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- DAZ 34/2004
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Rechtsprechung aktuell
Heilmittelwerberecht: Blutzuckermessgeräte sind keine zulässige Zugabe zu Test
In dem Fall, der dem LG Konstanz zur Entscheidung vorlag, klagte ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gegen die Inhaberin eines Einzelhandelsgeschäfts, in dem auch Diabetikerbedarf verkauft wird. Mit einem Rundschreiben hatte die Beklagte zu ihrer Eröffnungsfeier eingeladen. In diesem Brief hieß es unter "P. S.": "Gefeiert wird mit einem kostenlosen Gesundheits-Check, leckeren Kostproben und tollen Eröffnungsangeboten (...). Ein passendes Blutzuckertest-System erhalten Sie ohne Berechnung bei gleichzeitiger Bestellung (Rezeptabgabe) ab fünf Packungen Teststreifen ...". Diese Ankündigung hielt der Kläger für wettbewerbswidrig und klagte daher auf Unterlassung.
HWG gilt auch für Medizinprodukte
Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes dazu, derartige Werbepraktiken künftig zu unterlassen. Zudem musste die Beklagte für die Abmahnkosten des Klägers aufkommen. Die Richter werteten das Verhalten der Beklagten als einen Verstoß gegen § 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) in Verbindung mit § 7 HWG. Nach § 1 UWG kann derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen. Sittenwidrig in diesem Sinne sind unter anderem Verstöße gegen die wertbezogenen Normen des HWG. Das HWG findet auf den Streitfall Anwendung, das es sich bei den Blutzuckermessgeräten um Medizinprodukte handelt, für die das HWG einschlägig ist.
Zugabeverbot des HWG
Konkret sahen die Richter das Zuwendungsverbot (§ 7 HWG) verletzt. Danach ist es unzulässig Zuwendungen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, es sei denn, dass es sich um geringwertige Kleinigkeiten handelt. Auch wenn die Zuwendung lediglich handelsübliches Zubehör zur Ware ist, liegt eine Verletzung der Norm nicht vor. Bei Blutzuckermessgeräten handele es sich weder um eine geringwertige Kleinigkeit, noch um handelsübliches Zubehör, so die Richter. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte vorgetragen hat, Ärzte und Apotheken würden die Geräte ebenfalls kostenlos abgeben.
Messgeräte sind keine geringwertige Kleinigkeit ...
Bei der Beurteilung, ob es sich um eine "geringwertige Kleinigkeit" im Sinne des § 7 HWG handelt, kommt es nicht auf die Beschaffungskosten des Verkäufers an, sondern darauf, wie wertvoll sich der Gegenstand für den Verbraucher darstellt. Zweck der Regelung ist es, zu verhindern, dass der Kunde von der Beurteilung der Ware nach Güte und Preiswürdigkeit abgelenkt und unsachlich beeinflusst wird. Im Jahre 2001, d. h. zu Zeiten, da noch die Zugabeverordnung in Kraft war, wurde die Wertgrenze, ab der etwas für den Verbraucher einen "objektiven Verkehrswert" hat, bei etwa 80 Pfennig angenommen (Anmerkung der Redaktion: Trotz Wegfalls der Zugabeverordnung sind die Zugabe-Vorschriften des HWG weiterhin in Kraft. Die maßgebliche Regelung aus der Zugabeverordnung wurde ins HWG übernommen).
Ein Blutzuckermessgerät hat einzeln gekauft jedoch einen Preis zwischen 15 und 50 Euro. Dies, so die Richter, sei für Verbraucher leicht durch einen Gang in die Apotheke oder einen Blick ins Internet festzustellen. Durch den Besitz eines bestimmten Testgeräts soll der Kunde dazu bewegt werden, Teststreifen des selben Herstellers zu erwerben – dies stritt auch die Beklagte nicht ab. Doch gerade dies sei eine unsachliche Beeinflussung, wie sie § 7 HWG verhindern soll.
Der Hinweis der Beklagten, dass möglicherweise auch andere gegen diese Vorschrift verstoßen, mache den Verstoß nicht weniger unerlaubt, führte das LG weiter aus. Die gesundheitspolitische Zielsetzung des HWG würde unterlaufen, wenn ein unerlaubtes Verhalten dadurch zum erlaubten wird, dass es allgemein üblich ist, so die Richter.
... und kein handelsübliches Zubehör
Auch ein "handelsübliches Zubehör" vermochte das Gericht in den Messgeräten nicht zu erkennen: Zubehör im Sinne der einschlägigen Vorschrift ist eine bewegliche Sache, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dienen soll und mit dieser in einem entsprechenden räumlichen Verhältnis steht. Es mangele bereits an dem vorausgesetzten räumlichen Verhältnis, so die Richter. Denn Testreifen und Messgerät könnten unabhängig voneinander gekauft werden. Zudem sei es nach Verkehrsanschauung nicht ersichtlich, dass es sich bei den Teststreifen um eine Hauptsache und bei dem Messgerät um eine Nebensache handle.
Ein Einzelhandelsgeschäft für Diabetikerbedarf darf nicht damit werben, dass Kunden, die ein Rezept über mindestens fünf Packungen Teststreifen einlösen, ein Blutzucker-Testsystem kostenlos dazu erhalten. Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Konstanz verstößt eine solche Ankündigung gegen das allgemeine Wettbewerbsrecht, weil es sich um eine nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) unzulässige Zuwendung handelt.
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