Arzneiporträt

Phytoöstrogene aus Rotklee

Frauen, die an menopausalen Befindlichkeitsstörungen wie Hitzewallungen leiden, suchen zunehmend eine Alternative zur konventionellen Hormonersatztherapie (HET). Sie vertragen entweder die klassische Hormontherapie nicht oder lehnen diese - etwa aus Furcht vor einem erhöhten Brustkrebsrisiko - ab. Ihnen stehen Phytoöstrogene als pflanzliche Alternative zur Verfügung. Deren östrogenartige wie auch androgen- und progesteronähnliche Wirkungen gleichen die durch Hormonmangel bedingten Beschwerden aus.

Bereits in der Vergangenheit wurde der Nutzen von Pflanzenextrakten aus Soja (Glycine max) und Rotklee (Trifolium pratense) diskutiert. Erklärtes Ziel der Studienarbeit von Beck, Rohr und Jungbauer ist es, die aktuell vorliegenden biochemischen und pharmakologischen Daten im Licht klinischer Aspekte zusammenzufassen. Sie verweisen darauf, dass Präparate und Nahrungsergänzungsmittel unterschiedlicher Struktur und Wirkweise zur Verfügung stehen und legen entsprechende Unterschiede dar.

Soja stellt unter den Nahrungsmitteln bislang die Hauptquelle für Phytoöstrogene dar. Deren drei Hauptgruppen bilden Isoflavone, Lignane und Coumestane. Sowohl Soja- als auch Rotklee-Extrakte enthalten Isoflavone, Rotklee neben den in Soja enthaltenen Verbindungen Genistein und Daidzein zusätzlich deren methylierte Vorstufen Biochanin A und Formononetin.

Bereits in den fünfziger Jahren wurden Isoflavone in Rotklee nachgewiesen und als östrogenartig wirkende Verbindungen erkannt. Pope et al. [1] isolierte Biochanin A aus Rotklee-Extrakten. 1965 zeigte Schultz [2], dass Biochanin A und Formononetin in Rotklee als Glykoside vorkommen.

Biochemische Analysen zeigen eine höhere Bindungsaffinität der Phytoöstrogene zum Östrogenrezeptor β (ERβ) als zu Östrogenrezeptor α (ERα) und verstärken Koregulatoren, die selektiv für die Transkription der Zielgene ERβ nötig sind.

Diese Eigenschaften sind charakteristisch für so genannte selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERMs). Eine weitere Funktion besteht im Agieren als selektive Östrogenenzymmodulatoren (SEEMs). Neben ihrer antioxidativen Aktivität gibt es für Rotklee-Isoflavone Hinweise darauf, dass sie eine protektive Wirkung gegenüber Osteoporose sowie auf das Herz-Kreislauf-System haben.

Um eine solche Wirkung erzielen zu können, bedarf es nach Ansicht der Autoren hoch konzentrierter Isoflavone in standardisierten Mengen. Nur so ist eine exakte Dosierung eines zusätzlich zur Nahrung eingenommenen Phytoöstrogen-Supplements auf Rotklee-Basis möglich. So werden Rotklee-Zuchtsorten mit hohem Isoflavongehalt zur Züchtung für pharmazeutische Zwecke isoliert.

Biologische Aktivität der Rotklee-Isoflavone

Für die Ausübung östrogener Aktivität benötigen Phytoöstrogene besondere strukturelle Merkmale. Die Autoren weisen darauf hin, dass die östrogene Aktivität von Isoflavonen größer als die anderer Flavonoide ist - begründet in der 2-Position des Benzylrings.

In einem Hefe-Modellsystem wiesen Rotklee-Isoflavone eine höhere Östrogenaktivität auf als solche, die auf Soja basierten. Die Transaktivierungsfunktion von ERα und ERβ wurde bei Hefe wieder hergestellt [3]. Der Rezeptor wird zusammen mit einem Reporter-Plasmid, das ein Östrogen-Response-Element (ERE) enthält, wieder hergestellt. Die chemische Quantifizierung der Isoflavone in diesen Präparationen zeigte, dass der Gesamtgehalt an Isoflavonen bei Rotklee-Präparationen höher als bei solchen aus Soja war und dass sich die Isoflavon-Zusammensetzung beider Pflanzen voneinander unterscheidet.

Rotklee als Ergänzung und Alternative zur HET

Für die Entfaltung der biochemischen Aktivität von Phytoöstrogenen ist es wichtig, dass die Isoflavone in einer gut für den Organismus verfügbaren Form vorliegen. Izumi et al. [4] konnten bestätigen, dass aglykonreiche Isoflavon-Nahrungsergänzungen wirksamer als glykosidreiche Produkte sind. Rotklee-Isoflavone enthalten vorwiegend Aglykone, die vom Darm problemlos aufgenommen werden. Aufnahmeprozess und Bioverfügbarkeit hängen zudem eher von den individuellen Gegebenheiten und körperlichen Schwankungen wie dem jeweiligen Zustand der Darmflora als von der Phytoöstrogenquelle selbst ab.

Howes et. al. [5] zogen aus ihren Untersuchungen die Schlussfolgerung, dass die orale Einnahme von 80 mg Rotklee-Isoflavonen täglich ausreicht, um den Plasma-Isoflavonspiegel auf einen Wert anzuheben, der jenem von Menschen entspricht, die regelmäßig sojareiche Nahrung zu sich nehmen.

Einflüsse auf den Steroidhormon-Stoffwechsel

Der molekulare Mechanismus, der der ERβ-Selektvität der Isoflavone zugrunde liegt, ist noch nicht vollständig geklärt. An et. al. [6] vermuten, dass die fehlende Regulation der ERα-vermittelten Gene und die starke Repression der ERβ-vermittelten Gene die Ursache für die niedrige Inzidenz von menopausalen Befindlichkeitsstörungen, Brustkrebs, Endometriumkarzinom, Osteoporose und Herz-Kreislauf-Krankheiten in Ländern mit isoflavonreicher Ernährungsweise sein könnte.

Zhou et. al. [7] zeigten, dass Phytoöstrogene das Prostatatumorwachstum durch direkte Einwirkung auf Krebszellen sowie die Blockierung des Zellzyklus in der G2-M-Phase und die Verstärkung der DNA-Fragmentierung inhibieren können. Für Biochanin A, einem Isoflavon aus Rotklee, wurde nachgewiesen, dass es die androgenvermittelte Transkription von PSA inhibiert. So könnte laut Aussage der Autoren künftig Prostatakrebs-Patienten, die aufgrund einer Hormon-Ablationstherapie unter Hitzewallungen leiden, die ergänzende Gabe von Isoflavonen Linderung verschaffen.

Phytoöstrogene zeigen auch Wirkungen auf verschiedene Enzyme wie Aromatase, jenes Enzym, das u.a. Testosteron in Östradiol umsetzt. Es wird durch Phytoöstrogene inhibiert. Isoflavone üben ihre inhibitorische Wirkung auf viele Schlüsselenzyme des Steroidhormon-Stoffwechsels aus. Dadurch wird der Spiegel aktiver Hormone in den entsprechenden Geweben erniedrigt. Viele Krebstypen der Reproduktionsorgane sind hormonabhängig, und eine Senkung des aktiven Hormonspiegels führt dazu, dass kein Zellwachstum stattfindet. Dies ist ein Hinweis darauf, dass eine isoflavonreiche Ernährung krebspräventive Wirkung haben kann.

Fazit und Ausblick

Die Autoren der Meta-Studie fordern eine Neuinterpretation des Fragenkomplexes, ob Östrogene eine gefäßschützende Wirkung haben. Zudem verweisen sie auf Clarkson und Anthony [8], die die vorteilhafte Wirkung von Phytoöstrogenen auf die koronare Herzkrankheit mit ihren antioxidativen Eigenschaften, die von der hormonellen Wirkung völlig unabhängig sind, erläutern.

Phytoöstrogene stimulieren Osteoblasten, Zellen, die für das Knochenwachstum zuständig sind, nicht aber eine Inhibierung der Osteoklasten. Dies zeigt die unterschiedlichen Wirkungsmechanismen von Isoflavonen und Phytoöstrogenen auf. In der Blockierung von Entzündungsgenen durch Genistein sehen die Autoren etwa vielversprechende Möglichkeiten zur künftigen Prävention entzündlicher Krankheiten.

Weitere Studien zur Langzeitverträglichkeit von Isoflavon-Präparationen seien ebenfalls erforderlich, um die Wirkung von Phytoöstrogenen hinsichtlich der Minderung menopausaler Störungen hinreichend untersuchen zu können. Auf diese Weise ließen sich nicht zuletzt die molekularen Wirkungsmechanismen von Pflanzenextrakten weiter klären, so die Auffassung von Beck, Ruhr und Jungbauer.

V. Beck, U. Rohr und A. Jungbauer

Literatur 
[1] G. S. Pope, P. V. Elcoate, S. A. Simpson, D. G. Andrews, Isolation of an oestrogenic isoflavone (biochanin A) from red 
clover, Chem. Indus. (1953) 1092. 
[2] G. Schultz, Isoflavone glucoside formononetin-7-glucoside and biochanin A-7-glucoside in Trifolium pratense; Naturwissenschaften 52 (1965) 517. 
[3] A. Jungbauer, V. Beck, Yeast reporter system for rapid determination of estrogenic activity, J. Chromatogr. B Anal. Technol. Biomed. Life Sci. 777 (2002) 167. sowie C. R. Lyttle, P. Damian-Matsumura, H. Juul, T. R. Butt, Human estrogen-receptor 
regulation in a yeast model system and studies on receptor agonists and antagonists, J. Steroid Biochem. Mol. Biol. 42 (1992) 677 – 685. 
[4] Izumi, M. K. iskula, S. Osawa et. al., Soy isoflavone aglycones are absorbed faster and in higher amounts than their glucosides in humans. J. Nutr. 130 (2000) 1695 – 1699. 
[5] J. Howes, M. Waring, L. Huang et. al., Long-term pharmacokinetics of an extract of isoflavones from red clover (Trifolium pratense), J. Altern. Complement. Med. 8 (2002) 135 – 142. 
[6] J. An, C. Tzagarakis-Foster, T. C. Scharschmidt et. al., Estrogen receptor beta-selective transcriptional activity and recruitment of coregulators by phytoestrogens, J. Biol. Chem. 276 (2001) 17808 – 17814. 
[7] J.-R. Zhou, E. T. Gugger, T. Tanaka et. al., Soybean phytochemicals inhibit the growth of transplantable human prostate 
carcinoma and tumor angiogenesis in mice, J. Nutr. 129 (1999) 1628 – 1635. 
[8] T. B. Clarkson, M. S. Anthony, Phytoestrogens and coronary heart disease, Baillieres Clin. Endocrinol. Metab. 12 (1998) 
589 – 604.

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