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Die Seite 3
Appetit auf Ernährungsberatung
Die Wahl des amerikanischen Präsidenten ist das Thema, das derzeit weltweit das größte Interesse auf sich zieht. Zu Redaktionsschluss war leider noch nicht bekannt, welcher der beiden Kandidaten das Rennen gemacht hat. Wenn Sie diese DAZ in Händen halten, ist die Entscheidung jedoch gefallen. Bush oder Kerry, Kerry oder Bush – die Aufgaben, vor denen der (alte?) neue Präsident der Vereinigten Staaten steht, bleiben dieselben, auch wenn die Gewichtung und Herangehensweise unterschiedlich sein dürfte.
Eine immer gewichtiger werdende Aufgabe in den USA ist auf jeden Fall die erschreckende Zunahme extrem übergewichtiger Menschen. In den letzten 20 Jahren ist der Anteil der fettleibigen Amerikaner von 14 auf 31 Prozent gestiegen – also um mehr als das Doppelte. Übergewicht verursacht in den USA jährliche Kosten von über 100 Milliarden Dollar, das sind etwa sechs Prozent der gesamten Gesundheitskosten und macht damit eine ähnliche Größenordnung aus wie die durch das Rauchen verursachten Kosten. Mit 300.000 Toten pro Jahr gilt Übergewicht in den USA als die siebthäufigste Todesursache – Tendenz steigend. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält Fettleibigkeit in den reichen Industrieländern bereits für einen der fünf größten Killer und Krankheitsfaktoren.
Darüber, wie ernst der neu gewählte Präsident der Vereinigten Staaten dieses Problem nimmt und wo es auf seiner Prioritätenliste stehen wird, kann man nur spekulieren. In Deutschland ist man sich der Gefahr "Übergewicht" jedenfalls immer stärker bewusst und versucht Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Das ist auch dringend notwendig, denn auch wenn Übergewicht und Adipositas hierzulande noch nicht ganz amerikanisches Niveau erreicht haben – viel fehlt dazu nicht mehr. 49% der Erwachsenen in Deutschland hatten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2003 Übergewicht, fast jeder fünfte Bundesbürger ist mittlerweile adipös – und nicht zuletzt sind auch Kinder in zunehmendem Maß von dem Problem betroffen. Übergewicht ist die häufigste ernährungsmitbedingte Gesundheitsstörung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Dies stellte die CDU/CSU-Fraktion in einer Kleinen Anfrage unlängst fest. Jedes fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche ist demnach übergewichtig.
Die Gründe für die Entwicklung liegen auf der Hand: Immer mehr Fast Food auf der einen Seite und immer weniger Bewegung auf der anderen. Und so einfach wie die Ursache wäre theoretisch auch die Lösung: Mehr Bewegung und eine abwechslungsreiche Mischkost mit viel Obst und Gemüse statt Pommes und Burger. Leider erweist sich diese Theorie als wenig praxistauglich. Falsche Essgewohnheiten lassen sich nur sehr schwer ablegen und der Weg vom Couchpotatoe zum Sportler ist weit. Hier braucht es schon viel Überzeugungsarbeit und konsequente Aufklärung.
Im Juni dieses Jahres hat Verbraucherschutzministerin Renate Künast ihre "Initiative für eine neue Ernährungsbewegung in Deutschland" dem Bundeskabinett vorgestellt. Erste erfolgreiche Maßnahmen, wie Beratungsprogramme für Kindergärten und Schulen und die Entwicklung von Unterrichtseinheiten zu gesunder Ernährung, habe das Bundesverbraucherministerium bereits in die Wege geleitet, sagte sie in diesem Zusammenhang und weiter: "Jetzt geht es darum, die vielfältigen Aktivitäten von wissenschaftlichen Einrichtungen, Ärzten, Vereinen und Verbänden sowie der Bundesländer so zu vernetzen, dass man tatsächlich von einer gesellschaftlichen Bewegung zur Bekämpfung des Übergewicht sprechen kann."
Wie so oft fehlen in diesem Satz die Apotheker. Nichts desto trotz ist Ernährungsberatung auch in der Apotheke natürlich ein Thema – eines, das auch hier immer mehr an Bedeutung gewinnt, was sich nicht zuletzt in dem zunehmenden Nebensortiment an Nahrungsergänzungsmitteln und bilanzierten Diäten widerspiegelt.
Ernährungsberatung ist mit Sicherheit eine Chance zur Profilierung und zur Erschließung neuer Märkte. Allerdings steht man in der Praxis häufig einer Vielzahl unterschiedlicher und teilweise widersprüchlicher Empfehlungen gegenüber und immer wieder tun sich neue Ernährungstrends auf, zuletzt z. B. die "Low Carb"-Welle. Welche Aussagen sind wissenschaftlich fundiert und welche nicht? Und wie setzt man sein Wissen in laienverständliche Ernährungsempfehlungen um? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie in unserer Serie "Qualifizierte Ernährungsberatung in der Apotheke", die in dieser Ausgabe auf S. 43 startet. Die Autoren geben darin einen Überblick über ausgewählte Ernährungsthemen, die für die Apothekenpraxis von Bedeutung sind. Wir hoffen, Ihnen damit "Appetit" auf Ernährungsberatung machen zu können.
Beatrice Rall
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