Arzneimittel und Therapie

Herzinsuffizienz: Crataegus bringt mehr Lebensqualität

Eine aktuelle Kohortenstudie zeigt, dass mit dem Einsatz eines Crataegus-Spezialextrakts in der Therapie früher Stadien der KHK-assoziierten Herzinsuffizienz eine höhere Lebensqualität des Patienten erreicht wird, ohne dass daraus höhere Therapiekosten resultieren.

Die Anwendungsbeobachtung untersuchte, ob sich die Lebensqualität und die Leitsymptome einer Herzinsuffizienz, die mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) assoziiert ist, unter einer Therapie mit einem Crataegus-Präparat verbessern. Verglichen wurde der Crataegus-Spezialextrakt WS® 1442 (Crataegutt® novo 450), ein Trockenextrakt aus Weißdornblättern mit Blüten, zusätzlich zur Standardtherapie mit der alleinigen Standardtherapie. Betrachtet wurden Patienten mit Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II und einer koronaren Herzkrankheit (KHK). NYHA-II-Patienten sind gekennzeichnet durch Beschwerden (Müdigkeit, Palpitation, Atemnot) bei normaler Belastung und damit verbundener (leichter) Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Die Beobachtung wurde als prospektive, offene, nicht-randomisierte, zweiarmige Kohortenstudie über einen Zeitraum von einem halben Jahr durchgeführt. Die Erhebung erfolgte multizentrisch bei 148 niedergelassenen Ärzten für Innere Medizin und Allgemeinmedizin. Jeder Arzt dokumentierte maximal fünf Patienten aus einer Kohorte. Alle Patienten suchten den Arzt bei Einschluss in die Erhebung wegen ihrer Herzbeschwerden auf.

Die Leitsymptome der Herzinsuffizienz – Leistungsminderung, Müdigkeit, Belastungsdyspnoe und Palpitationen – wurden in einer fünfstufigen Skala bewertet (1 = nicht vorhanden bis 5 = sehr stark). Zusätzlich erfolgte die Dokumentation von Angina-pectoris-Anfällen einschließlich deren Akuttherapie und unerwünschten Ereignissen.

Ausgewertet und verglichen werden konnten insgesamt 158 Patienten in der Crataegus-Kohorte, die 900 mg des Weißdorn-Spezialextrakts zusätzlich zu einer beliebigen Therapie erhielten (z. B. ACE-Hemmer, Diuretika, Nitrate, Lipidsenker, Calcium-Antagonisten oder Herzglykoside) und 158 Patienten in der Standard-Kohorte, die eine beliebige KHK-Therapie erhielten, aber kein Phytotherapeutikum.

Mit Weißdorn deutliche Besserung

Am Beobachtungsbeginn waren alle vier Leitsymptome der Herzinsuffizienz (Leistungsminderung, Müdigkeit, Belastungsdyspnoe und Palpitationen) bei den Patienten der Crataegus-Kohorte tendenziell, jedoch nicht signifikant stärker ausgeprägt als in der Vergleichskohorte. Im Behandlungszeitraum wurde in beiden Kohorten eine Steigerung aller Lebensqualitätsparameter verzeichnet, die für die Crataegus-Kohorte bei allen Kriterien signifikant stärker ausfiel als in der Vergleichs-Kohorte.

Nach sechs Monaten ordneten die behandelnden Ärzte 60% der Patienten der Crataegus-Kohorte, aber nur 44% der Patienten aus der Vergleichs-Kohorte dem Herzinsuffizienz-Stadium NYHA I zu, d. h., diese Patienten gelten aus ärztlicher Sicht als beschwerdefrei. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant.

Die Kohortenstudie kommt daher zu dem Schluss, dass in der betrachteten Indikation die zusätzliche Gabe von Crataegus-Spezialextrakt WS® 1442 bei der Therapie der KHK-assoziierten Herzinsuffizienz über einen Beobachtungszeitraum von einem halben Jahr zu einer stärkeren Verbesserung der Symptome der Herzinsuffizienz und der Lebensqualität der Patienten führt. Die Anwendungsbeobachtung zeigte auch, dass dieser therapeutische Zusatznutzen nicht zu einer Mehrbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung führt, da die Crataegus-Gabe den Bedarf an anderen Arzneimitteln (ACE-Hemmer, Diuretika, Glykoside, Nitrate) verringerte.

Weltweit ist die chronische Herzinsuffizienz eine der häufigsten internistischen Erkrankungen. Für 1995 wurde die Zahl der Erkrankten auf etwa 15 Millionen geschätzt. Die Prävalenz ist altersabhängig, im Alter zwischen 50 und 60 Jahren liegt sie bei etwa 1%, zwischen 65 und 75 Jahren bei etwa 2 bis 5% und bei über 80-Jährigen bei fast 10%. Derzeit entfallen in Deutschland etwa 1 bis 2% der gesamten Gesundheitsausgaben auf Diagnose, Behandlung und Prävention der Herzinsuffizienz. Die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz in westlichen Ländern ist mit 54 bis 70% die koronare Herzkrankheit (KHK).

Koronare Herzkrankheit

Durch Einengung oder Verschluss von Herzkranzgefäßen hervorgerufene Verminderung der Durchblutung. Beschwerden sind Müdigkeit, Herzklopfen, Atemnot, eine Einteilung erfolgt nach der New York Heart Association (NYHA):

  • NYHA I – Beschwerden sind erst bei starker Belastung spürbar, noch keine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.
  • NYHA II – Beschwerden bei normaler (mittlerer) Belastung, leichte Einschränkung der Leistungsfähigkeit.
  • NYHA III – Beschwerden schon bei leichter Belastung, deutliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit
  • NYHA IV – Beschwerden bereits in Ruhe, keine körperliche Tätigkeit ohne erhebliche Beschwerden.

Herzinsuffizienz

Öko-Test untersucht Weißdorn-Präparate

Neben den verschreibungspflichtigen Präparaten zur Behandlung der Herzinsuffizienz gibt es etliche apothekenpflichtige pflanzliche Arzneimittel, die auf Weißdorn basieren. Als Anwendungsgebiet werden entweder die "nachlassende Leistungsfähigkeit des Herzens entsprechend Stadium II nach NYHA" oder die "traditionelle Anwendung zur Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion" angegeben. Öko-Test hat 35 Weißdornpräparate – alle ohne weitere Wirkstoffe – ins Labor geschickt und begutachten lassen. Fazit der Öko-Tester: "Knapp die Hälfte der Produkte sind einen Versuch wert, die andere Hälfte kann man getrost vergessen."

Grundsätzlich gehört die Behandlung der Herzschwäche in die Hände eines Arztes. Zwar wirken Trockenextrakte aus Weißdornblättern mit -blüten in ausreichend hoher Dosierung gefäßerweiternd sowie antioxidativ und steigern zudem die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels. Es stehen jedoch wirksamere Mittel zur Verfügung. So ist für die Behandlung mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen ein Überlebensvorteil aus klinischen Studien gesichert, während ein solches Ergebnis für Weißdorn noch aussteht. Die gut verträglichen Weißdornextrakte werden daher in keinen Therapieleitlinien empfohlen.

Zweimal Prädikat "gut" vergeben

Am besten auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in Studien untersucht sind die Spezialextrakte LI 132 in den Faros® 300 mg, überzogene Tabletten (Lichtwer Pharma GmbH) und WS 1442 in den Crataegutt® novo 450, Filmtabletten (Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG). Sie enthalten als Wirkstoff einen Trockenextrakt aus Weißdornblättern mit Blüten in ausreichend hoher Dosierung (900 Milligramm pro Tag). Bei der unterstützenden Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz waren sie Placebo deutlich überlegen. Daher erhielten diese beiden Präparate das Prädikat "gut". Etliche andere Weißdornpräparate entsprechen hinsichtlich Extraktzusammensetzung und Dosierung zwar den beiden mit "gut" beurteilten Mitteln, für sie liegen aber keine eigenen Studien vor. Da deshalb nur im Analogschluss von einer Wirkung auszugehen ist, vergab Öko-Test in der pharmakologischen Begutachtung bestenfalls ein "befriedigend", wenn ihre Deklaration den Anforderungen der Transparenzkriterien entsprach. Für alle anderen Weißdornzubereitungen im Test – seien es Pulver, Presssäfte oder Extrakte aus den Früchten – liegen keine Wirksamkeitsbelege vor, so Öko-Test. Sie werden "traditionell angewendet zur Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion" und damit können sie nicht als unterstützende Therapeutika zur Behandlung einer Herzinsuffizienz empfohlen werden.

Einige Präparate erhielten noch weitere Abzüge in der Bewertung, wenn die Angaben im Beipackzettel unzureichend waren bzw. als bedenklich oder umstritten geltende Hilfsstoffe enthalten waren. ck

Quelle: Öko-Test 04/2006

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