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Galenik
F. GaedckeThymianfluidextrakt DAB – Besonderhe
Vom DAB 6 zum DAB 2003
Eine Arzneibuch-Monographie zu Thymianfluidextrakt existiert seit dem DAB 6 (1926) und findet sich heute im aktuellen DAB 2003. Seine Herstellungsweise wurde in diesem Zeitraum mannigfach geändert (Tab. 1). Die Problematik liegt darin, dass der Fluidextrakt einerseits hohe Gehalte an ätherischem Öl bzw. an Phenolen aufweisen soll, andererseits aber für die Apothekenpraxis in Wasser und in Zuckersirup, z. B. für Hustentropfen und -säfte, klar mischbar sein soll. Beide Anforderungen stehen naturgemäß im Widerspruch zueinander, sodass das gewählte Herstellungsverfahren jeweils nur einen Kompromiss dieser Vorgaben darstellen kann.
Nach der Vorlage "eines Entwurfes für eine Monographie zu Thymianfluidextrakt für das DAB 7" [3] haben verschiedene Autoren Vorschläge publiziert, wie dieser Fluidextrakt unter Berücksichtigung der aufgeführten Aspekte optimal hergestellt werden kann [4, 5]. Aufgrund dieser und anderer Vorschläge wurde die Arzneibuch-Monographie mehrfach überarbeitet (vgl. Tab. 1).
Geändert wurden u. a. folgende Parameter:
- die Schnittgröße der Droge,
- das Verhältnis von Droge zu Extraktionsmittel,
- das Verhältnis von Droge zu Extrakt (DEV),
- die Art des Anfeuchtens der Droge,
- die Quellungszeit,
- das Extraktionsverfahren,
- die Einengung im Vakuum,
- die Standzeit,
- der Ethanolgehalt.
Es zeigte sich z. B., dass die im DAB 6 vorgeschriebene Reperkolation für einen Fluidextrakt mit DEV 1 : 1 sehr zeitaufwändig und in der Apothekenpraxis kaum durchführbar war. Die folgende Vorschrift des DAB 7 basierte dann auf einem bereits optimierten Herstellungsvorschlag [4, 5]. Dieser gab nun eine Perkolation vor, bei der aus 1 Teil Droge höchstens 2 Teile Fluidextrakt gewonnen wurden. Die Ausbeute an ätherischem Öl konnte gegenüber dem DAB 6 von 20,9% auf ca. 30% verbessert werden [4, 6].
Im DAB 8 wurde dann die Mazeration gemäß der Vorschrift "Tinktur" vorgeschrieben. Diese stellt bekanntlich keine erschöpfende Extraktion dar, sodass die geforderten Gehalte wiederum nicht erreicht werden konnten. Im industriellen Maßstab musste deshalb in der Regel reperkoliert werden, um den geforderten Gehalt zu erreichen. Die Qualitätskontrolle wurde auf die Bestimmung der Phenole (photometrisch) umgestellt.
Das DAB 9 machte das Verhältnis von Droge zu Extraktionsmittel variabel (1 : 2 – 3 statt 1 : 2,5) und erhöhte den Ethanolgehalt; dies brachte aber wegen der Beibehaltung der Mazeration keinen Vorteil hinsichtlich des Ätherisch-Öl- bzw. Phenolgehaltes (Tab. 1).
Erstmals das DAB 2003 trägt nun allen diesen Problemen Rechnung, nimmt von der Mazeration Abstand und stellt es den Herstellbetrieben frei, die Extraktion so durchzuführen, dass der Auszug die Qualitätsvorgaben des Arzneibuches erfüllt. Damit berücksichtigt das Arzneibuch (endlich) die Erfahrungen der Praxis und zugleich die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die von vielen namhaften Pharmazeuten und Technologen seit dem DAB 7 erarbeitet worden sind.
Abweichung von der Monographie Fluidextrakte
Das Europäische Arzneibuch (Ph. Eur. 4. Ausgabe, 3. Nachtrag, 2003) enthält eine allgemeine Monographie Fluidextrakte (s. Kasten). Demnach beträgt das Verhältnis der Zubereitung zur Droge "im Allgemeinen" 1 zu 1 und die Zubereitungen dürfen ausschließlich unter Verwendung von Ethanol geeigneter Konzentration oder von Wasser hergestellt werden. Dieser allgemeinen Vorschrift widerspricht die Monographie Thymianfluidextrakt (DAB 2003) in zweifacher Hinsicht:
- Das Verhältnis von Droge zu Extraktionsmittel beträgt 1 zu 2 bis 3. Daraus lässt sich nicht das von der allgemeinen Monographie geforderte Droge-Extrakt-Verhältnis von 1 zu 1 ableiten. Vielmehr beträgt das DEV der Zubereitung 1 zu 2 bis 1 zu 2,5. Es handelt sich somit eher um eine Tinktur, wenn man neben der Definition des Europäischen Arzneibuches (s. Kasten) frühere Interpretationen des Begriffs gelten lässt. Demnach werden Tinkturen hergestellt, indem 1 Teil Droge mit mehr als 2, aber höchstens 10 Teilen Extraktionsmittel ausgezogen wird [7, 8].
- Das Extraktionsmittel enthält neben Ethanol und Wasser auch 10% Glycerol und 0,5% Ammoniak-Lösung. Bei der geringen Ethanolkonzentration (< 40%) sind Glycerol und Ammoniak notwendig, um das ätherische Öl bzw. das Thymol zu lösen. Andernfalls ist kein homogener Fluidextrakt zu erhalten, sondern es findet ein "Aufrahmen" statt, das heißt, dass sich das ätherische Öl teilweise von dem Extrakt trennt. Um dies zu verhindern, waren z. B. im DAB 8 "bestimmte Zusätze" zum Extraktionsmittel erlaubt.
Qualität der Zubereitung entscheidet über Dosierung
Es ist bemerkenswert, dass sich die Qualität des Thymianfluidextraktes im Gegensatz zu den Herstellungsverfahren seit 1968 nicht geändert hat. Seit jener Zeit wird ein Mindestgehalt von 0,18% ätherischem Öl bzw. 0,03% Phenolen gefordert (Tab. 1). Für die Dosierung ist allein die Qualität der Zubereitung maßgeblich und nicht das DEV. Auch die Kommission E hat diese Ansicht vertreten und in ihrer Thymian-Monographie sowohl für die Droge (1984) als auch nachträglich für den Fluidextrakt mit einem DEV 1 : 2 – 2,5 (1990) eine identische Dosierung von jeweils 1 bis 2 g mehrmals täglich (bzw. ein- bis dreimal täglich) empfohlen [2].
Auch bei anderen Fluidextrakten und Tinkturen sollten die Dosierungen nicht über das Droge-Extrakt-Verhältnis von der jeweiligen Drogenmenge abgeleitet werden dürfen. Beispielhaft werden in Tabelle 2 die in den Monographien der Kommission E empfohlenen Tagesdosen einiger Zubereitungen angegeben und den Tagesdosen, die sich aus der theoretischen Berechnung aufgrund des jeweiligen DEV ergeben, gegenübergestellt. Die Diskrepanzen sind bei einigen Zubereitungen noch viel gravierender als bei Thymianfluidextrakt. Dies zeigt, dass die Ableitung der Dosierung aus dem DEV nicht sachgerecht ist.
Tinkturen – Tincturae
Definition Tinkturen sind flüssige Zubereitungen, die üblicherweise aus 1 Teil pflanzlicher Droge oder tierischem Material und 10 Teilen Extraktionsflüssigkeit oder aus 1 Teil pflanzlicher Droge oder tierischem Material und 5 Teilen Extraktionsflüssigkeit hergestellt werden. Ph. Eur. 4. Ausgabe, 3. Nachtrag (2003)
Fluidextrakte – Extracta fluida
Definition Fluidextrakte sind flüssige Zubereitungen, von denen im Allgemeinen ein Masse- oder Volumteil einem Masseteil der getrockneten pflanzlichen Droge oder des getrockneten tierischen Materials entspricht. Diese Zubereitungen werden, falls erforderlich, so eingestellt, dass sie den Anforderungen bezüglich Lösungsmittelgehalt und, falls zutreffend, Gehalt an Inhaltsstoffen entsprechen. Herstellung Fluidextrakte werden durch Extraktion der pflanzlichen Droge oder des tierischen Materials unter Verwendung von Ethanol geeigneter Konzentration oder von Wasser hergestellt. Ph. Eur. 4. Ausgabe, 3. Nachtrag (2003)
Die Autorin
Dr. Frauke Gaedcke studierte von 1972 bis 1975 Pharmazie an der Universität Bonn. 1976 Approbation als Apothekerin, 1978 Promotion bei Prof. Dr. F. Zymalkowski am Institut für Pharmazeutische Chemie in Bonn. Ab 1980 Leiterin der Abteilung Qualitätskontrolle der Firma Finzelberg, Andernach. Seit 1991 Leiterin der Abteilung Wissenschaft (Produktentwicklung, Neu- und Nachzulassung) und seit 1994 gleichzeitig Geschäftsführerin der Firma PhytoCon, Beratung für die Entwicklung, Herstellung und Zulassung pflanzlicher Extrakte und Arzneimittel. Seit 1999 Mitglied der Geschäftsleitung, Firma Finzelberg, Andernach.
Anschrift: Dr. Frauke Gaedcke, Finzelberg GmbH & Co. KG, Koblenzer Str. 48 – 56, 56626 Andernach
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