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Arzneimittel und Therapie
Wie gefährlich ist Ezetimib?
DAZ
Rhabdomyolyse ist eine Nebenwirkung, die nachgewiesenermaßen unter einer Statinbehandlung auftreten kann. Das Risiko ist umso größer, je höher die Dosis des verwendeten Statins ist. Die Kombination des Cholesterinresorptionshemmers Ezetimib mit Statinen ermöglicht es, LDL-Zielwerte mit deutlich geringeren Statindosierungen zu erreichen, als das mit einer Statinmonotherapie der Fall ist. Verbunden damit war auch die Hoffnung, das Nebenwirkungsrisiko zu reduzieren. Wie ist die Situation jetzt nach Berichten über Rhabdomyolyse und Myalgien sowohl unter Ezetimib alleine als auch unter der Kombination mit Statinen zu bewerten?
Schunack:
Was die Rhabdomyolyse anbetrifft, so ist zunächst zu beachten, dass sie zwar ein schwerwiegendes klinisches Symptom darstellt, jedoch mit ganz unterschiedlicher Ätiologie. Dabei spielen sowohl exogene Faktoren (z.B. Traumata) als auch endogene Störungen des Intermediärstoffwechsels sowie genetisch bedingte Störungen eine auslösende Rolle. Die häufigsten Ursachen für eine Rhabdomyolyse sind extreme körperliche Belastung (z.B. Marathonläufe) und Hitzeeinwirkung.
Traumatische Schäden (z.B. Verbrennung, Elektroschock) führen zu einer direkten Muskelschädigung. Daneben kann Rhabdomyolyse u.a. auch durch Infektionen, chronischen Alkoholmissbrauch, Hypokaliämie sowie durch Medikamente (Statine, Fibrate, Zidovudin, Vincristin) und verschiedene Toxine ausgelöst werden. Patienten, die bereits eine Myopathie unter einem Statin erlitten, sowie Schwerkranke z.B. Tumorpatienten, HIV-Patienten, sind besonders gefährdet. Die Zahl der Fälle unter Monotherapie mit Ezetimib (Ezetrol®) ist sehr klein, zudem konnte ein kausaler Zusammenhang nicht nachgewiesen werden.
In Deutschland wurden in Anwendungsbeobachtungen bei über 150.000 Patienten Erfahrungen zu Ezetimib erfasst. Hierbei wurde über keine Rhabdomyolyse berichtet. Eine Erhöhung der Kreatinin-Clearance trat in 0,02 % der Fälle auf.
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Als weitere neue Nebenwirkungen werden eine akute Pankreatitis, Hepatitis und Thrombozytopenie genannt. Auch sie sollen sowohl unter Ezetimib-Monotherapie als auch unter Kombination von Ezetimib mit einem Statin aufgetreten sein. Wie sind diese Nebenwirkungen einzuschätzen?
Schunack:
Die im "Dear Health Care Professional Letter" weiterhin benannten unerwünschten Ereignisse Pankreatitis, Hepatitis und Thrombozytopenie sind die Folge der Auswertung von Pharmakovigilanzberichten. Es handelt sich um seltene Nebenwirkungen. Dabei sollte man beachten, dass nach Markteinführung jedes neuen Produktes – insbesondere zur Vermeidung späterer Regressansprüche – von Zeit zu Zeit Aktualisierungen von Fach- und Gebrauchsinformationen vorgenommen werden. Im Übrigen sind in Deutschland bereits Übelkeit, Pankreatitis und erhöhte Transaminasen in der Fach- und Gebrauchsinformation von Ezetrol® enthalten.
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Neu und unerwartet sind Hinweise auf Interaktionen mit Warfarin, in der Fachinformation von Ezetimib werden sie noch ausgeschlossen. Wie lassen sich diese erklären?
Schunack:
Mögliche Interaktionen zwischen Ezetimib und Warfarin waren bisher nicht beschrieben worden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass nur Menschen mit einem spezifischen Metabolisierungsverhalten, das von dem der Mehrheit abweicht, von einer solchen Interaktion betroffen sind. Bis zur Klärung des Sachverhaltes sollte bei Patienten, die begleitend Warfarin bekommen, die Blutgerinnungswerte routinemäßig überwacht werden. In Deutschland wird bekanntlich im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern Phenprocoumon (z.B. Marcumar®) anstelle von Warfarin verwendet. Auch von daher dürfte diese Interaktion zahlenmäßig gering bleiben.
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Wie bewerten Sie das therapeutische Potenzial von Ezetimib nach dieser Diskussion um neu aufgetretene Nebenwirkungen?
Schunack:
Das therapeutische Potenzial von Ezetimib schätze ich nach wie vor sehr hoch ein. Der Cholesterin-Resorptionshemmer ist der ideale Partner für die Statine, die bekanntlich die endogene Cholesterinsynthese hemmen. Die unterschiedlichen Wirkmechanismen führen zu einer komplementären Cholesterinsenkung, wohingegen die Verdoppelung einer Statindosis nur eine zusätzliche LDL-Absenkung von 6% erbringt. Daher erreichen Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit und häufig hohen LDL-Ausgangswerten ihren Ziel-LDL-Wert von unter 100 mg/dL trotz mehrfacher Dosissteigerung meistens nicht. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Sicherheitsprofil von Ezetimib keinen Anlass zur Sorge bereitet.
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Herr Professor Schunack, wir danken Ihnen für das Gespräch!
1 Kommentar
Ezetemib
von Nmg am 02.01.2020 um 3:03 Uhr
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