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Arzneimittel und Therapie
Krankhaftes Händezittern erfolgreich stoppen
Menschen mit einem essenziellen Tremor sind im Alltag oft massiv behindert. Viele können wegen des Zitterns nicht mehr ordentlich schreiben, nicht mehr normal essen oder bei einem ausgeprägten Kopf-Zittern auch nicht mehr richtig lesen. Bis zu 25% müssen schließlich den Beruf wechseln oder vorzeitig in Rente gehen. Zwar ist beim essenziellen Tremor bislang keine Heilung möglich, doch mit einer medikamentösen Dauertherapie lassen sich langfristig bei etwa 50% der Betroffenen zufriedenstellende Ergebnisse erzielen, betont Prof. Dr. med. Günther Deuschl, der die neurologische Universitätsklinik in Kiel leitet und die Tremor-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie federführend ausgearbeitet hat. Bei weiteren 20% der Betroffenen sind nach Hinweisen des Nervenspezialisten Teilerfolge möglich, während bei den restlichen 30% keine Verbesserungen zu erzielen sind.
Bewährt haben sich beim essenziellen Tremor mittlerweile drei Wege, die ihre Wirksamkeit auch in vielen Doppelblindstudien unter Beweis gestellt haben. Zum einen der Betablocker Propranolol und zum anderen das Antiepileptikum Primidon. Der dritte Weg ist die Kombination beider Wirkstoffe. "Diese drei Möglichkeiten sollte man unbedingt ausprobieren, bevor man auf andere Therapien übergeht", mahnt Deuschl. Als Alternative verweist der Nervenspezialist auf das Antiepileptikum Gabapentin, dessen Nutzen beim essenziellen Tremor ebenfalls nachgewiesen ist. Möglicherweise ist auch das Antiepileptikum Topiramat sinnvoll, was allerdings erst noch in größeren Studien überprüft werden muss. Interessant ist zudem die lokale Injektion von Botulinumtoxin, die nach Hinweisen von Deuschl bei einem Kopf- oder Stimm-Tremor sinnvoll sein kann. Umstritten ist der Einsatz jedoch beim Hände-Tremor, für den eine Studie zwar signifikante Verbesserungen gezeigt hat, allerdings stehen den Erfolgen mehr oder weniger starke Paresen gegenüber, die das Procedere in Frage stellen.
Auf korrekte Dosierung achten
Um bei der medikamentösen Therapie bestmögliche Erfolge zu erzielen, müssen ein paar grundsätzliche Dinge beachtet werden. Zum Beispiel sollte bei Primidon mit ganz geringen Dosierungen begonnen werden. Zu empfehlen ist eine Vierteltablette, also 62,5 mg pro Tag. Sind die ersten drei Tage problemlos überstanden, kann man im nächsten Schritt gleich auf 250 mg erhöhen. Falls unter der Startdosis allerdings Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen oder Ataxien auftreten, was bei etwa 10% der Patienten vorkommt, bietet sich der Umstieg auf Primidon-Saft an, der noch niedrigere Startdosierungen erlaubt, erläutert Deuschl. Dabei weist er darauf hin, dass maximale Tagesdosierungen von 500 mg nicht überschritten werden sollten, die man allerdings ohne weiteres in einer einzigen Abenddosis geben kann. Einschleichend sollte auch die Aufdosierung von Propranolol erfolgen. Zeigt sich allerdings bei 120 mg noch keine Besserung des Tremors, dann helfen auch höhere Dosierungen meist nicht weiter. Realistische Maximaldosierungen liegen etwa bei 180 mg, so der Hinweis des Neurologen.
Nicht-medikamentöse Therapien meist sinnlos
Neben der medikamentösen Therapie werden beim essenziellen Tremor auch immer wieder andere Maßnahmen angepriesen, von denen allerdings viele zwecklos sind. Überhaupt keinen Sinn haben zum Beispiel Physiotherapien und physikalische Maßnahmen, die nur Zeit kosten und für Betroffene keine Hilfe darstellen, betont Professor Deuschl. Gleiches gilt für Akupunktur und Homöopathie. Das sollte man Betroffenen klar sagen. Sinnvoll kann dagegen das Erlernen von Coping-Strategien sein, mit denen sich die Alltagsprobleme eines Tremors besser bewältigen lassen. Zudem sind Betroffene, die unter starken Zitter-Symptomen leiden, auch oft für eine psychologische Unterstützung dankbar. Darüber hinaus kann in schweren Fällen über eine Tiefenhirnstimulation nachgedacht werden, bei der Elektroden neurochirurgisch in ausgewählte Hirnzentren implantiert werden. Die Langzeiterfolge sind dabei gut und das Risiko für schwere operationsbedingte Komplikationen liegt je nach Klinik mittlerweile unter einem Prozent.
Dr. med. Karl Eberius, Heidelberg
Woran erkennt man einen essenziellen Tremor?
Immer wieder wird der essenzielle Tremor nicht korrekt erkannt. Wichtig ist es vor allem, den essenziellen Tremor nicht mit einem Parkinson-Tremor zu verwechseln. Denn beide Krankheitsbilder werden unterschiedlich behandelt und die häufig angewandte Parkinson-Therapie mit Levodopa und Benserazid führt in aller Regel sogar zu einer Verschlechterung des essenziellen Tremors. Wichtig ist die Frage, ob der Tremor in Ruhe oder bei Bewegungen auftritt, da der Parkinson-Tremor ein klassischer Ruhe-Tremor ist, der bei Bewegungen verschwindet oder schwächer wird. Dagegen handelt es sich beim essenziellen Tremor um einen Halte- und Aktions-Tremor, der in den allermeisten Fällen keinen Ruhe-Tremor aufweist. Findet sich außerdem eine positive Familienanamnese, also haben Mutter oder Vater bereits unter dem Zittern gelitten, spricht dies ebenfalls für einen essenziellen Tremor, da der essenzielle Tremor in rund 60% einem autosomal-dominanten Erbgang folgt. Wichtig ist auch die Frage, ob sich die Symptomatik unter dem Genuss von Alkohol bessert, was beim essenziellen Tremor bei bis zu 70% der Betroffenen der Fall sein kann, aber nicht beim Parkinson-Tremor.
Die häufigsten Tremor-Diagnosen
Tremor ist definiert als unwillkürliche rhythmische Oszillation eines oder mehrerer Körperabschnitte. Der Tremor ist ein Symptom und ätiologisch heterogen. Der essenzielle Tremor ist eindeutig der häufigste Tremor. Erst dahinter folgt mit weitem Abstand der Parkinson-Tremor, der etwa vier- bis sechsmal seltener ist. Neben diesen beiden Tremores ist als dritte Form noch der so genannte verstärkte physiologische Tremor zu nennen, also zum Beispiel Zittern bei einer Schilddrüsenüberfunktion, bei der Inhalation von Betamimetika zur Asthmabehandlung, bei tricyclischen Antidepressiva, bei massivem Kaffeegenuss oder bei diversen Vergiftungen. Alle anderen Tremor-Diagnosen sind sehr viel seltener und spielen nur bei spezialisierten Nervenärzten eine bedeutende Rolle.
4 Kommentare
Hände-tremor
von antje sievers am 26.09.2019 um 9:25 Uhr
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essenzieller Tremor
von Hartmut Barthel am 22.09.2019 um 9:46 Uhr
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AW: essenzieller Tremor
von T. Auth am 25.11.2019 um 6:13 Uhr
essenzieller Tremor, Kinntremor
von Müller, Monika am 20.06.2019 um 13:28 Uhr
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