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Anthropometrie: Wohlstand macht groß

Die Körpergröße eines Menschen kann über dessen Erfolg in Liebe und Leben entscheiden. Mehr noch: Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass die Körpergröße als Indikator für ökonomische Ungleichheit herangezogen werden kann.

Die Körpergröße eines Menschen wird durch das elterliche Erbgut, aber auch durch die Lebensbedingungen bestimmt. So haben sich in Europa in den letzten 150 Jahren die hygienischen Bedingungen, die medizinische Versorgung, das Sozialsystem und das Bildungswesen stark verbessert, und aus dem gestiegenen "biologischen Lebensstandard" resultierte ein erhöhtes Längenwachstum. Andererseits haben die häufigen Missernten, die in der "kleinen Eiszeit" zwischen 1550 und 1850 auftraten, das Längenwachstum negativ beeinflusst.

Während im 17. Jahrhundert ein französischer Mann durchschnittlich 1,62 m groß war, misst ein Deutscher heutzutage 1,80 m.

Körpergröße als Parameter

Der Wirtschaftswissenschaftler John Komlos von der Universität München ist daher der Ansicht, dass die Körpergröße ein optimaler Parameter ist, um Wohlstand zu messen. "Pro-Kopf-Einkommen und Pro-Kopf-Sozialprodukt erfassen viele Aspekte der Lebensqualität nicht", so Komlos. Das soziale Gefälle spiegelt sich darin genauso wenig wider wie das Ausmaß an Umweltverschmutzung oder die Qualität der medizinischen Versorgung. Außerdem fehlen für bestimmte Zeitabschnitte und Länder diese Daten; wenn aber Daten über die Körpergröße vorhanden sind, lassen sie nicht nur Rückschlüsse auf die Lebensbedingungen, sondern auch auf das soziale Gefälle von Arm und Reich in der jeweiligen Region zu.

Beispiel: Ackerbauern in Afrika

In diesem Sinne haben Alexander Moradi und Jörg Baten, zwei Tübinger Anthropometriker, die Körperdaten von 200 Gegenden südlich der Sahara für die Jahre 1950 und 1980 miteinander verglichen. Sie fanden dabei auch heraus, dass die Art der Bodennutzung sich auf die Körpergröße auswirken kann: Im Senegal, wo die Bauern auf die Monokultur von Weltmarktprodukten setzten (Erdnüsse), waren die Menschen im Durchschnitt etwa einen Zentimeter kleiner als in West-Äthiopien, wo eine größere Anbauvielfalt herrschte. Baten begründet dieses Phänomen damit, dass in Monokultur-Regionen nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln, sondern auch die medizinische Versorgung schlechter ist. Analog dazu steigt der biologische Lebensstandard in Regionen, die auf Vielfalt setzen; pro zusätzlichem Anbauprodukt nimmt die Körpergröße um drei Millimeter zu, so das Ergebnis der Tübinger Studie.

Erfolg durch Größe

Unbeeinflusst von Umweltbedingungen ist der Größenunterschied zwischen Mann und Frau, denn Jungen wachsen etwa zwei Jahre länger als Mädchen. Das Phänomen scheint evolutionsgeschichtlich bedingt zu sein. Der Wiener Anthropologe Markus Bernhard erklärt es mit der Konkurrenz der Männer um die Gunst der Frauen. So ist es auch noch heute: Wie Untersuchungen belegen, haben größere Männer mehr Erfolg bei Frauen und im Berufsleben. ka

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