicht verständlicher und vergleichbarer Studienabschlüsse eingeführt werden.
- Es soll eine zweizyklische Studienstruktur eingeführt werden mit einem mindestens dreijährigen "undergraduate-level" mit dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss (baccalaureus/bachelor) und einem "graduate level" als weiteren qualifizierenden Abschluss (magister/master).
- Zur Bewertung der Studienleistungen soll ein Leistungspunktesystem eingeführt werden, das European Credit Transfer System (ECTS). Mit diesem Punktesystem soll die Mobilität der Studierenden und der Lehrenden gefördert, die europäische Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung und die europäische Dimension im Hochschulbereich ausgebaut werden.
Bereits seit 2002 können die Hochschulen in Deutschland Studiengänge einführen – neben Studiengängen, die mit einem Diplomgrad oder einer staatlichen oder kirchlichen Prüfung abschließen –, die zu einem Bachelor- und zu einem Mastergrad führen. Der Bachelorabschluss ist angelegt als erster berufsqualifizierender Abschluss mit einer Regelstudienzeit von mindestens drei und höchstens vier Jahren. Der sich daran anschließende Masterstudiengang hat eine Regelstudienzeit von mindestens einem und höchstens zwei Jahren. Als konsekutiver Studiengang baut der Masterstudiengang inhaltlich auf dem Bachelorstudiengang auf und hat eine Gesamtregelstudienzeit von maximal fünf Jahren.
Bei nicht-konsekutiven Studiengängen handelt es sich um Studiengänge, die inhaltlich nicht auf dem vorangegangenen Bachelorstudiengang aufbauen. Hinsichtlich den Anforderungen entsprechen sie jedoch den konsekutiven Masterstudiengängen und führen zu einem gleichen Qualifikationsniveau und denselben Berechtigungen
Umsetzung der Bologna-Erklärung
Die Kultusministerkonferenz hat zur Umsetzung der Bologna-Erklärung in Deutschland bereits eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Die wichtigsten davon sind:
Was ist mit dem Staatsexamen ...
In den Bereichen Recht, Bildung und Gesundheit, also dort, wo der Staat eine Daseinsvorsorge übernimmt, hat sich bislang der Staat vorbehalten, Mindeststandards für die Berufsausübung der betroffenen reglementierten Berufe zu definieren, da diese im öffentlichen Interesse liegt. Die Regelung der Ausbildung, der Ausbildungsinhalte und des Prüfungswesens ist dabei eine wichtige Maßnahme.
Staatliche bundeseinheitlich geregelte Studiengänge mit staatlichem Prüfungswesen stehen jedoch den mit der Bologna-Erklärung verfolgten Zielen entgegen. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit der Staat zukünftig im Bereich der Daseinsvorsorge in die Ausbildungsgänge dieser reglementierten Berufe eingreifen will.
Hier gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten. Entweder behält sich der Staat seine bisherigen Rechte weiterhin vor, so dass für den Bereich der Studiengänge, die mit einem Staatsexamen abschließen, wichtige Elemente des Bologna-Prozesses nicht umgesetzt werden können. Oder der Staat gibt seine Rechte hinsichtlich der Gestaltung der Ausbildung im Rahmen der Daseinsvorsorge auf. Oder die Universitäten können ihre Lehrangebote im Sinne der Bologna-Erklärung selbst gestalten und der Staat vergewissert sich lediglich nach Abschluss der universitären und praktischen Ausbildung durch eine Staatsprüfung, dass der Bewerber die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation erfüllt. Derzeit wird noch diskutiert, in welche Richtung der Staat tendieren soll.
... und den EG-Richtlinien?
Unabhängig davon existieren die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften (85/432/EWG und 85/433/EWG), nach denen die gegenseitige Anerkennung pharmazeutischer Diplome erfolgt,
- sofern damit eine mindestens fünfjährige Ausbildung bestätigt wird,
- von der mindestens vier Jahre auf ein Studium an einer Universität oder an einer vergleichbaren Einrichtung entfallen müssen und die
- ein mindestens sechsmonatiges Praktikum in einer öffentlichen oder Krankenhausapotheke umfasst.
Sollte die universitäre Ausbildung für Apotheker auf das Bachelor-Master-System umgestellt werden, müssen diese Anforderungen beachtet werden, andernfalls werden die deutschen Apotheker innerhalb der EU benachteiligt, was rechtlich nicht haltbar sein dürfte.
Der Bologna-Prozess – Umsetzung in der pharmazeutischen Ausbildung
§ 19 des Hochschulrahmengesetzes besagt, dass Studiengänge, die zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss (Bachelor) führen, eine Regelstudienzeit von drei bis vier Jahren, darauf aufbauende (konsekutive) Masterstudiengänge eine Regelstudienzeit von ein bis zwei Jahren haben. Die Regelstudienzeit von insgesamt fünf Jahren darf dabei nicht überschritten werden. Daraus lassen sich zwei Studienstrukturen ableiten:
- Model 3 + X: Ein dreijähriges Grundstudium mit dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss als Bachelor of Science (B. Sc.) und darauf aufbauend ein ein- oder zweijähriges Studium mit dem Abschluss als Master of Science (M. Sc.).
- Modell 4 + 1: Ein vierjähriges Grundstudium mit dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss als Bachelor of Science und darauf aufbauend ein einjähriges Studium mit dem Abschluss als Master of Science.
Beim Modell 3 + X ist der Bachelor prinzipiell nicht als Durchgangsstation zu den Masterstudiengängen anzusehen, da er einen berufsqualifizierenden Abschluss aufweist. Für die Pharmazie bedeutet dies aber: Selbst wenn die Absolventen eines dreijährigen Bachelorstudiums in der Pharmazie noch ein mindestens sechsmonatiges Praktikum in einer öffentlichen oder Krankenhausapotheke ableisten würden, könnten sie nicht das Apothekerdiplom erhalten, da nach der EU-Richtlinie (85/432/EWG) über die gegenseitige Anerkennung pharmazeutischer Diplome eine mindestens fünfjährige Ausbildung, davon mindestens vier Jahre an einer Universität, erforderlich ist.
Für einen Absolventen mit einem derartigen Abschluss müsste folglich ein neuer pharmazeutischer Beruf mit entsprechender Rechtsgrundlage geschaffen werden. Doch hier stellt sich die Frage, welchen Status dieser Beruf haben sollte: Arbeiten unter Aufsicht wie eine PTA oder arbeiten unter Verantwortung wie ein Apothekerassistent oder Pharmazieingenieur mit entsprechender Vertretungsbefugnis?
Es stellt sich auch die Frage, ob die Industrie Interesse an einem solchen Absolventen mit einer Bachelor-Aussbildung im Bereich der Pharmazie hat. Anzumerken ist, dass die Industrie bereits Laboranten hat, die die Ausbildungsberufe zum Chemikanten oder Pharmakanten absolviert haben, außerdem gibt es für den Bereich der Verfahrenstechnik den Studiengang zum Pharmazieingenieur an der Fachhochschule.
Im Anschluss an die dreijährige Ausbildung mit dem Abschluss zum Bachelor of Science können die Universitäten konsekutive ein-, eineinhalb- oder zweijährige Studiengänge mit einem weiteren qualifizierenden Abschluss zum Master of Science anbieten. Mit einem einjährigen Masterstudiengang, der auf eine Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke und Krankenhausapotheke ausgerichtet ist, und in dem das 3 + X-Modell mit eine Voraussetzung für die Erteilung der Approbation wäre, könnten die Mindestanforderungen, die durch die Richtlinie 85/432/EWG an die universitäre Ausbildung gestellt werden, erfüllt werden.
Ungeachtet dessen müsste noch ein mindestens halbjähriges Praktikum absolviert werden. Doch dieses Modell, das Voraussetzung für die Erteilung der Approbation wäre, bedeutet eine Verlängerung der universitären Ausbildungsdauer, was politisch wohl nicht durchsetzbar sein dürfte.
In der Diskussion ist außerdem das Modell 4 + 1 (konsekutiv). Dies bedeutet, dass mit einem grundständigen vierjährigen Studium der Pharmazie die Anforderung an die universitäre Ausbildung gemäß der EU-Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der pharmazeutischen Diplome erfüllt wäre. Solchermaßen qualifizierte Apotheker hätten dann den Abschluss als Bachelor of Science, d.h., einen Abschluss, der dem Diplomabschluss der Fachhochschule entspricht.
Der genannten EU-Richtlinie würde dies nicht widersprechen, da sie eine mindestens vierjährige Ausbildung an einer Universität oder an einem Institut mit anerkanntem Hochschulniveau erfordert. Darüber hinaus könnten die Universitäten Masterstudiengänge anbieten, beispielsweise mit den Schwerpunkten "Klinische Pharmazie" oder "Arzneimittelentwicklung" – dies wären dann freiwillige Qualifikationsmöglichkeiten.
Prinzipiell denkbar und nicht im Widerspruch zu den genannten EU-Richtlinien wäre die Schaffung eines Masterstudiengangs, der Voraussetzung für die Leitung einer Apotheke ist. Absolventen mit einem vierjährigen Bachelorabschluss wären in diesem Fall nur berechtigt, als angestellte Apotheker in Apotheken zu arbeiten.
Die Hochschulrektorenkonferenz hat sich außerdem dafür ausgesprochen, dass die Hochschulen in begründeten Einzelfällen ein grundständiges Studienangebot mit einer Regelstudienzeit von vier bis fünf Jahren Dauer beibehalten können. (Modell 4 + 1 nicht konsekutiv). Hier müsse geprüft werden, ob eine solche Ausnahmeregelung für die Pharmazie sinnvoll oder erforderlich wäre.
München prescht vor
Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München führt zum Wintersemester 2004/05 im neuen Fach "Pharmaceutical Sciences" den ersten berufsqualifizierenden Abschluss des "Bachelor of Pharmaceutical Sciences" ein. Der Bachelorstudiengang umfasst an der LMU sechs Fachsemester, die ersten vier Semester sind ein Basisstudium, in dem vor allem naturwissenschaftliche Grundlagen vermittelt werden, ein zweisemestriges Vertiefungsstudium schließt sich an. Kernfächer sind Allgemeine und Medizinische Chemie sowie Biologie und Biochemie, Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie sowie Pharmakologie. Als Zusatzfächer stehen Physik, Physikalische Chemie und Mathematik auf dem Programm. Mit der Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit in einem der Kernfächer und dem Ablegen einer mündlichen Prüfung wird das Bachelorstudium nach sechs Semestern beendet.
Interessenten können erstmals zum Oktober 2004 das Studium der Pharmaceutical Sciences aufnehmen, das allerdings nicht zur Approbation als Apotheker führt. Absolventen können also nach Abschluss des Studiums nicht in einer Apotheke arbeiten. Die Studierenden werden im Rahmen eines Eignungsfeststellungsverfahrens ausgewählt.
Europa soll einen einheitlichen Hochschulraum bekommen. Die Bildungsminister von 29 Regierungen, unter ihnen alle EU-Mitgliedstaaten, haben am 19. Juni 1999 eine gemeinsame Erklärung über einen europäischen Hochschulraum unterzeichnet. Mittlerweile beteiligen sich über 40 Staaten an diesem als "Bologna-Prozess" genannten Vorhaben. Was genau versteht man unter dem Bologna-Prozess, welche Auswirkungen hat er auf die Ausbildung des Apothekers? Nachfolgend einige Fakten und Überlegungen zur möglichen Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland und in der Pharmazie.
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