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Arzneimittel und Therapie
Tiermedizin: Zunehmender Anstieg der Hundemalaria
Die Babesiose ist in ihren Symptomen und dem Krankheitsverlauf der menschlichen Malaria sehr ähnlich, daher wird sie auch als Hundemalaria bezeichnet. In beiden Fällen ist der Erreger ein Blutparasit, der die roten Blutkörperchen zerstört. Der Erreger ist beim Menschen das Plasmodium falciparum, das von der Anophelesmücke übertragen wird. Der Erreger der Babesiose beim Hund hingegen, der Blutparasit Babesia canis canis, wird von der Zecke Dermacentor reticulatus übertragen.
Im Gegensatz zur Schweinepest, BSE oder der Vogelgrippe, über die in der Tagespresse fast bis zur Panikmache berichtet wird, werden in der Öffentlichkeit die anderen für Haustiere ebenso gefährlichen Infektionen übersehen oder gar nicht beachtet. Hierzu zählt auch die Hundemalaria mit ihrem Überträger Dermacentor reticulatus, der bereits in vielen Gebieten in Deutschland autochthon ist. Dieser Parasit, auch Auwaldzecke genannt, kam bis vor wenigen Jahren noch ausschließlich in den wärmeren Ländern Ost- und Südosteuropas oder rund um das Mittelmeer vor. Sie wurden zu uns entweder über Import- oder über Reisehunde eingeschleppt. Berichte aus Gebieten am Oberrhein, aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz sowie aus Berlin-Brandenburg liegen mittlerweile vor: ein Hund kann in fast allen Regionen in Deutschland durch Dermacentor mit Babesia canis canis infiziert werden. Deshalb ist auch in diesem Jahr mit einem weiteren Anstieg dieser Hundekrankheit zu rechnen.
Mit steigender Temperatur geht es los
Bei der Babesiose werden – ähnlich wie bei der menschlichen Malaria – die roten Blutkörperchen zerstört. Besonders tückisch ist die Babesiose deshalb, weil ihre Symptome nur schwer zu erkennen sind – zumindest in der Phase, in der einem betroffenen Vierbeiner noch vergleichsweise einfach geholfen werden kann. Die Krankheit beginnt etwa eine Woche nach einem Zeckenstich mit hohem Fieber, die Tiere erscheinen matt und atmen schneller als üblich. Häufig kommt noch Erbrechen dazu. Ein weiteres Symptom sind blasse, leicht gelb gefärbte Schleimhäute als Folge der Zerstörung der roten Blutkörperchen, Gelbsucht und Blutarmut sind die Folge. In der Regel sterben die Hunde nach etwa zehn Tagen.
Infektionen lassen sich verhindern
Das alleinige Absammeln der Zecken, so sagte Dr. Hans-Joachim Götz, Präsident des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte (bpt), reiche nicht aus, um das Tier tatsächlich vor Infektionen zu schützen. Die infizierten "Zeckenkinder", die Nymphen, so Götz weiter, wären viel zu klein, um sie rechtzeitig nach einem Spaziergang im Fell des Hundes zu erkennen. Das gilt sowohl für den heimischen Ixodes ricinus, der die Borreliose, die canine Anaplasmose und FSME überträgt, als auch für die Zecken Dermacentor reticulatus und Rhipicephalus sanguineus. Erst nach Tagen, also wenn sich die Zecke mit Blut voll gesaugt hätte, könnte sie der Hundehalter sicher bemerken. Dann könnte es aber zur Verhinderung der Infektion viel zu spät sein.
Prof. Dr. Heinz Mehlhorn vom Institut für Parasitologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf empfiehlt, um einen möglichst breiten Schutz gegen Zecken, Flöhe und Mücken zu erreichen, Spot-on-Produkte mit Zweifachwirkung. Zum einen sollten die Stoffe eine starke repellierende Wirkung aufweisen, zum anderen über eine gute akarizide und insektizide Wirkung verfügen. Bei guter repellierender Wirkung werden die Parasiten zu fast 100% vom Hund abgehalten, das heißt, sie lassen sich erst gar nicht auf dem Hund nieder und können ihn deshalb auch nicht infizieren. Ein Beispiel hierfür ist das hochprozentige Permethrin (z.B. exspot®). Hiervon wird 1 ml zwischen die Schulterblätter und bei großen Hunden auch noch 1 ml auf den Schwanzwurzelbereich aufgetragen. Aber nicht immer lässt sich der Kontakt mit Parasiten vermeiden. Wenn sich z.B. ein Hund auf eine Zecke legt, dann kann diese nicht mehr in allen Fällen flüchten. In diesen Fällen muss sie durch die akarizide Wirkung des Permethrin abgetötet werden und zwar so schnell, dass sie nicht mehr ihre Erreger auf den Hund übertragen kann. Wichtiger als die akarizide Wirkung ist aber der Repellenteffekt. Denn Parasiten, die erst gar nicht mehr auf den Hund kommen, können ihn auch nicht infizieren.
Schutz vom Frühjahr bis Herbst
Auch wenn der Zeckendruck noch nicht allzu groß ist, sollte der Hundehalter sein Tier nach Möglichkeit vom Anfang des Frühjahres bis zum Ende des Herbstes vor Zecken schützen. Denn ein einziger Zeckenstich, z. B. von einer infizierten Dermacentor reticulatus, kann zu einer Hundemalaria führen. Hierauf sollte der Tierarzt oder Apotheker den Hundehalter unbedingt aufmerksam machen. Durch die Spot-on-Produkte mit abschreckender und abtötender Wirkung wird der Hund in der Regel über vier Wochen sicher vor den blutsaugenden Parasiten geschützt. Durch diese Maßnahmen schützt der Hundehalter auch sich selbst und seine Familie vor den Parasiten. Wenn Zecken sich nicht auf dem Hund festsetzen, können sie auch nicht über ihn ins Haus getragen werden. Der Mensch kann zwar nicht an der Babesiose erkranken, bei dem Stich unserer heimischen Zecke Ixodes ricinus drohen ihm aber die FSME und die Borreliose.
Vor einiger Zeit hatte man große Hoffnungen in einen Impfstoff gegen Borreliose gesetzt. Diese hat sich nur zum Teil bestätigt. Priv.-Doz. Dr. Straubinger aus Leipzig hat in einer Studie festgestellt, dass die bei uns verwendeten Impfstoffe nur zum Teil einen Schutz gegen die in Deutschland vorkommenden Borrelienarten bieten. Ein Impfstoff, der gegen Borrelia burgdorferi Aktivität zeigt, wirkt nicht gleichzeitig gegen Borrelia afzelii, Borrelia garinii, Borrelia lusitaniae oder Borrelia valaisiana. Alle diese Borrelienarten kommen aber bei uns vor und können sowohl bei Mensch und Hund die Borreliose bewirken. Hinzu kommt, dass durch eine wirksame Impfung nur der Schutz gegen einen Erreger erreicht werden kann, nicht aber gegen alle durch blutsaugende Vektoren übertragenen Infektionen.
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