Schwerpunkt Hormonersatztherapie

Wie hoch ist das Gebärmutterkrebsrisiko?

Große Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass Brust- und Gebärmutterkrebsrisiko unter einer Hormonersatztherapie ansteigen. Hängt nun das erhöhte Tumorrisiko für ein Endometriumkarzinom mit der Art der Hormontherapie zusammen und gibt es bestimmte Risikogruppen? Neue Ergebnisse der Million Women Study zeigen unterschiedliche Risiken auf.

Eine Estrogensubstitution in der Menopause erhöht das Gebärmutterkrebsrisiko. Daher wurden in den vergangenen Jahren bei der Hormonersatztherapie vermehrt Kombinationspräparate aus Estrogen und Gestagenen sowie das synthetische Sexualhormon Tibolon (Liviella®) eingesetzt. Durch die Kombination mit Gestagenen hoffte man, das Estrogen bedingte Gebärmutterkrebsrisiko abzuschwächen. Ob dies tatsächlich der Fall ist und wie sich die verschiedenen Hormonersatztherapien auf das Endometriumkarzinomrisiko auswirken, wurde in einer Analyse der Million Women Study ermittelt.

Für diese Analyse lagen die Daten von 716.738 postmenopausalen Frauen aus Großbritannien vor. Diese Frauen im Alter von 50 bis 64 Jahren waren zwischen 1996 und 2001 in die Studie aufgenommen worden und hatten zu diesem Zeitpunkt weder eine Krebserkrankung noch war bei ihnen einer Hysterektomie vorgenommen worden. Knapp die Hälfte (320.953 Frauen oder 45%) erhielt eine Hormonersatztherapie. Dabei verwendeten 69.577 (22%) eine kontinuierliche kombinierte Therapie (eine fixe Kombination aus Estrogen und Gestagen), 145.486 (45%) eine zyklische Kombinationstherapie (täglich Estrogen und während 10 bis 14 Tagen pro Monat zusätzlich ein Gestagen), 28.028 (9%) Tibolon und 14.204 (4%) nur Estrogen. Die Frauen wurden im Durchschnitt 3,4 Jahre weiter beobachtet. In dieser Zeit traten 1320 Endometriumkarzinome auf.

Unterschiedliche Auswirkungen der Hormonersatztherapie

Die verschiedenen Hormonersatztherapien hatten unterschiedliche Auswirkungen auf das Gesamtrisiko für ein Endometriumkarzinom. Im Vergleich zu Frauen, die nie eine Hormonersatztherapie erhalten hatten, war das Risiko, an Gebärmutterkrebs zu erkranken

  • unter einer kombinierten, fixen Therapie vermindert
  • unter Tibolon erhöht,
  • unter Estrogen erhöht,
  • unter einer zyklisch kombinierten Therapie nicht signifikant verändert.

 

Body-mass-Index beeinflusst das Risiko

Das Risiko, an einem Endometriumkarzinom zu erkranken, ist unter den verschiedenen Hormonersatztherapien abhängig vom Body-mass-Index. Das unter Estrogen und Tibolon erhöhte Risiko ist bei normalgewichtigen Frauen am größten. Bei übergewichtigen Frauen zeigen Tibolon und Estrogen wenig zusätzlichen Einfluss auf das Krebsrisiko. Von dem unter einer kombinierten Therapie verminderten Risiko profitierten vor allem übergewichtige Frauen (die normalerweise ein deutlich höheres Gebärmutterkrebsrisiko haben). Bei normalgewichtigen Frauen erhöhte die zyklisch kombinierte Hormonersatztherapie das Krebsrisiko.

Kombiniertes Krebsrisiko

Wie diese Daten zeigen, erhöhen Estrogen und Tibolon das Risiko für ein Endometriumkarzinom. Gestagene hemmen die ungünstigen Effekte auf das Endometrium, und zwar umso ausgeprägter, je länger sie pro Monat gegeben werden und je übergewichtiger die Anwenderin ist. Auf der anderen Seite ist aber bekannt, dass eine kombinierte Estrogen-Gestagen-Hormonersatztherapie eine stärkere Erhöhung des Brustkrebsrisikos aufweist als andere Formen einer Hormonsubstitution. Wenn die Einzelrisiken (d. h. für Gebärmutter- und Brustkrebs) addiert werden, steigt das Risiko für beide Krebsarten zusammen unter einer Kombination aus Estrogen und Gestagen (zyklisch oder fix) insgesamt stärker an als unter einer Estrogen- oder Tibolontherapie.

Was tun?

Die vorliegenden Daten zeigen, dass der Benefit, den eine kombinierte Hormonersatztherapie im Hinblick auf das Gebärmutterkrebsrisiko aufweist, durch eine Steigerung des Brustkrebsrisikos aufgehoben wird. Wie soll nun eine Frau therapiert werden, die unter schweren Menopausensymptomen leidet? Zurzeit wird geraten, die geringste, gerade noch wirksame Dosis an Estrogenen und Gestagenen zu verordnen und dies über eine möglichst kurze Zeitdauer. Die Vorteile einer kurzzeitigen Hormoneinnahme in den frühen Phasen der Menopause scheinen die Risiken aufzuwiegen; zur Linderung der Menopausenbeschwerden in einer späteren Phase müssen neue Therapieansätze gefunden werden.

Dr. Petra Jungmayr

Quelle

Beral V., et al.: Endometrial cancer and hormone-replacement therapy in the Mil- lion Women Study. Lancet 365, 1543 –1551 (2005).
Brinton L., et al.: Hormones and endome- trial cancer – new data from the Million Women Study. Lancet 365, 1517 – 1518 (2005).

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