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Die Seite 3
Mit payback gegen die Angst vor Ketten
Die Apothekenzeiten von früher sind endgültig vorbei: Vorüber die Zeiten, in denen Apotheken zu ihrem zweifelhaften Beinamen "Goldgrube" gekommen sind, in denen es ausreichte, die Kunden nur abzufertigen und nicht auf ihre Wünsche einzugehen. Zeiten, in denen Krankenkassen nahezu alles bezahlten, was nur verordnet wurde, und Zeiten, die auch grobe Managementfehler bei der Apothekenführung verziehen. Es waren Zeiten, in denen es nahezu egal war, an welchem Standort man eine Apotheke hatte oder neu eröffnete: Eine Apotheke lief immer.
Seit den 80er Jahren jedoch verdichteten sich Hinweise, dass das nicht immer so weiter gehen konnte. Ein Spargesetz folgte dem anderen und spätestens mit dem In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform ist uns allen klar geworden, dass es für Apotheken keinen Bestandsschutz gibt. Seit einigen Jahren werden jährlich mehr Apotheken geschlossen als neu eröffnet. Für die Existenz einer Apotheke muss man etwas tun.
Seit der neuen Arzneimittelpreisverordnung wird nicht mehr an den Kassenumsätzen verdient, sondern im OTC-Geschäft. Wichtig ist, Kunden in die Apotheke zu bekommen, die Frequenz muss stimmen. Um zu überleben, muss sich eine Apotheke Strategien ausdenken oder sich Strategien anschließen, mit denen sie Kunden hält oder neue Kunden gewinnt. Das kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass man über eine bessere Beratung und über neue und bessere Serviceleistungen nachdenkt, die die Kunden möchten. Das können bessere und zielgruppengerechte Marketingaktionen sein, genauso wie ein besserer Wareneinkauf und eine aktive Preispolitik. Wobei letztere sicher nicht bedeutet, Niedrigpreis-Angebote zu fahren, sondern dort preisgünstig zu sein, wo es nötig ist. Und man kann über eine mögliche Expansion nachdenken, sprich Filialisierung.
So unterschiedlich die Möglichkeiten, so unterschiedlich die Konzepte zum Überleben. Für einen besseren Einkauf, für bessere Marketingaktionen rollte die Kooperationitis übers Land. Überleben mit Hilfe einer Kooperation nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stark". Außerdem: Falls doch die Kette kommt, dann halten wir schon mal zusammen. Eine andere Strategie setzt auf das Hausapothekenmodell: die Zusammenarbeit mit einer Kasse und mit Ärzten, das Binden der Kunden an die Apotheke, die Verpflichtung zu mehr und besserem Service – das kann so schlecht nicht sein. Dazu die Initiativen für eine bessere Beratung, beispielsweise Teilnahme am Pseudo-Customer-Konzept, um die Beratungsleistung der Apotheke überprüfen zu lassen. Wieder eine andere Strategie setzt auf Kundenfang durch Zugaben aller Art, kleine Geschenke von harmlos bis geschmacklos, bin hin zu Rabatten und Rabattsystemen.
Wie ich über die Ausgabe von Talern denke, habe ich an dieser Stelle schon offen gelegt. Jetzt hat die Bonusprogramm-Welle die Apotheken erfasst, zunächst die Linda-Apotheken, die Apothekengruppe des MVDA. Sie können sich exklusiv dem payback-System anschließen, bei dem der Kunde für seinen Einkauf in der Apotheke Punkte sammeln und dann gegen Bargeld, Prämiengeschenke oder Lufthansa-Meilen eintauschen kann, pro Euro Umsatz einen Punkt.
Payback-Partner sind beispielsweise auch Kaufhof, Görtz-Schuhe, Real-Märkte, Obi-Baumärkte und dm-Drogeriemärkte (ach, sind das nicht die mit der Rezeptsammelstelle für die Versandapotheke in Venlo?). Was erhält der Kunde für seine Punkte? Jeder payback-Punkt ist einen Cent wert, ab 1000 Punkten kann man diese einlösen. In der Apotheke gibt es Punkte fürs Randsortiment, für freiverkäufliche Arzneimittel und für nicht-rezeptpflichtige Arzneimittel, nicht jedoch für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Sind Rabattpunkte für OTC-Arzneimittel jetzt also erlaubt?
Gründe für die Einführung des payback-Systems bei Linda ist laut Aussage von MVDA-Chef Wolfang Simons die Angst vor Ketten und Fremdbesitz. Er befürchtet, dass es nicht bei der Beschränkung auf vier Apotheken bleiben wird und es Bestrebungen gibt (wo, bitte?), den Fremdbesitz einzuführen. "Das treibt uns um", gesteht der Chef der Apothekengruppe in einem FAZ-Beitrag. Payback-Punkte gegen die Angst vor Ketten? Wenn's denn hilft.
Ich kann mir vorstellen, dass die nächste Apothekenkooperation bereits in Gesprächen mit anderen Bonussystem-Anbietern ist. Da gibt's ja auch noch die Happy Digits oder Energia oder Miles&More oder... Der Kunde wird sich einen größeren Geldbeutel für seine Karten anlegen müssen. Und in der Apotheke wird das Karten-Handling in Zukunft umfangreicher: zuerst die Versicherten-Karte bzw. eCard eingeben, dann die Apotheken-Kundenkarte und dann die Bonusprogramm-Karte und dann die Kreditkarte. Oder zuerst die Bonusprogramm-Karte, dann die Kreditkarte und dann...?
Peter Ditzel
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