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Arzneimittel und Therapie
Vitamin-D-Analogon: Paricalcitol senkt PTH-Spiegel bei Dialysepatienten
Bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen kommt es durch Störungen des Mineralhaushaltes häufig zu einer Überfunktion der Nebenschilddrüse, dem so genannten sekundären Hyperparathyreoidismus.
Zu viel Phosphat, zu wenig Calcium
Diese Erkrankung tritt in der Regel auf, wenn die Nierenfunktion auf weniger als die Hälfte des Normbereiches gesunken ist. Dann scheiden die Nieren zu wenig Phosphat aus, und seine Serumkonzentration erhöht sich.
Jetzt bildet Phosphat mit Calcium Salze, die im ganzen Körper abgelagert werden – in Gefäßen, Gelenken und Geweben, auch in den Nieren. Dieser Prozess beschleunigt die Verhärtung des Nierengewebes oder der Nierengefäße, was wiederum das Fortschreiten des Nierenversagens zur Folge hat.
Parathormon als Regulator
Als Antwort auf den erhöhten Phosphat- und den erniedrigten Calciumspiegel werden die Nebenschilddrüsen aktiv und schütten vermehrt Parathormon aus. Parathormon, ein Polypeptid aus 84 Aminosäuren, senkt aber nicht nur den Phosphatspiegel, sondern erhöht gleichzeitig den Calciumspiegel im Serum. Das dazu notwendige Calcium mobilisiert Parathormon aus den Knochen, was für den Patienten fatale Folgen hat: Die Knochen werden geschwächt und brechen leichter. Die Betroffenen leiden unter Knochenschmerzen und -abbau sowie zunehmenden Verkalkungen von Gewebe und Herz-Kreislauf-System.
Calcimimetikum Cinacalcet
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Begrenzung der Phosphatzufuhr. Außerdem sollte die Zufuhr von Calciumionen erhöht werden. Als Standardtherapie werden Phosphatbinder wie Sevelamer (Renagel®) und/oder Vitamin-D-Verbindungen eingesetzt.
Seit Ende 2004 ist zusätzlich das Calcimimetikum Cinacalcet (Mimpara®) auf dem deutschen Markt. Cinacalcet erniedrigt die Parathormonspiegel direkt, indem es die Empfindlichkeit des calciumempfindlichen Rezeptors auf extrazelluläres Calcium erhöht. Dieser Rezeptor befindet sich auf der Oberfläche der Hauptzellen der Nebenschilddrüse und reguliert die Parathormon-Sekretion. Sinkt der Parathormon-Spiegel, sinkt gleichzeitig auch der Serum-Calciumspiegel.
Paricalcitol senkt PTH-Konzentration
Eine weitere Therapiemöglichkeit bietet jetzt das neue Paricalcitol (Zemplar®). Als synthetisches Vitamin-D-Analogon senkt es wie Vitamin D die Konzentration des Parathormons (PTH) im Organismus. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Dialysepatienten, die Paricalcitol erhalten hatten, eine um 16 Prozent bessere Überlebensrate hatten als Patienten, die mit Calcitriol behandelt worden waren.
Intensive Kontrolle der Serumspiegel
Unter der Behandlung mit Paricalcitol steigen die Serumspiegel von Calcium, Phosphor und das Calcium-Phosphat-Produkt. Während der Anfangsphase der Therapie mit Paricalcitol müssen daher insbesondere die Serumspiegel von Calcium und Phosphat intensiv kontrolliert werden. Nach erfolgreicher Dosisanpassung von Paricalcitol müssen die Serumspiegel von Calcium und Phosphat mindestens einmal monatlich bestimmt werden. Die Serum- bzw. Plasmaspiegel von PTH sollten alle drei Monate kontrolliert werden.
Tritt eine klinisch signifikante Hypercalcämie auf, muss die Dosis reduziert oder die Paricalcitol-Therapie unterbrochen werden. Falls die Parathormon-Spiegel durch die Therapie mit Paricalcitol übermäßig supprimiert werden, können adynamische Knochenläsionen entstehen.
Injektion während der Hämodialyse
Die übliche Art der Anwendung von Zemplar® 5 µg/ml Injektionslösung ist die Injektion in einen zentralen Zugang während der Hämodialyse. Paricalcitol wird intravenös als Bolus-Injektion nicht öfter als jeden zweiten Tag zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Dialyse angewendet. Bei Patienten ohne Hämodialyse sollte Zemplar® langsam intravenös über mindestens 30 Sekunden injiziert werden, um Schmerzen bei der Injektion zu minimieren.
Die Initialdosis sollte anhand des PTH-Spiegels vor Therapiebeginn berechnet werden: Die maximale Dosis, die bei klinischen Studien sicher angewendet wurde, betrug 40 µg. Wenn ein erhöhter korrigierter Calciumspiegel (> 11,2 mg/dl) oder ein dauerhaft erhöhter Phosphatspiegel (> 6,5 mg/dl) festgestellt werden, muss die Dosierung von Paricalcitol angepasst werden, bis sich diese Parameter wieder normalisiert haben. Wenn eine Hypercalcämie oder ein dauerhaft erhöhtes korrigiertes Calcium-Phosphat-Produkt (> 65) ermittelt wird, sollte die Dosierung von Paricalcitol reduziert oder die Behandlung abgebrochen werden, bis die Parameter sich wieder normalisiert haben. Dann erst sollte die Paricalcitol-Therapie in einer niedrigeren Dosierung wieder aufgenommen werden. Nach Dosisfindung sollten die Serum-Calcium- und Serum-Phosphat-Werte mindestens einmal monatlich kontrolliert werden.
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Paricalcitol darf nicht bei Patienten mit bekannter Vitamin-D-Intoxikation, Hypercalcämie oder Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile angewendet werden. Die Sicherheit von Zemplar® 5 µg/ml Injektionslösung ist bei 600 Patienten in mehreren klinischen Studien untersucht worden.
Die häufigsten Nebenwirkungen (>1% bis <10%) bei einer Therapie mit Paricalcitol waren: Hypercalcämie (4,7% der Patienten), Hyperphosphatämie (1,7%), Funktionsstörung der Nebenschilddrüse (1,2%), Juckreiz (1,1%) und Geschmacksveränderungen (1,1%). Hypercalcämie und Hyperphosphatämie traten vor allem im Zusammenhang mit Übersuppression des PTH-Spiegels auf und können durch richtige Dosistitrierung minimiert werden.
Vorsicht bei
Digitalispräparaten
Spezifische Interaktionsstudien wurden nicht durchgeführt. Die Toxizität von Digitalisglykosiden wird durch Hypercalcämie jeglicher Ursache potenziert. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Digitalispräparate gleichzeitig mit Paricalcitol verordnet werden.
Phosphate oder Vitamin-D-Präparate sollten nicht gemeinsam mit Paricalcitol eingesetzt werden, da dadurch das Risiko einer Hypercalcämie und Erhöhung des Calcium-Phosphat-Produkts zunimmt.
Aluminiumhaltige Arzneimittel (z. B. Antazida, Phosphatbinder) sollten nicht dauerhaft gemeinsam mit Vitamin-D-Präparaten angewendet werden, da erhöhte Aluminium-Blutspiegel und Knochentoxizität durch Aluminium auftreten können. Hohe Dosen von calciumhaltigen Arzneimitteln oder Thiazid-Diuretika können das Risiko einer Hypercalcämie erhöhen. Magnesiumhaltige Arzneimittel (z. B. Antazida) sollten ebenfalls nicht gemeinsam mit Vitamin-D-Präparaten eingenommen werden, da eine Hypermagnesiämie auftreten kann. hel
Steckbrief: Paricalcitol
Handelsname/Hersteller:
Zemplar (Abbott, Wiesbaden) Einführungsdatum: 15. April 2005 Zusammensetzung: Eine Ampulle zu 1 bzw. 2 ml enthält 5 bzw. 10 µg Paricalcitol. Sonstige Bestandteile: Die Injektionslösung enthält: Ethanol (20 Vol. %), Propylenglykol, gereinigtes Wasser. Packungsgrößen, Preise und PZN: 5 x 1 ml, 127,18 Euro, PZN 4363745 Stoffklasse: Osteoporosemittel/Calcium-/Knochenstoffwechselregulatoren; Vitamin-D-Analogon Indikation: Zur Prävention und Therapie eines sekundären Hyperparathyreoidismus bei chronischem Nierenversagen. Dosierung: Injektion in einen zentralen Zugang als Bolus-Injektion nicht öfter als jeden zweiten Tag zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Dialyse. Patienten ohne Hämodialyse sollte Zemplar® langsam intravenös über mindestens 30 Sekunden injiziert werden. Die Initialdosis sollte anhand des PTH-Spiegels vor Therapiebeginn berechnet werden. Der derzeit akzeptierte Zielbereich des PTH-Spiegels bei Dialysepatienten mit Nierenversagen im Endstadium ist nicht höher als der 1,5- bis 3-Fache nicht-urämische obere Grenzwert des Normalwerts (150 – 300 pg/ml für iPTH). Während der Titrationsphase sollten die Serum-Calcium- (korrigiert für Hypalbuminämie) und Serum-Phosphat-Spiegel häufiger gemessen werden. Gegenanzeigen: Paricalcitol darf nicht bei Patienten mit bekannter Vitamin-D-Intoxikation, Hypercalcämie oder Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile angewendet werden. Nebenwirkungen: Hypercalcämie, Hyperphosphatämie, Funktionsstörung der Nebenschilddrüse, Juckreiz, Geschmacksveränderungen. Wechselwirkungen: Die Toxizität von Digitalisglykosiden wird durch Hypercalcämie jeglicher Ursache potenziert. Phosphate oder Vitamin-D-Präparate sollten nicht gemeinsam mit Paricalcitol eingesetzt werden, da dadurch das Risiko einer Hypercalcämie und Erhöhung des Calcium-Phosphat-Produkts zunimmt. Aluminiumhaltige Arzneimittel (z. B. Antazida, Phosphatbinder) sollten nicht dauerhaft gemeinsam mit Vitamin-D-Präparaten angewendet werden, da erhöhte Aluminium-Blutspiegel und Knochentoxizität durch Aluminium auftreten können. Hohe Dosen von calciumhaltigen Arzneimitteln oder Thiazid-Diuretika können das Risiko einer Hypercalcämie steigern. Magnesiumhaltige Arzneimittel (z. B. Antazida) sollten nicht gemeinsam mit Vitamin-D-Präparaten eingenommen werden, da eine Hypermagnesiämie auftreten kann. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Akute Überdosierung von Paricalcitol kann Hypercalcämie verursachen und bedarf sofortiger Notfallmaßnahmen. Während der Dosisfindung sollte der Serum-Calcium- und Serum-Phosphat-Spiegel engmaschig kontrolliert werden (z. B. zweimal wöchentlich). Wenn eine klinisch signifikante Hypercalcämie (>11,2 mg/dl) auftritt, muss die Dosis von Paricalcitol reduziert oder die Anwendung unterbrochen werden. Auch die chronische Anwendung von Paricalcitol kann bei Patienten zu Hypercalcämie, erhöhtem Calcium-Phosphat-Produkt und metastatischer Calcifizierung führen. Wird der PTH-Spiegel auf abnormal tiefe Werte gesenkt, kann sich eine adynamische Knochenveränderung (niedrige Knochenumbaurate) entwickeln.
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