Selbstmedikation

Blähungen – vom Winde verweht...

Luft- oder Gasansammlungen im Darm oder in der freien Bauchhöhle werden unter Medizinern Meteorismus oder Flatulenz genannt. Blähungen führen zu Völlegefühl und einem Unwohlsein oder schließlich zu Windabgang, der für Betroffene und Begleitpersonen sehr störend sein kann. Durch einfache Verhaltensregeln kann man die meisten Blähungen vermeiden. Karminativa z. B. als Tees mit Fenchel, Kümmel, Anis oder Pfefferminze wirken entblähend und beruhigend auf Magen und Darm.

 

Luftschlucken

Gasansammlungen im Magen und Duodenum entstehen überwiegend durch Luftschlucken (Aerophagie). Es handelt sich hierbei um ein häufig unbewusst auftretendes, in der Regel harmloses Symptom vor allem bei psychischen oder vegetativen Störungen, aber auch im Rahmen organischer Magenerkrankungen. Im Vordergrund stehen hier Völle- und Blähungsgefühl, Magenschmerzen und Übelkeit. Luft entweicht durch Aufstoßen (Rülpsen), die gewünschte Erleichterung bleibt aber oft aus.

Stärker betroffene Patienten leiden zusätzlich unter pektanginösen Herzbeschwerden und Herzrhythmusstörungen. Dieser Symptomenkomplex ist unter dem Namen Roemheld-Syndrom bekannt. Er kommt vor allem bei Männern vor. Durch die Gasansammlung im oberen Bauchraum kommt es zu einem Zwerchfellhochstand und damit auch zu einer Verlagerung des Herzens und einer Beeinträchtigung der Herzarbeit.

Eigenbehandlung der Aerophagie

Zur Behandlung des Luftschluckens werden neben ärztlich verordneten Prokinetika vor allem Maßnahmen der Eigenbehandlung notwendig:

  • bewusst langsamer essen und trinken;
  • Schluckakt nur während der Ausatmung;
  • Getränke zu den Mahlzeiten meiden;
  • keine Trinkhalme benutzen;
  • Kaugummikauen und Bonbonlutschen vermeiden.

Hauptproblem: Flatulenz

In tieferen Darmabschnitten entstehen Gasansammlungen durch Fäulnis- und Gärungsprozesse entweder bei Zufuhr schwer verdaulicher Nahrungsmittel oder bei verschiedenen organischen oder funktionellen Erkrankungen. Als größtes Problem wird bei den betroffenen Patienten der Windabgang, medizinisch Flatulenz, angesehen.

Nun sind Blähungen ohne weitere Begleitsymptome und Beschwerdefreiheit nach Stuhlgang oder Windabgang ohne Krankheitswert. Aus diesem Grund werden Betroffene von vielen Ärzten belächelt und in die Selbstmedikation vertröstet. Dabei sind vor der Selbstbehandlung organische Ursachen auszuschließen. Dazu müssen in der Apotheke die richtigen Fragen gestellt werden:

Was ist die Ursache für Ihre Blähungen?

Meist wissen die Patienten genau, was ihre Blähungen auslöst bzw. ausgelöst hat. Blähende Speisen sind Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte, aber auch Zwiebeln und Knoblauch und individuelle verschiedene Gemüsesorten. Auch Nahrungsmittelzusätze, wie z. B. Zuckeraustauschstoffe können eine vermehrte Gasentwicklung auslösen. Bei den Arzneimitteln sind vor allem Antibiotika und Acarbose zu nennen. Oft treten Blähungen auch im Anschluss an eine akute Gastroenteritis mit Durchfall und Erbrechen auf. Bei bekannter Ursache ist eine Selbstmedikation ohne weiteres möglich. Bleibt die Ursache unbekannt, kann eine ärztliche Diagnose erforderlich sein.

Kennen Sie diese Beschwerden oder treten Sie bei Ihnen zum ersten Mal auf?

Neu auftretende Blähungen sind besonders zu beobachten. Sie sollten genauso schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind. Ansonsten kann eine ärztliche Diagnose erforderlich werden.

Welche anderen Beschwerden haben Sie noch?

Eine akute Verstopfung in der Kombination mit kolikartigen Schmerzen oder einem harten aufgeblähten Bauch ist der dringende Hinweis auf einen Darmverschluss (Ikterus). Eine ärztliche Behandlung ist sofort anzuraten. Zusätzlich auftretende Übelkeit und fettige Durchfälle können ein Hinweis auf Pankreaserkrankungen sein. Bei allen Erkrankungen, die mit starken Allgemeinsymptomen, wie Schwäche, Müdigkeit und Gewichtsverlust einhergehen, ist immer an schwere Grunderkrankungen zu denken, die ärztlich abgeklärt werden müssen.

Behandlung von Blähungen

Wenn die Antworten des Patienten ergeben haben, dass die Blähungen keinen Krankheitswert aufweisen, kann als erstes der Patient über die Harmlosigkeit der Beschwerden aufgeklärt werden. Oft steigern sich die Patienten in die Vorstellung hinein, ernsthaft krank zu sein. Diese Vorstellung kann zu einer Verstärkung der Symptome führen bis dahin, dass die eigentlich harmlosen Beschwerden als unerträglich empfunden werden. Zur Behandlung stehen Entschäumer, pflanzliche Karminativa und Prokinetika zur Verfügung.

Entschäumer, wie Dimeticon oder Simeticon, bewirken eine Auflösung von Gasschäumen durch eine Veränderung der Oberflächenspannung der Gasbläschen. Dadurch verbessert sich die intestinale Gasresorption und wird der Gastransport in Form kleinerer Bläschen erleichtert. Eine regelmäßige Einnahme ist sinnvoll. Die Wirkung erfolgt erst in tieferen Darmabschnitten, deshalb ist mit einer Wirkverzögerung von bis zu acht Stunden zu rechnen. Einige Dimeticon-Präparate enthalten als Hilfsstoff Lactose und sind deshalb bei Lactasemangel kontraindiziert.

Pflanzliche Karminativa sind vor allem Kümmel-, Fenchel- und Anisöl. Ihr ätherisches Öl wirkt spasmolytisch, gärungswidrig und verdauungsfördernd. Eingenommen werden kann es als Tee oder in Form von Kapseln auch in der Kombination mit Pfefferminzöl.

Prokinetika beschleunigen die Magen-Darm-Passage und verhindern so Gärungsprozesse, die auf zu lange Aufenthaltsdauer zurückzuführen sind. In der Selbstmedikation stehen hier Amara zur Verfügung.

Nur bei nachgewiesenem Mangel von Pankreasenzymen sind Enzympräparate sinnvoll. Es sind hohe Dosen erforderlich, um den Mangel auszugleichen.

Bei Bedarf können Spasmolytika, wie Butylscopolaminiumbromid, Einsatz finden. Als Hausmittel werden hier Kamillen- oder Pfefferminztee eingesetzt.

Ernährungsberatung und Verhaltenstipps

Um Gasentwicklung im Darm zu vermeiden, sollte der Patient seinen Tagesbedarf auf mehrere kleine Mahlzeiten statt auf drei große Mahlzeiten aufteilen. Er sollte sich Zeit lassen und das Essen in ruhiger Atmosphäre einnehmen. Blähende Speisen, wie Hülsenfrüchte und Zwiebelgemüse, sollte er genauso meiden wie kohlensäurehaltige Getränke. In der akuten Phase ist eine fettarme und ballaststoffarme Ernährung zu bevorzugen. Verdauungsfördernde Gewürze, wie z. B. Kümmel, Anis, Koriander, Majoran, Ingwer, können Blähungen vorbeugen.

Zusätzliche Verhaltenstipps sind:

  • Nach dem Essen ist ein Spaziergang empfehlenswert.
  • Die Bauchmassage fördert die Darmbewegung.
  • Enganliegende Kleidung ist zu vermeiden.
  • Die Anwendung von Wärme, z. B. Wärmflasche oder Leibwickel, ist zur Unterstützung geeignet.

Dr. Kirsten Lennecke, Sprockhövel

Ursachen für Blähungen

  • Aerophagie (Luftschlucken)
  • psychische oder vegetative Störungen
  • organische Magenerkrankungen
  • kohlensäurehaltige Getränke
  • Fäulnis- und Gärungsprozesse
  • blähende Nahrungsmittel: Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Knoblauch
  • Maldigestion bei Zöliakie, Pankreasinsuffizienz, Leberzirrhose, Lactasemangel
  • verringerte Ausscheidung bei Verstopfung, Darmverschluss
  • Zirkulationsstörungen durch Darmwandausstülpungen
  • verminderte Gasresorption bei Pfortaderhochdruck

Wichtige Fragen im Beratungsgespräch

 

  • Was ist die Ursache für Ihre Blähungen? Bei bekannter Ursache ist eine symptomatische Behandlung immer möglich.
  • Kennen Sie diese Beschwerden oder treten Sie bei Ihnen zum ersten Mal auf? Bei neu auftretenden Blähungen kann eine ärztliche Diagnose erforderlich werden.
  • Welche anderen Beschwerden haben Sie noch? Zusatzsymptome, wie verändertes Stuhlverhalten, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust, können auf ernste Grunderkrankungen hinweisen.

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