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Arzneimittel und Therapie
Omega-3-Fettsäuren: Kein Beweis für krebsschützende Wirkung
Die Gewebespiegel der Eicosanoide aus Arachidonsäure und Eicosapentaensäure beeinflussen viele physiologische Prozesse, darunter Angiogenese, Apoptose und Zellvermehrung, die bei der Entstehung von Krebserkrankungen eine wichtige Rolle spielen. In-vitro-Untersuchungen und Tiermodelle zeigten für Omega-3-Fettsäuren eine geringe, aber doch signifikante hemmende Wirkung auf Inzidenz, Wachstumsrate und Ausbreitung von Brust-, Prostata-, Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Senken Omega-3-Fettsäuren das Krebsrisiko?
In einer systematischen Literaturrecherche wurden prospektive Kohortenstudien von 1966 bis 2005 zum Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren und der Krebserkrankungsrate beim Menschen zusammengetragen. Mehrere Datenbanken wurden nach entsprechenden Studien durchsucht.
Literaturhinweisen wurde nachgegangen, und Experten aus der Industrie wurden befragt. Zugelassen waren nur Studien, in denen verschiedene Zufuhrmengen der Omega-3-Fettsäuren verglichen wurden. Fall-Kontroll-Studien waren wegen der hohen Gefahr eines systematischen Fehlers ausgeschlossen.
Umfangreiche Literaturrecherche
Von 5145 Arbeiten erfüllten 38 Studien die vorgegebenen Kriterien. Sie hatten an 20 Kohorten in sieben Ländern stattgefunden. In ihnen waren elf verschiedene Krebsarten untersucht worden (Tab. 1). Die Kohorten umfassten rund 6000 bis 121.000 Personen. Die Beobachtungszeit reichte von drei bis 30 Jahre.
In den meisten Studien gaben die Teilnehmer nur zu Beginn ihren Verzehr von Omega-3-Fettsäuren an. Die zugeführte Menge wurde auf unterschiedliche Arten beschrieben:
- Fischverzehr,
- gesamte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren,
- Omega-3-Fettsäuren aus marinen Quellen,
- Zufuhr einzelner Omega-3-Fettsäuren (Alpha-Linolensäure, Eicosapentaensäure, Docosahexaensäure).
Die Krebsinzidenz wurde anhand von Krebsregistern ermittelt.
Berechnet wurde das für mehrere mögliche Einflussfaktoren korrigierte relative Risiko einer Krebserkrankung für Personen aus der Gruppe mit der höchsten Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren im Vergleich zur niedrigsten Zufuhr. Pro Studie konnten mehrere Vergleiche stattfinden; insgesamt wurde der Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren und der Krebserkrankungsrate 65-mal bewertet.
Wegen der großen Heterogenität zwischen den Studien wurden die Daten nicht gemeinsam ausgewertet.
Häufiger untersuchte Krebsarten
Der Zusammenhang der Omega-3-Fettsäure-Zufuhr und der Häufigkeit von Brustkrebs wurde in acht Studien elfmal bewertet. Für die höchste Zufuhr ergaben drei Bewertungen ein reduziertes Brustkrebsrisiko, eine ein erhöhtes. Sieben anderen Bewertungen zufolge bestand kein signifikanter Zusammenhang.
Das Risiko für Kolorektalkarzinome war in einer Studie bei höchster Zufuhr verringert, in 17 weiteren Bewertungen fehlte ein signifikanter Zusammenhang.
Prostatakrebs trat bei höchster Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren laut einer Bewertung mit verringertem Risiko, laut einer anderen für fortgeschrittene Karzinome mit erhöhtem Risiko auf. In 15 weiteren Bewertungen fehlte ein signifikanter Zusammenhang.
Das Lungenkrebsrisiko wurde einmal als erniedrigt, einmal als erhöht und viermal als ohne Zusammenhang zur Omega-3-Fettsäure-Zufuhr eingestuft.
Weitere Krebsarten
Hautkrebs wurde nur in einer Studie untersucht. Hier traten Basaliome bei hoher Omega-3-Fettsäuren-Zufuhr mit einem erhöhten Risiko auf (+13%). Kein signifikanter Zusammenhang fand sich in je zwei Studien für Non-Hodgkin-Lymphome, Ovarialkarzinome und Pankreaskarzinome sowie in je einer Studie für aerodigestive Karzinome (Mund, Rachen, Kehlkopf und Speiseröhre), Blasenkarzinome und Magenkarzinome.
Fazit
In diesem systematischen Review sprachen nur zehn von 65 Bewertungen für einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Omega-3-Fettsäure-Zufuhr und der Krebsinzidenz. Die Ergebnisse waren häufig widersprüchlich. Weder für Krebs insgesamt noch für einzelne Krebsarten zeichnete sich ein Trend ab. Die größten Studien zeigten überwiegend keinen Zusammenhang. Diese umfangreiche Recherche konnte also keine krebsschützende Wirkung der Omega-3-Fettsäuren nachweisen.
Omega-3-Fettsäuren gehören mit den Omega-6-Fettsäuren zur Klasse der ungesättigten Fettsäuren. Omega-3-Fettsäuren besitzen die erste Doppelbindung vom Methyl-Ende aus gerechnet am dritten Kohlenstoffatom, Omega-6-Fettsäuren am sechsten.
Omega-6-Fettsäuren werden meist ausreichend mit der Nahrung aufgenommen (z.B. in Sonnenblumen-, Maiskeim- und Distelöl). Sie können im Körper nicht in Omega-3-Fettsäuren umgewandelt werden.
Ernährungsphysiologisch bedeutsame Omega-3-Fettsäuren sind die in Pflanzen vorkommende Alpha-Linolensäure (ALA) sowie die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA), beide marinen Ursprungs. ALA ist in hoher Konzentration in Leinöl und Perillaöl, in geringerer auch in Raps-, Soja- und Walnussöl zu finden, EPA und DHA in fetten Seefischen, wie Makrele, Hering, Lachs und Tunfisch, sowie in Mikroalgen.
Herzschützende Wirkungen der Omega-3-Fettsäure-Zufuhr sind belegt: Bei Risikopersonen sank die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit mit dem Fischverzehr, Herzinfarktpatienten profitierten von Fisch oder Fischöl-Kapseln.
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