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Arzneimittel und Therapie
Akupunkturstudie: Nadeln wirksamer als Standardtherapie
Die Akupunktur hat zur Schmerzlinderung bei chronischem Schmerz, Rückenschmerzen und verschleißbedingten Gelenkserkrankungen bereits seit langem eine breite Anwendung gefunden. Bisher gab es aber keine qualitativ hochwertigen Studien, die die Wirksamkeit der Akupunktur belegten. Deshalb hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Akupunkturbehandlung bisher nicht generell in den Regelleistungskatalog aufgenommen.
Vergleich von Schulmedizin und Akupuktur
Sechs Krankenkassen haben nun bei der Initiative Deutsche Akupunktur-Studien kooperiert. Die Ruhr-Universität Bochum hat die Forschungen koordiniert, sechs Universitätskliniken waren beteiligt. Die Studien wurden nach international anerkannten Standards mit hoher methodischer und wissenschaftlicher Qualität durchgeführt. Das bedeutet u. a. randomisiert, doppelblind, teilstandardisiert, große Fallzahlen, ausreichende Dauer, Zuwendungsgleichheit, unabhängige und neutrale Durchführung der Studie (Telefoninterviews, Randomisierungszentrale), good-clinical-practice konforme Überwachung aller beteiligten Arztpraxen. Im Rahmen aller gerac-Studien wenden ca. 12.000 Ärzte Akupunktur an – pro Woche etwa 100.000 Akupunkturen.
Ziel war es, die langfristige, therapeutische Wirksamkeit einer
- traditionell chinesischen Akupunktur (TCM-Akupunktur)
- einer leitlinienbasierten konservativen Standardtherapie und einer
- neuen, für gerac entwickelten Akupunktur (Sham) bei chronischen Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS-Syndrom) und Kniegelenksverschleiß (Gonarthrose) zu überprüfen.
An der Studie zum chronischen Kreuzschmerz beteiligten sich insgesamt 1162 (Verum: 387, Sham: 387, Standard: 388), an der zum chronischen Knieschmerz 1039 (Verum: 330, Sham: 367, Standard: 342) Patientinnen und Patienten. Sie wurden mit einer Akupunktur nach den Regeln der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), einer Sham-Akupunktur ("Schein-Akupunktur") oder einer konventionellen, leitlinienorientierten Standardschmerztherapie ohne Akupunktur behandelt. Jeder Patient erhielt zehn bis fünfzehn Akupunkturanwendungen innerhalb von sechs bis zwölf Wochen, es schloss sich eine behandlungsfreie Zeit an. Die Studien dauerten insgesamt sechs Monate.
Neue gerac-Akupunktur entwickelt
Zum Vergleich mit der TCM-Akupunktur wurde speziell für die gerac Studie eine neue Akupunktur entwickelt, für die Punkte definiert wurden, die in den gleichen Körperregionen liegen, jedoch nicht mit chinesischen Meridian-Akupunkturpunkten identisch sind. Nach der chinesischen Medizin wie auch nach der wissenschaftlichen Literatur wurde angenommen, dass diese neue gerac-Akupunktur (Sham) weniger wirksam als die TCM-Akupunktur sei.
Für einen Patienten ohne Akupunkturerfahrung war die gerac-Akupunktur nicht von einer TCM-Akupunktur unterscheidbar. So stachen die teilnehmenden Ärzte die gleiche Anzahl Nadeln wie in der TCM-Akupunktur, auch die Zuwendung und die Kommunikation war in beiden Gruppen gleich. Falls notwendig, waren Schmerzmittel bis zu einem vorher definierten Höchstmaß erlaubt.
Akupunktur wirksamer als Standardtherapie
Für die Kreuzschmerz-Teilstudie liegen die kompletten Ergebnisse vor. Es zeigte sich, dass die Akupunktur wirksamer (47,6% TCM vs. 44,2% Sham, Unterschied statistisch nicht gesichert) war als eine Standardtherapie (27,4%). Der Effekt der Akupunktur war über sechs Monate nachweisbar und führte zu einem geringeren Verbrauch an Medikamenten und weiteren Therapieformen im Nachuntersuchungszeitraum als unter Standardtherapie.
Die Studie zum chronischen Knieschmerz lieferte Teilergebnisse nach drei Monaten. Die Ergebnisse waren ähnlich – Abnahme der Schmerzen und Verbesserung der Kniegelenkfunktion. Auch hier war die Erfolgsrate bei Akupunktur (TCM 51% vs. Sham 48%, Unterschied nicht signifikant) deutlicher höher als bei der konventionellen Standardtherapie (28%). Der Medikamentenverbrauch war ebenfalls geringer als in der Standardtherapie.
Auswahl der Akupunkturpunkte ohne Bedeutung
Neben dem Nachweis der Wirksamkeit der Akupunktur ist es besonders interessant, dass es keinen nennenswerten Unterschied zwischen der TCM- und der Sham-Akupunktur gibt. Die Auswahl der Akupunkturpunkte und der Technik scheinen also keinen wesentlichen Einfluss zu haben. Herauszubekommen, woran das liegt, erfordert noch weitere Untersuchungen. Ursächliche Erklärungen für die Wirkung von Akupunktur waren nicht das Ziel dieser Studien. Für die Behandlung von Kopfschmerzen werden die Ergebnisse im Frühjahr 2005 vorliegen. Die Ergebnisse sollen nun dazu beitragen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss 2005 fundiert über die Aufnahme der Akupunktur bei bestimmten chronischen Schmerzzuständen in den Leistungskatalog der Kassen entscheiden kann.
Dr. Sabine Wenzel, Berlin
Quelle
Pressekonferenz „Gerac – Die ersten Ergebnisse zu den Indikationen chronischer
Kreuzschmerz und chronischer Knieschmerz“, Berlin, 21. Oktober 2004, veranstaltet von der „Initiative Deutsche Akupunkturstudien“.
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