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Verbraucherministerium warnt vor Panikmache
"Wir sind auf den schlimmsten Fall vorbereitet", erklärte Künast am 19. August in Berlin. Es gelte, "ruhig und systematisch zu handeln" und nicht in "unnötige Panikmache zu verfallen", so die Ministerin. Professor Thomas C. Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), dem Bundesinstitut für Tiergesundheit, betonte, dass der Ural derzeit noch als Grenze halte und die Gefahr für die Menschen in Deutschland gering sei. "Wir haben keine Pandemie vor der Tür stehen – wir haben es mit einer Tierseuche zu tun", so Mettenleiter. Daher setzen die Maßnahmen von Bund und Ländern auch zunächst bei den Tieren an.
Bund und Länder beschließen Vorsorgemaßnahmen
An 18. August hatte Künast in Bonn zusammen mit Ländervertretern und Experten ein gemeinsames Vorgehen vereinbart. So müssen Geflügelhalter ihre Tiere ab einem derzeit noch nicht bestimmten Tag ausschließlich im Stall halten und ihre Bestände untersuchen lassen. Wer nicht in der Lage ist, all sein Geflügel in Ställen unterzubringen, muss seine Bestände z. B. mit Netzen abdecken. Zudem soll das in Deutschland bereits praktizierte Wildvogelmonitoring ausgeweitet werden. Voraussichtlich wird die Eilverordnung Mitte September in Kraft treten – dann könnten theoretisch die ersten Zugvögel aus den betroffenen Regionen Asiens nach Europa kommen. Allerdings gilt es als wenig wahrscheinlich, dass Zugvögel das gefürchtete H5N1-Virus nach Deutschland bringen. Die meisten Vögel suchen sich ihr Winterquartier eher in südlicheren Gefilden – lediglich eine Enten- und eine Reiherart könnten das Virus auf ihren Wanderungen langsam westwärts tragen, erklärte Mettenleiter. Als weitaus gefährlicher stufen Künast und ihre Experten es ein, dass die Vogelgrippe durch illegale Tierimporte eingeschleppt wird. Ebenso besteht die Gefahr, dass Reisende, den Virus unwissentlich oder fahrlässig einführen. Der Zoll werde daher seine Kontrollen gezielter und risikoorientierter durchführen, so Künast.
Deutschland hat von Holland gelernt
Im Fall der Fälle, das heißt wenn es in Deutschland tatsächlich zu einem Ausbruch der Geflügelpest kommen sollte, werden weitere Maßnahmen eingeleitet. Diese sind bereits in der geltenden Geflügelpestverordnung verankert. Allerdings setzt man alles daran, dass es zu dieser Situation gar nicht erst kommt, betonte die Ministerin. Sie verwies darauf, dass Deutschland nicht zum ersten Mal mit einer drohenden Geflügelpest konfrontiert ist: 2003 hatte sich die Tierseuche in Holland ausgebreitet. Lediglich in einem deutschen Geflügelbetrieb wurde das Virus entdeckt – und seine Weiterverbreitung umgehend gestoppt. Künast ist daher davon überzeugt, auch diesmal gut vorbereitet zu sein. "Es gibt nichts, was nun neu erfunden werden müsste".
Bislang keine Infektion von Mensch zu Mensch
Die bei Vögeln auftretende Influenza A, die durch H5N1 übertragen wird, ist zu unterscheiden von der humanen Influenza, die von Mensch zu Mensch übertragen wird. Bislang sind lediglich ein Fall aus Thailand und zwei Fälle aus Vietnam dokumentiert, bei denen eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung nicht ausgeschlossen werden kann. Üblicherweise kommt eine Ansteckung nur über Tiere vor. Landwirte und Tierärzte zählen daher zu den gefährdeten Personen. Das FLI arbeitet bereits seit längerer Zeit an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Vogelgrippe. Allerdings sei ein solcher Impfstoff nicht für eine prophylaktische und flächendeckende Anwendung vorgesehen, erklärte Institutschef Mettenleiter. Das Problem aller Influenza-Impfstoffe sei, dass sie nicht den Ausbruch der Krankheit verhindern können, sondern diese nur abschwächen. Dies berge die Gefahr eines verschleierten Infektionsgeschehens, bei dem unbemerkt Infizierte ungeimpfte Tiere oder Personen anstecken könnten.
Geflügelhalter fordern schnelle Aufstallung
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft forderte unterdessen, dass die Halter von Freilandhühnern ihre Tiere bereits spätestens ab 1. September einsperren dürfen. Künast hielt den genauen Termin des Inkrafttretens der Eilverordnung, die zunächst für drei Monate gilt, in der vergangen Woche noch bewusst offen. Sie werde die vorbereitete Eilverordnung unterschreiben, sobald die Wissenschaftler sagen, dass es soweit ist, sagte die Ministerin. Erst wenn die Verordnung gilt, dürfen die Halter von eingesperrten Freilandhühnern ihre Eier weiterhin als Freiland-Eier verkaufen. In Holland stehen die Hühner bereits seit Anfang dieser Woche im Stall. In anderen europäischen Ländern sind hingegen bislang keine derartigen Maßnahmen vorgesehen.
WHO warnt vor Pandemie durch Virus-Mutationen
Dass sich die asiatische Geflügelpest doch noch zu einer Pandemie ausweitet, fürchtet der Leiter des Influenza-Programms der Weltgesundheitsorganisation WHO, Klaus Stöhr. Gegenüber dem Sender NDR Info sagte er am 20. August zwar auch, dass das Virus nur schwer auf den Menschen übertragbar sei. Angst habe man jedoch davor, "dass dieses Virus sich so verändert, dass die Vögel für das Virus gar nicht mehr wichtig sind, dass es sich von Mensch zu Mensch ausbreitet und dann global eine Seuche verursacht, wie wir sie vielleicht noch nicht gesehen haben."
Vogelmonitoring in Deutschland
In Deutschland gibt es viele, vorwiegend ehrenamtliche Erfassungsprogramme von Vogelarten. Basierend auf den dort erho- benen Daten wird seit Oktober 2003 ein bundesweit abgestimmtes Monitoring von Vogelarten aufgebaut. Das vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesum- weltministeriums geförderte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wird vom Dach- verband Deutscher Avifaunisten zusammen mit dem Naturschutzbund Deutschland und der Deutschen-Ornithologen Gesell- schaft sowie den Länderfachbehörden um- gesetzt. Ausführliche Informationen zum Vogelmonitoring findet man auf der Home- page www.vogelmonitoring.de
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