Arzneimittelsicherheit

Die Expertengruppe "Off-Label" – Was hat sie von 2002 bis jetzt geleistet?

Von Harald G. Schweim* | Ausgangspunkt der folgenden Betrachtung ist ein Urteil des Bundessozialgerichts vom März 2002, das "ein dringendes Bedürfnis nach einem zulassungsüberschreitenden Einsatz" von Arzneimitteln konstatierte. Der Einsatz von Arzneimitteln bei Patientengruppen und Indikationen, für die sie nicht zugelassen sind, wird in der Fachsprache als "Off-Label-Use" bezeichnet. Um in diesem Bereich, in dem Arzneimittelrecht und Sozialrecht einander widersprechen, eine medizinisch fundierte Rechtssicherheit zu schaffen, hat das Bundesgesundheitsministerium im September 2002 die Expertengruppe "Off-Label" gegründet. Für die Arbeit der Expertengruppe wurden damals "einige Monate" veranschlagt. Wir wollen klären, ob sich die an die Expertengruppe gestellten Erwartungen erfüllt haben.

 

Es begann mit einem Gerichtsurteil

Das Bundessozialgericht stellte in einem Urteil vom 19. März 2002 fest: "Es besteht ein dringendes Bedürfnis nach einem zulassungsüberschreitenden Einsatz [von Arzneimitteln], der zulässig ist, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, keine andere Therapie verfügbar ist und begründete Aussicht auf einen Therapieerfolg besteht" [2].

Regierung und Ärzte werden aktiv

Kurz darauf führte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Gespräche mit dem Bundesministerium für Gesundheit über das Problem des Off-Label-Use. Die Beteiligten wurden sich schnell einig, dass eine Expertengruppe das Problem lösen sollte. In einer Publikation der KBV vom Oktober 2002 werden die Aktivitäten rückblickend geschildert:

"In Gesprächen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 30. April 2002 wurde beschlossen, eine Expertengruppe einzuberufen, die Transparenz, Fachlichkeit und Anbindung an die Versorgung (Sozialversicherung) herstellen sollte. Mitte Mai 2002 bat das BMG die betroffenen Verbände, bis Mitte Juni Vorschläge für die Errichtung der Kommission einzureichen. Zeitziel für die Konstituierung sei 'möglichst bis Herbst 2002'. Der Auftrag der Expertengruppe sei 'die Abgabe von Feststellungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis für die Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des nach Arzneimittelgesetzes zugelassenen Anwendungsbereiches'.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist es jedoch 'Aufgabe des Arztes, auf dieser Grundlage seine Therapieentscheidung im Einzelfall zu treffen'. Bis er auf diese Entscheidungsgrundlage zurückgreifen kann, werden jedoch selbst bei einer Konstituierung der Kommission im Herbst noch einige Monate [!] ins Land ziehen. Seitens der Fachgesellschaften wurden der KBV bisher über 185 Präparate-Indikation-Kombinationen gemeldet, die durch Sichtung der Evidenzlage einzeln zu bewerten sind" [3].

Besonders aktiv waren die Onkologen. Im Sommer 2002 gründeten die Fachgesellschaften innerhalb der Deutschen Krebsgesellschaft eine "Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Off Label Use", die in wenigen Monaten das Erkenntnismaterial für den Off-Label-Use von Zytostatika aufbereitete. In einem Mitgliederrundschreiben vom Oktober 2002 hieß es dazu:

"Zwischenzeitlich wurde von Professor Keilholz und Mitarbeitern die Indikationsliste für Zytostatika erarbeitet und für die meisten und insbesondere wichtigsten Indikationen komplettiert. Damit ist die entscheidende Grundlage für die Diskussion im Entscheidungsgremium geschaffen worden. In dieser Liste sind den einzelnen Tumorentitäten und Stadien die Zytostatika zugeordnet worden, die unverzichtbar sind und für deren Einsatz es ein ausreichendes Evidenzlevel gibt. In diese Liste sind sämtliche, zur Verfügung stehenden Literaturstellen inkl. Abstractpräsentationen bei zentralen Kongressen sowie die aktuellsten Informationen seitens der pharmazeutischen Industrie eingegangen" [4].
 

"Ein Sozialsystem wie das deutsche Gesundheitssystem, das auf den Prinzipien der Solidarität, Eigenverantwortung und Subsidiarität beruht, ist von seiner Struktur her nicht geschützt gegen Missbrauch und Ausnutzung [...]. Der medizinische Sachverständige hat eine Schlüsselrolle im Gesundheitswesen dadurch, dass er als Meinungsbildner [...] die Selbstverwaltung (z. B. Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV), Gerichte (Rechtsstreite zur Erstattungsfähigkeit) und die Politik (Gesetzgebung) berät." 

Prof. Dr. med. Peter S. Schönhöfer, Gesundheitswissenschaftler [1]

Was Politiker den Patienten versprachen

Auch Patientengruppen drängten die Politiker, das Off-Label-Use zu lösen. So formulierte die Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfeorganisationen nach Krebs vor der letzten Bundestagswahl (22. September 2002) folgenden Wahlprüfstein: "Wie gedenkt Ihre Partei das sog. Off-Label-Use-Problem zu lösen?" [5]. Die Regierungsparteien äußerten sich dazu durchaus unterschiedlich:

  • Bündnis 90/Die Grünen: "Ein Prinzip der Solidargemeinschaft ist, dass nur Maßnahmen finanziert werden, deren Nutzen nachgewiesen ist. Hierfür hat die Politik zu sorgen. In die wissenschaftliche Diskussion, welche Behandlungen medizinisch sinnvoll sind und welche nicht, kann sich die Politik nicht einmischen. Dies ist Aufgabe der Selbstverwaltung, in welcher der medizinische Sachverstand versammelt ist. Die Politik kann nur die Rahmenbedingungen bieten, die es der Selbstverwaltung ermöglichen, kompetente Entscheidungen zu fällen."
  • SPD: "Die Berufung einer entsprechenden Expertenkommission, die sich mit dem Einsatz von Arzneimitteln außerhalb ihrer zugelassenen Indikation in der, Erwachsenenmedizin' befassen soll, steht unmittelbar bevor. Diese Kommission soll Empfehlungen für den Off-Label-Use von Medikamenten geben, bei denen wissenschaftlich belegte und gesicherte Erkenntnisse vorhanden sind, dass sie auch außerhalb ihres zugelassenen Indikationsbereiches therapeutisch wirksam sind."

Gründung der Expertengruppe

Eine Woche vor der Bundestagswahl 2002 richtete Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder im Auftrag der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt [6] mit Erlass vom 17. 9. 2002 eine "Expertengruppe Off-Label" [7] ein (Auszüge):

"Mit der Expertengruppe sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass für die Patientinnen und Patienten frühzeitig neue, innovative Arzneimitteltherapien entsprechend dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis in der GKV zur Verfügung stehen. Aufgabe der Expertengruppe, sollte es sein, festzustellen, in welchen Fällen für die Behandlung von schweren Krankheiten auch Arzneimittel eingesetzt werden können, die für diese Erkrankung noch keine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz haben. Die Arbeitsergebnisse der Expertengruppe werden veröffentlicht, die Aufbereitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse offen gelegt und eine breite Beteiligung der interessierten Fachkreise gewährleistet. Der Expertengruppe Off-Label gehören sieben Sachverständige als ständige Mitglieder an. Weiterhin beteiligt sind Vertreter/ Vertreterinnen der Patientenselbsthilfegruppen und der pharmazeutischen Industrie."

Zwei "Geburtsfehler" der Expertengruppe waren, dass für ihre im BfArM eingerichtete Geschäftsstelle keinerlei personelle oder materielle Ressourcen vorgesehen waren und dass ein knappes halbes Jahr zuvor (Erlass vom 16. 4. 2002) das "Expertengremium Arzneimittel für Kinder und Jugendliche" (AKJ) eingerichtet worden war [8]; da der Off-Label-Use – außer in der Onkologie – gerade in der Kinderheilkunde häufig vorkommt, konkurrierten beide Gremien teilweise miteinander.

Hauptproblem: Schutz vor drohenden Regressen

Bereits in der ersten Stellungnahme zum Beschluss des Bundesgesundheitsministeriums, eine Expertengruppe "Off-Label" einzuberufen, hatte die Deutsche Krebsgesellschaft angemahnt, dass die Expertengruppe ihren Auftrag kurzfristig erledigen müsse:

"Die arzneimittelrechtliche Zulassung kann zwar ein Indiz für den Erkenntnisstand sein, beschreibt diesen jedoch nicht abschließend. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Kinderonkologie, in dem 90% der medikamentösen Therapien ohne entsprechende Zulassung, aber gemäß wissenschaftlicher Erkenntnis verordnet werden. [...] Eine kurzfristige Lösung [...] wird im Versorgungssystem – nicht im Zulassungssystem – zu erarbeiten sein. Die Bildung einer Kommission, die kurzfristig [!] für die notwendige Transparenz und medizinische Bewertung des zulassungsüberschreitenden Einsatzes von Arzneimitteln Sorge tragen soll, wird von der Deutschen Krebsgesellschaft als Lösungsweg begrüßt. Gleichzeitig weist sie allerdings daraufhin, dass dieser Lösungsweg keinesfalls dazu missbraucht werden darf, das Problem in eine Kommission abzuschieben" [9].

Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg erwartete von einer differenzierten Bewertung des Off-Label-Use mehr Rechtssicherheit, was die Leistungserstattung und eventuelle Haftungsansprüche betrifft:

"Wir begrüßen es sehr, dass eine Kommission beim BMGS gebildet wurde, welche sich der gesamten Problematik annehmen soll. Denn nach § 29 bzw. § 15 der Bundesmantelverträge ist die Krankenkasse nicht berechtigt, eine Arzneimitteltherapie zu genehmigen. Häufig kommen jedoch Off-Label-Verordnungen z. B. in der Behandlung des Diabetes vor, bei denen sicherlich die fehlenden Behandlungsalternativen zu verneinen sind. In solchen Fällen sind Regressanträge der Krankenkassen möglich. Neben dem leistungsrechtlichen ist auch der haftungsrechtliche Aspekt zu beachten. Nach § 84 AMG ist die Haftung durch den Hersteller bei etwaigen gesundheitlichen Schäden auf den 'bestimmungsgemäßen Gebrauch' des Arzneimittels beschränkt, sodass diese Produkthaftung bei Anwendung außerhalb der Zulassung auf den verordnenden Arzt übergeht" [10].

In der Folge wurde das Risiko des Off-Label-Use für die Patienten und für den Arzt, auf das einige verantwortungsbewusste Ärzte, insbesondere Pädiater, schon seit Jahrzehnten aufmerksam gemacht hatten [11], weitgehend ignoriert. Das Problem schien nur noch darin zu bestehen, dass den Ärzten finanzielle Regresse durch die GKV drohten. Dies zeigte sich in zahleichen Stellungnahmen auf Fachtagungen und in der Fachliteratur. Hier einige Beispiele:

  • "Besonders aktuell wird das Thema durch die Praxis vieler Krankenkassen, für Arzneimittel nicht mehr aufzukommen, wenn diese in anderen Indikationen eingesetzt werden" [12].
  • "Der behandelnde Arzt begibt sich mit der Off-Label-Therapie in jedem Fall in eine rechtliche Grauzone, in der er auch unter Regressgefahr steht. Damit bleibt es dem einzelnen Arzt überlassen, das Medikament – oftmals ohne ausreichende pharmakologische Kenntnisse – in eigener Verantwortung und mit dem Risiko der Haftung außerhalb der Zulassung anzuwenden" [13].
  • "Die Behandlung von Krebspatienten gerät zunehmend in Gefahr. Der Grund ist die starre Haltung der Kassen bei der Übernahme von Kosten für Medikamente, die außerhalb der zugelassenen Indikation eingesetzt werden" [14].

Aus der Arbeit der Expertengruppe

Was hat die Expertengruppe "Off-Label" in fast zwei Jahren geleistet? Erstmals (und bisher einmalig) wurde im April 2004 (Stand: 12. 2. 04) ein Ergebnis publiziert: "Folgende Aufbereitungen liegen bislang vor: ,Irinotecan beim kleinzelligen Bronchialkarzinom', Kommentierungsfrist: bis zum 7. Mai 2004 durch interessierte Fachkreise" [15]. Diese Frist ist lange abgelaufen; eine Publikation der Auswertung der Kommentare oder gar ein Ergebnis liegt nicht vor [16]. Nur ein Produkt, nur eine Indikation, und dennoch bis heute kein Abschluss der Beurteilung! Vermutlich hatten die Fachkreise von der Expertengruppe mehr und Schnelleres erwartet.

Was ist eigentlich mit den oben erwähnten 185 Präparate-Indikation-Kombinationen, die die Fachgesellschaften schon 2002 der KBV gemeldet hatten? Oder mit der Zytostatikaliste der "Interdisziplinären Arbeitsgruppe Off Label Use" der Deutschen Krebsgesellschaft?

 

Warum Irinotecan? 

Warum hat die Expertengruppe "Off-Label" Irinotecan als erste Substanz bearbeitet, wenn auch bisher ohne Abschluss? Liegt hier ein Notstand vor, der ein Zuwarten bis zur Zulassung nicht erlaubt? Irinotecan (Campto®) ist derzeit zur Behandlung des fortgeschrittenen Kolorektalkarzinoms zugelassen [17]. Der Hersteller Aventis lässt eine europäische [18] und eine internationale [19] Phase-III-Studie mit dem Präparat durchführen, um eine Zulassung in der bisherigen Off-Label-Indikation "kleinzelliges Bronchialkarzinom" zu erreichen. Ärztlicher Prüfungsleiter der europäischen Studie soll Priv.-Doz. Dr. M. Thomas, Münster, sein [20]. Er war Mitglied der Arbeitsgruppe "Bronchial-Ca" der Expertengruppe "Off-Label", die Irinotecan zu beurteilen hatte.

Das GMG löst das Problem auch nicht

Inzwischen ist das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) in Kraft getreten, das u. a. den § 35b "Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln" in das SGB V eingefügt hat [21]. Demnach werden die Nutzenbewertungen von Arzneimitteln, die das neu gegründete Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen vorgenommen hat, dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlungen zur Beschlussfassung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 (Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln u. a. [22]) zugeleitet.

Da es sich nur um Empfehlungen handelt, ist also auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nicht berechtigt, allgemeinverbindlich über die GKV-Erstattung bestimmter Fälle von Off-Label-Use zu entscheiden; dies bleibt gemäß § 135 (1) SGB V [23] dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorbehalten:

"Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten [...] Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 [therapeutischer Nutzen der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit – auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden – nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung] entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, dass diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht [...] zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden."

Medizinische Risiken des Off-Label-Use

Wie können wir von pharmazeutischen Unternehmern für die Arzneimittelzulassung aufwendige und teure klinische Studien fordern und gleichzeitig Arzneimitteltherapien akzeptieren, die sich diesen Kriterien nicht stellen? Dies stellt eine Aushöhlung des durch das AMG implementierten Systems der Arzneimittelsicherheit dar und kann im Extremfall an den Menschenversuch grenzen [24]. Verminderte Forschungsanstrengungen der Arzneimittelindustrie könnten die Folge sein, da der Off-Label-Use ja auch so – und mit geringerem Aufwand für den pharmazeutischen Unternehmer – Umsatz und Gewinne bringt. In Zeiten des gesetzlich bedingten Drucks auf die Preise klingt das verlockend. Doch wenn sich ein "Peer-gestütztes" Therapieverhalten verbreitet, das sich bei gründlicher Nachprüfung als unwirksam oder sogar schädlich erweist, ist der Patient der Leidtragende.

Als Beispiel für einen solchen, sachlich nicht begründeten Off-Label-Use kann die früher weit verbreitete pädiatrische Asthmatherapie mit Cromoglicinsäure (trotz Gegenanzeige für Kinder unter 2 bzw. 5 Jahren) gelten. Für das Säuglingsalter und das Alterssegment 1 bis 4 Jahre liegen Daten vor, dass diese Substanz nur auf Plazeboniveau wirkt. Eine Metaanalyse 1999 zeigte, dass es keinen Hinweis für einen Nutzen für Kinder mit Asthma gibt. Als Alternative gibt es aber hochwirksame, für Kinder zugelassene Steroide und &beta&2-Sympathomimetika [25]. Auch beeinträchtigt es die Qualität der medizinischen Forschung und der wissenschaftlichen Information ("publication bias"), wenn Therapieversuche mit Arzneimitteln nicht nach biostatistischen Grundsätzen geplant, ausgewertet und publiziert werden.

Fazit: Off-Label-Use restriktiv handhaben

Dass dieses Bedürfnis in Einzelfällen vorliegt, soll nicht bestritten werden, dennoch muss es das Ziel der Gesundheitspolitik sein, jeden unnötigen Off-Label-Use zu vermeiden. Grundsätzlich muss jede therapeutische Anwendung von Arzneimitteln mit validem wissenschaftlichem Material abgesichert sein. Hierfür wären bei nicht-zugelassenen Arzneimitteln besondere Kriterien zu erarbeiten, doch sollte die Entscheidung bei der Zulassungsbehörde liegen.

Ein ärztliches Mitglied der Expertengruppe "Off-Label", Professor von Wichert, berichtete, "dass die dort mehrheitlich vertretenen Repräsentanten der Krankenkassen darauf dringen, für jede Form des 'Off-Label Use' eine 'Zulassung light' durchzuführen mit Einzelprüfung von Substanzen und Darreichungsformen [26]. Genau dies waren die Bedenken vieler Fachleute bei der Gründung der Expertengruppe. Doch solche Bedenken waren ebenso überflüssig, wie die Hoffnungen enttäuscht wurden. Denn die Expertengruppe ist schlicht und einfach untätig.

Autor

Prof. Dr. Harald G. Schweim (Jg. 1950) studierte Pharmazie in Hamburg, wo er 1981 promoviert wurde und sich 1989 habilitierte. Seit 1992 war er Leiter der Arzneimittelzulassung 
beim Bundesgesundheitsamt (später: BfArM), seit 1996 Direktor des DIMDI, seit 2002 Präsident des BfArM. Seit 1999 ist er apl. Professor der Universität Bonn.

 

Quellen 
[1] Vortrag im September 2001. www.transparency.de/Vortrag_Schoenhoefer.96.0.html. ;
[2] Bundessozialgericht, Urteil vom 19. 3. 2002, B 1 KR 37/00 R. http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/ ;
document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum 02&Sort=3&nr=7461&linked=urt. 
[3] E. S. Dietrich, W. Baumgärtner: KBV Klartext, Oktober 2002. www.dagnae.de/Gesundheitspol/Deutsch_5a/Off_Label.htm. ;
[4] Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO), Mitgliederrundschreiben Nr. 2, Oktober 2002. 
[5] www.leukaemie-hife.de/Info/Presse/Mitteilungen/Archiv/15082002.html. ;
[6] U. Schmidt: Schneller neue Arzneimitteltherapien für Patientinnen und Patienten. BMG Pressemitteilung Nr. 148 vom 
18. 9. 2002. 
[7] Mitglieder siehe: www.bfarm.de/de/Arzneimittel/offlabel/org/index.php. ;
[8] U. Schmidt: Mehr Sicherheit für Kinder und Jugendliche bei der Anwendung von Arzneimitteln. BMG Pressemitteilung 
Nr. 20 vom 11. 2. 2002. 
[9] Deutsche Krebsgesellschaft, Pressemitteilung Nr. 15/02 vom 29. 5. 2002. www.nds-krebsgesellschaft.de/pre/pre01018.html ;
[10] Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg: Viele Fragen zu Off Label Use. www.kvbb.de. ;
[11] H.W. Seyberth: Probleme der Arzneimittelsicherheit bei Kindern. Monatsschr. Kinderheilkd. 130, 529 – 535 (1982); 
H.W. Seyberth: Die nicht zugelassene Arzneimittelanwendung in der Pädiatrie. Klin. Pharmakol. akt. 9, 2 – 3 (1998). 
[12] C. Burgardt auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie am 29. 11. 2002 in Heilbronn, ref.: Pharm. Ztg. 147, 4828 (2002). 
[13] Deutsche Krebsgesellschaft e. V., www.krebs-kompass.de. ;
[14] NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, am 6. Februar 2002 in Köln. 
[15] www.bfarm.de/de/Arzneimittel/offlabel/wiss_aufb/index.php. ;
[16] www.bfarm.de/de/Arzneimittel/offlabel/wiss_aufb/index.php?more=aufarbeitungen.php. ;
[17] www.webverzeichnis.de/info914956_16574264.html. ;
[18] www.bfarm.de/de/Arzneimittel/offlabel/wiss_aufb/Irinotecan_Abschl_030304.pdf, S. 7. 
[19] www.meb.uni-bonn.de/cancer.gov/CDR0000062945.html ;
[20] www.bfarm.de/de/Arzneimittel/offlabel/wiss_aufb/index.php?more=aufarbeitungen.php. ;
[21] www.bmgs.bund.de/downloads/GKV_Modernisierungsgesetz.pdf. ;
[22] www.bmgs.bund.de/download/gesetze_web/sgb05/sgb05x092.htm. ;
[23] www.bmgs.bund.de/download/gesetze_web/sgb05/sgb05x135.htm. ;
[24] H.G. Schweim und C. Behles: Off-Label-Use oder von der Notwendigkeit der Arzneimittelzulassung. Bundesgesundheitsblatt 6, 499 – 503 (2003). 
[25] N. Rietbrock et al. (Hrsg.): Klinische Pharmakologie, 4. Aufl. Darmstadt 2001. 
[26] Protokoll der Delegiertenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften 
(AWFM) am 8. November 2003 in Frankfurt am Main.

* Dieser Beitrag ist eine wissenschaftliche Meinungsäußerung und keine aus dienstlicher Funktion.

 

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