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Recht
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch
Die Auseinandersetzung mit Rechtsvorschriften gehört zum "täglichen Brot" des Apothekers. Arzneimittel- und apothekenrechtliche Vorschriften sind fest im Studium der Pharmazie verankert, das Lebensmittelrecht wird hingegen nur am Rande behandelt. Allerdings entfällt mittlerweile ein erheblicher und stetig steigender Anteil des Apothekenumsatzes auf Lebensmittel, sodass auch das Lebensmittelrecht eine immer größere Bedeutung in der Apotheke spielen sollte. Manchem Apotheker noch wenig bekannt ist die Verantwortung beim Verkauf nicht rechtskonformer Produkte, denn auch für ihn kommen als Inverkehrbringer grundsätzlich Straftat- und Ordnungswidrigkeitentatbestände, ordnungsbehördliche Untersagungsverfügungen und wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche in Betracht.
Hintergründe des LFGB
Bisher waren die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen für Lebensmittel im Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) festgeschrieben. Detailtatbestände fanden sich jedoch darüber hinaus in einer Vielzahl von Verordnungen. So waren und sind weiterhin die gesonderten Vorschriften für Nahrungsergänzungsmittel (Nahrungsergänzungsmittelverordnung, NemV [2]) und diätetische Lebensmittel (Diätverordnung, DiätV [3]) zu beachten. Sie werden durch die Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts nicht geändert. Durch die Neuordnung der allgemeinen, für alle Lebensmittel geltenden Grundsätze, ergeben sich indirekt aber auch Veränderungen bei Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln.
Das bisher geltende LMBG konnte aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht länger bestehen bleiben. Bereits seit dem 21. Februar 2002 gilt innerhalb der EU die Lebensmittel-Basisverordnung (BasisV) [4], die die allgemeinen Grundsätze des Lebensmittel- und Futtermittelrechts innerhalb der EU für alle Mitgliedstaaten verbindlich regelt. Der allgemeinen Geltung einer europäischen Verordnung entsprechend (Art. 249 EGV [5]), ist die BasisV seit diesem Tag in jedem EU-Mitgliedstaat anzuwenden [6]. Ein Transformationsakt in nationales Recht – wie bei europäischen Richtlinien – war grundsätzlich nicht erforderlich. Damit war jedoch auch die bisherige Rechtslage in Deutschland nicht mehr haltbar und die Neuordnung des Lebensmittel- sowie auch des Futtermittelrechts unumgänglich.
Ziele und Aufbau des LFGB
Das wesentliche Ziel der Neuordnung des Lebens- und Futtermittelrechts ist die Anpassung des nationalen Rechts an das geltende europäische Recht sowie die Zusammenführung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts. Im Vordergrund stehen die Aufrechterhaltung eines hohen Gesundheits- und Täuschungsschutzniveaus sowie Maßnahmen zur Unterrichtung der Verbraucher und der Wirtschaft.
Das LFGB bündelt nun Vorgaben, die bislang in einer Vielzahl von Vorschriften enthalten waren. Durch diese Vereinheitlichung soll auch mehr Transparenz geschaffen werden. Den Verbrauchern, der Wirtschaft und der Verwaltung soll es vereinfacht werden, die geltenden Vorschriften im Lebensmittelbereich zu ermitteln und somit die Rechtsanwendung erleichtern. Zusätzlich gehen die Gesetzesregulatoren davon aus, dass damit ein Beitrag zur Entbürokratisierung geleistet ist. Gleichzeitig soll die Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts die Lücke zwischen Futtermitteln und Lebensmitteln schließen [7], sodass letztlich auch dem Grundsatz "From Farm to Fork" Rechnung getragen wird. Das LFGB ist insgesamt in 11 Abschnitte gegliedert, mit fortlaufend nummerierten Paragraphen (§ 1 – § 73).
Tab. 1: Gegenüberstellung der Funstellen einiger Tatbestandregelungen des LFGB und des LMBG
Regelungsgehalt | LFGB | LMBG |
---|---|---|
Vorschriften zum Gesundheitsschutz | § 5 | § 8 |
Vorschriften zum Täuschungsschutz
| § 11
| § 17
|
Verbot der krankheitsbezogenen Werbung | § 12 | § 18 |
Zusatzstoffbegriff | § 2 Abs. 3 | § 2 |
Zusatzstoffverbot | § 6 | § 11 |
Ausnahmegenehmigung | § 68 | § 37 |
Allgemeinverfügungen | § 54 | § 47 a |
Straf- und Bußgeldgeldvorschriften | § 58 – 60 | § 51 – 54 u. § 56 – 59 |
Was hat sich geändert?
Eine bedeutende Veränderung durch das LFGB ergibt sich bereits durch die neue Definition des Lebensmittelbegriffes. Bislang waren Lebensmittel gesetzlich im Wesentlichen als Stoffe definiert, die überwiegend der Ernährung und/oder dem Genuss dienen (§ 1 LMBG). Stoffe, die überwiegend zu anderen Zwecken bestimmt waren, konnten rechtlich keine Lebensmittel sein. Das LFGB übernimmt die viel allgemeiner gefasste Lebensmitteldefinition der europäischen BasisV. Nach § 2 Abs. 2 LFGB (= Art. 2 BasisV) sind Lebensmittel "... alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie (...) von Menschen aufgenommen werden." Eine überwiegende Zweckbestimmung zur Ernährung und/oder zum Genuss ist daher von Gesetzes wegen nicht mehr ausschlaggebend. Der europäische Gesetzgeber wollte mit der allgemeinen und sehr umfassenden Definition möglichst viele Stoffe durch den Lebensmittelbegriff erfassen, um so die Geltung und die Anwendung der BasisV umfassend sicherzustellen, da dies z. B. für die Durchführung von Risikoanalysen oder dem Grundsatz der Rückverfolgbarkeit von großer Bedeutung ist.
Die weite Fassung des Lebensmittelbegriffes erfordert aber, bestimmte Stoffe explizit auszuschließen. Daher folgt der Lebensmitteldefinition eine Auflistung von Stoffen, die keine Lebensmittel sind (Art. 2 lit a – h BasisV). Ausgeschlossen sind u. a. Arzneimittel, Futtermittel, kosmetische Mittel, Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe.
Auch die inhaltliche Unschärfe des Wortlautes der Lebensmitteldefinition erfordert eine Einschränkung. So ist z. B. der Begriff "Aufnehmen" insbesondere für Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel von großer Bedeutung, da eine Aufnahme von beispielsweise Vitaminen in den Organismus auf verschiedener Weise erfolgen kann (oral, über die Haut, per Injektion ...). Die BasisV enthält keine Erläuterung zu dem Begriff "Aufnehmen", das LFGB hingegen schränkt "Aufnehmen" auf "Verzehren" ein. So definiert § 3 Nr. 5 LFGB das "Verzehren" als das Aufnehmen von Lebensmitteln durch Kauen, Essen, Trinken sowie jede sonstige Zufuhr in den Magen. Damit sind solche Stoffe vom Lebensmittelmittelbegriff explizit ausgeschlossen, die in den Körper eingerieben werden (z. B. nährstoffhaltige Cremes), eingeatmet (z. B. nährstoffhaltige Aerosole) oder eingespritzt werden (z. B. Vitamin B12-Injektionen), ohne dem Magen zugeführt zu werden. Dies entspricht auch der ernährungswissenschaftlichen Auffassung zur Aufnahme von Lebensmitteln bzw. Nährstoffen und ist wohl auch in Art. 2 BasisV nicht anders gemeint.
Abgrenzung von Lebensmitteln und Arzneimitteln
Das LFGB bringt für die in der Apothekenpraxis wichtige Frage der Abgrenzung von Lebensmitteln und Arzneimitteln eine systematische Änderung hervor. Der Lebensmittelbegriff des Art. 2 lit. d BasisV gibt explizit vor, dass Arzneimittel nicht zu den Lebensmitteln gehören. Dies bedeutet weiterhin, dass ein Erzeugnis nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein kann. Allerdings ist zwingend zu beachten, dass sich dieser Verweis auf Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG [8] und 92/73/EWG [9] des Rates bezieht (jetzt Richtlinie 2001/83/EG [10]). Damit ist für die Abgrenzung nicht mehr der Arzneimittelbegriff des § 2 AMG heranzuziehen, sondern der europäische Arzneimittelbegriff [11].
Früher ergab sich die Abgrenzung zwischen Lebensmitteln und Arzneimitteln aus § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) i.V.m. § 1 LMBG. Nach § 2 AMG gehören Lebensmittel nicht zu den Arzneimitteln. Demnach war zunächst zu prüfen, ob das Erzeugnis ein Lebensmittel ist. Nur wenn ein Lebensmittelcharakter (überwiegende Zweckbestimmung zur Ernährung/zum Genuss) nicht festgestellt werden konnte, musste bei einem Präparat von einem (nicht zugelassenen) Arzneimittel ausgegangen werden. Vielfach ergaben und ergeben sich allerdings Zweifelsfälle, in denen ein Präparat sowohl arzneiliche, als auch lebensmitteltypische Eigenschaften besitzt. Bislang war es aufgrund der Zusammenhänge zwischen § 2 AMG und § 1 LMBG so, dass ein Produkt dann noch als Lebensmittel galt, wenn es "rechnerisch" zumindest zur Hälfte die Eigenschaften eines Lebensmittels besaß. Im Zweifelsfall musste also angenommen werden, dass es sich um ein Lebensmittel handelt ("Regel-Ausnahmeverhältnis").
Der neue Lebensmittelbegriff des Art. 2 BasisV erfordert nun im Grundsatz zwei systematische Änderungen bei der Frage, ob ein Präparat Arzneimittel oder Lebensmittel ist. Einerseits ist der Arzneimittelbegriff nun Bestandteil des Lebensmittelbegriffs. Rechtssystematisch ist daher nicht mehr zu prüfen, ob ein Präparat Lebensmitteleigenschaften besitzt. Es ist nun vielmehr festzustellen, ob es sich um ein Arzneimittel handelt. Nur wenn dies verneint wird, kann es sich um ein Lebensmittel handeln [12]. Die Begriffe Ernährung und/oder Genuss spielen in diesem Fall insoweit auch weiter eine Rolle, da sie aufgrund der Verkehrsauffassung eine Indizfunktion übernehmen.
Andererseits ist nicht mehr der Arzneimittelbegriff des § 2 AMG entscheidend bei der Abgrenzungsfrage, sondern der europäische Arzneimittelbegriff, auf den in der Lebensmitteldefinition (Art. 2 lit d BasisV) explizit verwiesen wird. Der aktuell geltende europäische Arzneimittelbegriff ist Art. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG zu entnehmen. Demnach sind Arzneimittel:
"a) Alle Stoffe ..., die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder b) alle Stoffe ..., die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen."
In Bezug auf die Funktion [13] eines Erzeugnisses ist nun prinzipiell zu prüfen, ob das Erzeugnis gezielt eine metabolische, immunologische oder pharmakologische Wirkung bezweckt. Nur wenn dies zu verneinen ist, kann ein Lebensmittel (z. B. ein Nahrungsergänzungsmittel oder ein diätetisches Lebensmittel) vorliegen. Mit anderen Worten: Alle Produkte, die bestimmungsgemäß metabolisch, immunologisch oder pharmakologisch wirken sollen, können grundsätzlich keine Lebensmittel sein! Hier ist anzumerken, dass diese Termini selbst innerhalb verschiedener Naturwissenschaftsdisziplinen teilweise unterschiedlich verwendet werden und daher – zumindest aus naturwissenschaftlicher Sicht – keine absolute Grenzziehung ermöglichen [14].
Ergibt die Prüfung eines Produktes keine eindeutige Einordnung als Arzneimittel oder als Lebensmittel oder bestehen Zweifel am Produktcharakter, so ist gemäß. Art. 1 Nr. 2 Richtlinie 2004/27/EG – und abweichend vom früher geltenden Recht – von einem Arzneimittel auszugehen ("Zwitterregelung").
Informationen für die Öffentlichkeit
Eine weitere Veränderung betrifft die Befugnis der Behörden, die Öffentlichkeit zu informieren, wenn ein zum Verzehr ungeeignetes Lebensmittel in den Verkehr gelangt ist oder der hinreichende Verdacht besteht, dass ein Erzeugnis ein Risiko für die menschliche Gesundheit mit sich bringen kann (§ 40 LFGB). Nicht durchgesetzt werden konnte hingegen die ursprüngliche geplante Auskunftspflicht der Behörden, die den Verbraucher auch auf ungesicherter Datenbasis über Gesundheitsgefahren, Herkunft und Kennzeichnung von Erzeugnissen unterrichten sollten [15].
Was bleibt bestehen?
Die gesonderten Vorschriften der NemV sowie der DiätV bleiben durch die Neuordnung des Lebensmittelrechts unberührt. Gleiches gilt z. B. für die allgemeinen Kennzeichnungsvorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) und der Nährwertkennzeichnungsverordnung (NKV) sowie den Vorschriften der Zusatzstoffzulassungsverordnung (ZZulV) und der Zusatzstoffverkehrsverordnung (ZVerkV). Auch die grundlegenden Vorschriften zum Gesundheits- und Täuschungsschutz bleiben in wesentlichen Teilen erhalten.
Die Verbote zum Schutz der Gesundheit sind in § 5 LFGB zusammengefasst. Der Inhalt dieser Vorschrift beruht weitgehend auf den Regelungen des alten § 8 LMBG. Auch die Vorschriften zum Schutz vor Täuschung nach § 11 LFGB sind weitgehend aus § 17 LMBG übernommen worden. Lediglich das ehemalige Verbot von Reinheitsbezeichnungen (vormals § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG) wird vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH [16] im LFGB nicht fortgeführt. Das Verbot der krankheitsbezogenen Werbung gemäß § 12 LFGB entspricht ebenfalls den bekannten Krankheitswerbeverboten des § 18 LMBG. Für diätetische Lebensmittel bleiben die in § 3 DiätV explizit aufgeführten Ausnahmen von diesem Verbot unberührt.
Vorschriften zu Zusatzstoffen
Der deutsche Gesetzgeber überführte außerdem den "tradierten" Zusatzstoffbegriff sowie das Zusatzstoffverbot des LMBG ins LFGB. Der nun in § 2 Abs. 3 LFGB weiterlebende Zusatzstoffbegriff des § 2 LMBG sorgte für viel Kritik und Auseinandersetzungen [17]. Vielfach wird die Auffassung vertreten, dass die Haltung des deutschen Gesetzgebers zum Begriff des Zusatzstoffes nicht den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes entspricht, da im Gemeinschaftsrecht (Zusatzstoff-Rahmenrichtlinie 89/107/EWG [18]) Stoffe vom Zusatzstoffbegriff herausgelöst sind, die Lebensmitteln zu ernährungsphysiologischen Zwecken zugesetzt werden.
Im Klartext bedeutet dies, dass das LFGB Stoffe, die zu ernährungsphysiologischen Zwecken verwendet werden, auch weiterhin vom Zusatzstoffbegriff erfassen kann und deren Zusatz gemäß § 6 LFGB verboten ist. Vom Zusatzstoffbegriff ausgenommen sind lediglich Stoffe natürlicher Herkunft oder Stoffe mit einer naturidentischen Struktur, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung wegen ihres Nährwertes verwendet werden. Das bedeutet zunächst, dass jeder Stoff, der einem Lebensmittel zur Erzielung bestimmter Eigenschaften oder Wirkungen zugefügt wird als Zusatzstoff gilt und damit prinzipiell einer Zulassungspflicht unterliegt.
Ausnahme: Der Stoff wird nach allgemeinem Verständnis wegen seines Ernährungscharakters verwendet. Das trifft sicherlich unzweifelhaft z. B. auf Mineralstoffe und Aminosäuren zu. Allerdings bleiben Mineralstoffe ebenso wie die Vitamine A und D sowie Aminosäuren und deren Derivate unabhängig davon den Zusatzstoffen gleichgestellt. Was Vitamine und Mineralstoffe angeht, so sind allerdings für Nahrungsergänzungsmittel die in den Anlagen 1 und 2 NemV und für diätetische Lebensmittel die in Anlage 2 DiätV aufgeführten Stoffe weiterhin zulässig. Problematisch bleibt die Verwendung von Aminosäuren in Nahrungsergänzungsmitteln. Ohne entsprechende Ausnahmeregelungen greift hier das Zusatzverbot uneingeschränkt.
In der Praxis empfiehlt sich immer die Prüfung, ob die Stoffe, die einem Präparat zugesetzt sind, zunächst mit der Anlage 1 u. 2 NemV (bei Nahrungsergänzungsmitteln) bzw. der Anlage 2 DiätV (bei diätetischen Lebensmitteln) übereinstimmen. Sind Stoffe zugesetzt, die nicht in diesen Anlagen gelistet sind, so muss regelmäßig eine explizite Erlaubnis vorliegen (bei Produkten von inländischen Herstellern eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 68 LFGB vormals § 37 LMBG; bei Produkten ausländischer Hersteller eine Allgemeinverfügung gemäß § 54 LFGB vormals § 47 a LMBG).
Für diätetische Lebensmittel sind außerdem die in Anlage 2 DiätV aufgeführten Aminosäuren sowie deren Derivate zulässig. Die Fortführung des bisherigen Zusatzstoffrechts bereitet somit auch künftig Schwierigkeiten bei der Verwendung anderer Stoffe, die zu ernährungsphysiologischen Zwecken Verwendung finden, für die hingegen keine explizite Zulässigkeit durch die NemV bzw. die DiätV bestehen. In diesem Zusammenhang sind beispw. Lycopin [19] und Lutein zu nennen sowie bestimmte Pflanzenextrakte und insbesondere Isolate aus Pflanzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Für die in der Apotheke wichtigen Lebensmittelgruppen – Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel – sind durch die Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts grundsätzlich keine unerwarteten Änderungen aufgetreten.
- Erstmals ist nun auch "amtlich" bestätigt, dass die europäische Lebensmitteldefinition des Art. 2 BasisV im deutschen Recht uneingeschränkt anzuwenden ist (§ 2 Abs. 2 LFGB). Im Zuge der 14. AMG-Novelle wird statuiert, dass sich die Abgrenzungsfrage "Lebensmittel oder Arzneimittel?" an den Vorschriften des LFGB orientiert, die insofern anhand des Lebensmittelbegriffes vorzunehmen ist.
- In der Praxis ist aufgrund der geänderten Arzneimitteldefinition nunmehr der Arzneimittelbegriff gemäß Art. 1 Richtlinie 2004/27/EG anzuwenden. Dementsprechend muss geprüft werden, ob durch ein Präparat gezielt physiologische Funktionen durch metabolische, immunologische oder pharmakologische Wirkungen beeinflusst werden sollen.
- Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist anzumerken, dass diese Begriffe nicht absolut definierbar sind und keine klare Grenzziehung ermöglichen. Es bleibt abzuwarten, welche Praxis sich in der Rechtsprechung durchsetzt. Man wird hier gewiß nicht fehlgehen in der Annahme, dass die Problematik der Abgrenzungsfrage auch in Zukunft bestehen bleibt.
- Die Vorschriften zum Gesundheits- und Täuschungsschutz sowie die Zusatzstoffproblematik bleiben weiterhin im Grundsatz bestehen, sodass hier in der Praxis keine wesentlichen Änderungen zu erwarten sind.
- Insgesamt ist fraglich, ob das komplexe Regelungswerk des LFGB eine Erleichterung für Praxis bringt, wie dies vom Gesetzgeber beabsichtig ist. Die teilweise getrennten und gemeinsamen Abschnitte zu Lebens- und Futtermitteln sowie die Verweise auf die BasisV dürften die Rechtsanwendung in der Praxis eher erschweren als erleichtern. Ein Rückgriff auf fachliche Hilfe bei der Rechtsanwendung dürfte auch in Zukunft erforderlich sein.
Andreas Hahn und Jan Winters
Literatur und Quellen
[1] BGBl. I vom 6. 9. 2005, S. 2617
[2] BGBl. I vom 28. 5. 2004, S. 1011
[3] BGBl. I vom 6. 5. 2005, S. 1161 (Bekanntmachung der Neufassung der DiätV)
[4] Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. EG Nr. L 31, S. 1
[5] Abl. EG Nr. C 325 vom 22. 9. 1992, S. 33
[6] Vgl. Gorny D, Grundlagen des europäischen Lebensmittelrechts, Hamburg: Behr’s Verlag, 1. Aufl. 2003, S. 3
[7] Vgl. Pressemitteilung des BMVEL Nr. 248 vom 7. September 2005; www.verbraucherministerium.de
[8] ABl. 22 vom 9. 2. 1965, S. 369
[9] ABl. Nr. L 297 vom 13. 10. 1992, S. 8
[10] ABl. Nr. L 311 vom 6. 11. 2001, S. 67
[11] Dies geht gleichermaßen aus dem Vorblatt zur 14. AMG-Novelle hervor.
[12] Vgl. Köhler H, Die neuen europäischen Begriffe und Grundsätze des Lebensmittelrechts, GRUR, 10, 2002, S. 845
[13] So genannte „Funktionsarzneimittel“ i.S.d. Art. 1 lit. b Richtlinie 2004/27/EG
[14] Zum Begriff „pharmakologisch“: Hahn A, Hagenmeyer M, „Pharmakologische Wirkung“: Ein untaugliches Abgrenzungskriterium – und seine irreführende Anwendung durch die Rechtsprechung, ZLR, 6/2003, S. 707 – 728
[15] Vgl. Pressemitteilung des BMVEL Nr. 248 vom 7. September 2005; www.verbraucherministerium.de
[16] EuGH, Urt. v. 04.04.2000, Rs. 465/98 „d’arbo naturrein“ ZLR 3/2000, S. 317
[17] Beispielsweise: Hagenmeyer M, Totgesagte leben länger – Die ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe trotzen den Reformbestrebungen ihrer Kritiker StoffR 4/2004, S. 150 – 156; Meyer AH, Das neue LFGB – Gegenentwurf für Zusatzstoffe
und die Anreicherung von Lebensmitteln, ZLR, 12004, S. 21 – 41
[18] ABl. EG Nr. L 40 vom 11. 2. 1989, S. 27
[19] Beispielhaft zu Lycopin: Büttner T, Hahn A, Das Zusatzstoffverbot des § 2 LMBG im Lichte des Europäischen Gemeinschaftsrechts und des Begriffs „Nährwert“, GRUR 2004, Heft 10, S. 815 – 822
(Die Autoren danken Rechtsanwalt Dr. Moritz Hagenmeyer, Hamburg, für seine fachliche Unterstützung.)
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