Stillberatung

Stillhilfsmittel – Hilfe in einer besonderen Zeit

K. Muß / Stillprobleme können besonders in der Anfangszeit, aber auch nach längerer Stillzeit auftreten. Viele Stillschwierigkeiten sind dabei auf unkorrekte Anlegetechnik, zu geringe familiäre Unterstützung oder psychische Belastungen zurückzuführen und in den meisten Fällen vermeidbar. Bei der Abgabe der Hilfsmittel sind Informationen über die richtige Anwendung sehr wichtig. Die Mütter sind dankbar, wenn sie vor dem Kauf eines Stillhilfsmittels optimal beraten werden.

Bei der Behandlung von Stillproblemen steht an erster Stelle das Erkennen der Ursachen und deren Beseitigung! Erst dann greifen auch entsprechende therapeutische Maßnahmen. Je früher die stillende Mutter auf Anzeichen von drohenden Stillschwierigkeiten reagiert, desto rascher und leichter können sie wieder beseitigt werden. Abstillen ist in den seltensten Fällen die Lösung. Gerade bei Stillproblemen stößt die Beratung in der Apotheke rasch an ihre Grenzen. Die betroffene Mutter sollte an eine Hebamme, Still- und Laktationsberaterin IBCLC, oder gegebenenfalls auch an einen Gynäkologen weitergeleitet werden.

Wunde Mamillen

Empfindliche, leicht gerötete Mamillen treten häufig in den ersten Tagen postpartum auf. An die ungewohnte Belastung des häufigen Stillens müssen sich die Brustwarzen erst gewöhnen. Anders bei sehr schmerzhaften, wunden und rissigen Mamillen. Hier ist es wichtig, die Ursache zu finden: Eine ungünstige Stillposition oder unkorrektes Anlegen zählen zu den häufigsten Auslösefaktoren, selten ist falsches Saugverhalten des Babys oder ein zu kurzes Zungenbändchen der Grund.

Maßnahmen bei wunden Mamillen:

  • Auf korrektes Positionieren und Anlegen des Babys achten, eventuell mit Unterstützung der Hebamme oder einer Stillberaterin.
  • Häufig die Stillposition wechseln, um die wunde Stelle zu entlasten.
  • An der weniger schmerzhaften Seite bei jeder Stillmahlzeit beginnen bis Besserung eintritt.
  • In kürzeren Abständen stillen. Das Baby saugt dann nicht so gierig, die Brustwarzen schmerzen dadurch weniger.
  • Nach dem Stillen Muttermilch auf den Mamillen antrocknen und zwischen den Stillmahlzeiten Licht und Luft an die Brustwarzen lassen. Zweimal täglich reines Lanolin (z. B. PureLan®≠ Brustwarzencreme oder Lansinoh®≠ Salbe) hauchdünn auftragen. Viele andere Produkte sind auf Grund ihrer oft komplexen Zusammensetzung und enthaltener Konservierungsmittel nicht zu empfehlen!
  • Stilleinlagen häufig wechseln: Im feuchten Zustand bieten sie eine optimale Grundlage für Keimwachstum.
  • Brustwarzenschoner können zwischen den Stillmahlzeiten eine Hilfe sein, wenn die Reibung der Kleidung an den Mamillen unerträglich ist (cave: nicht in der Nacht). Darin aufgefangene Milch sollte nicht gefüttert werden.

Offene Brustwarzen sind immer Eintrittspforten für pathogene Keime! Daher ist es notwendig, die Mutter auf entsprechende Handhygiene hinzuweisen: Vor jedem Stillen sollte sie sich die Hände waschen!

Milchstau und Mastitis

Eine schmerzhafte, verhärtete oder gerötete Stelle kennzeichnet einen Milchstau. Grippeähnliche Symptome wie leichtes Fieber, Gliederschmerzen oder Mattigkeit können hinzukommen. Ursachen sind meist Stress, eine mangelnde Entleerung der Brust bei zu langen Stillintervallen oder selten auch Stoß- oder Druckeinwirkung wie durch einen zu engen BH.

Maßnahmen bei Milchstau:

  • Feuchtwarme Umschläge fünf Minuten vor dem Stillen erleichtern den Milchfluss.
  • 20 Minuten kühlen nach dem Stillen (Quarkwickel, Cold-Hot-Pack) reduziert die Entzündung.
  • Das Baby mit dem Unterkiefer in Richtung der gestauten Stelle anlegen.
  • Strenge Bettruhe!
  • Weiterstillen bringt die größte Erleichterung, Abstillen verschärft eher die Problematik!

Der Übergang zur Mastitis verläuft fließend. Die Symptomatik verstärkt sich dabei und das Fieber kann steigen. Behandlung erfolgt wie beim Milchstau. Tritt innerhalb von 24 bis 48 Stunden keine Besserung ein, ist die Einnahme eines Antibiotikums notwendig. Als Folge einer verschleppten Mastitis können sich Abszesse bilden.

Zu geringe Milchproduktion

Allzu schnell wird bei vermeintlich zu geringer Milchbildung dem Kind die Flasche gereicht. Eine ausreichende Milchproduktion ist dann gewährleistet, wenn folgende Faktoren zutreffen: Das Kind trinkt von beiden Brüsten und bestimmt selbst die Stilldauer, dabei ist das Schlucken des Kindes zu hören. Mindestens achtmal, besser zehn- bis zwölfmal wird der Säugling innerhalb 24 Stunden gestillt. Das Resultat zeigt sich in wenigstens sechs nassen Windeln und drei- bis viermal Stuhlgang innerhalb 24 Stunden ab dem 6. Tag und in den ersten vier bis sechs Wochen. Das Baby ist aufgeweckt, hat einen guten Muskeltonus und glatte Haut und es ist meist zufrieden nach dem Stillen – satte Babys können aus anderen Gründen unruhig sein! Die Gewichtszunahme bewegt sich zwischen 120 und 250 g pro Woche, das Geburtsgewicht ist nach 14 Tagen postpartum wieder erreicht und mit fünf bis sechs Monaten verdoppelt.

Sind diese Punkte nicht annähernd erfüllt, so liegt tatsächlich eine zu geringe Milchproduktion vor. Hervorstehende Merkmale sind dabei eine sich abzeichnende Gedeihstörung sowie eine fortwährende Unzufriedenheit des Babys. Mit folgenden Maßnahmen kann versucht werden, die Laktation zu steigern:

  • auf optimales Anlegen und erfolgreichen Milchtransfer achten
  • häufiges Anlegen (tagsüber zweistündlich, nachts alle drei bis vier Stunden), Wechselstillen sind die wichtigsten Schritte
  • tagsüber nach jedem Stillen die Brust zehn Minuten stimulieren mit einer elektrischen Intervallmilchpumpe (Doppelpumpset!)
  • zu hohe Flüssigkeitsaufnahme vermeiden

Zeigen diese Maßnahmen keinen Erfolg, sollte unbedingt eine Still- und Laktationsberaterin IBCLC hinzugezogen werden. Sie ist Spezialistin für besondere Stillprobleme.

Hypergalaktie: zu viel des Guten

Normalerweise stellt sich die Brust innerhalb der ersten Wochen auf den Bedarf des Säuglings ein. In diesem Zeitraum kann ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage an Muttermilch auftreten. Die Mutter klagt bei Milchüberschuss häufig über zu pralle Brüste, die Milch kann sich leichter stauen. Ursache kann auch ein zu früher Wechsel von der ersten zur zweiten Brust sein, zu häufiger Seitenwechsel oder zusätzliches Pumpen.

Maßnahmen bei zu reichlicher Milchproduktion

  • nur eine Brust anbieten, die zweite durch kurzes (!) Ausstreichen der Milch mit der Hand oder Anpumpen mit einer (Hand-)Milchpumpe entlasten
  • nur so wenig entleeren, bis sich die Mutter wieder wohl fühlt, sonst wird die Milchbildung noch mehr angeregt
  • zwei bis vier Tassen Salbei- oder Pfefferminztee trinken

Verschluckt sich das Baby häufig, weint an der Brust und leidet vermehrt unter Blähungen, spritzt die Milch wahrscheinlich zu stark in den Mund des Kindes. Abhilfe bringt hier das Stillen in aufrechter Position oder kurzes Ausstreichen bzw. Anpumpen der Brust.

Brustwarzenformer und Brustwarzenschutz

Das Angebot an Stillhilfsmitteln umfasst mittlerweile ein beträchtliches Sortiment. In einigen Situationen können sie für die stillende Mutter und ihr Baby sehr hilfreich sein. Im Normalfall benötigt die Mutter jedoch keine Stillhilfen.

Bei starkem initialem Milcheinschuss ist die Brust sehr prall und die Mamillen abgeflacht. In dieser Situation sind Brustwarzenformer hilfreich. Durch die Druckeinwirkung wird der Bereich um die Areola weicher, der Säugling kann die Mamille leichter erfassen. Das Tragen von Brustwarzenformern bei hohlen oder flachen Mamillen gegen Ende der Schwangerschaft zum Hervortreten der Brustwarzen wird kontrovers diskutiert. Kurzes Anpumpen unmittelbar vor der Stillmahlzeit hat den gleichen Effekt und ist für viele Mütter angenehmer als Brustwarzenformer zu tragen.

Frauen mit sehr wunden Mamillen und entsprechenden Schmerzen ertragen häufig die kleinste Berührung der Kleidung nicht mehr. Das Tragen eines Brustwarzenschutzes bringt für diese Mütter Erleichterung. Durch die eingestanzten Löcher kann die Luft in den Schalen gut zirkulieren, die Wundheilung wird dadurch unterstützt. Längeres oder nächtliches Tragen ist jedoch nicht zu empfehlen, da der Druck der Schalen auf die Brust zu einem Milchstau führen kann.

Stillhütchen

Stillhütchen, auch Saug- oder Brusthütchen genannt, gibt es in verschiedenen Ausführungen und Größen. Die neuesten Modelle bestehen aus hauchdünnem, transparentem, flexiblem Silikon und sind geschmacksneutral. Zu bevorzugen sind Stillhütchen mit "Ausschnitt", die Mutter und Kind wenigstens geringen Hautkontakt ermöglichen. Brusthütchen stellen kein Allheilmittel dar und sollten daher nur kurzfristig zum Überbrücken bei folgenden Stillproblemen eingesetzt werden: Flach- oder Hohlwarzen, sehr wunde Mamillen (Ursache abklären, nur kurz anwenden, kein prophylaktischer Einsatz!), schwacher Saugreflex des Babys (orale Stimulation von Frühgeborenen).

Stillhütchen werden angewendet, um das Kind an die Brust zu bringen und es an der Brust zu halten. Sie sind einfach in der Anwendung, billig, leicht zu reinigen und nicht abschreckend für die Mutter. Der Einsatz eines Stillhütchens muss dennoch gründlich abgewogen werden! Denn zu schnell gewöhnen sich die Säuglinge an dieses Hilfsmittel und wollen dann nicht mehr ohne gestillt werden. Das Saugen an einem Stillhütchen ähnelt sehr der Saugtechnik an einem Schnuller oder Flaschensauger. Das Baby hat nach dem Hütchen-Saugen Probleme die Brust richtig zu erfassen und zu entleeren. Außerdem findet durch die Silikonbarriere kein Austausch von Hautkeimen zwischen Mutter und Kind statt. Auch Pilzinfektionen können sich unter dem Hütchen im feucht-warmen Milieu rascher bilden. Ein weiteres Negativum: Die Bruststimulation ist beim Stillen mit Saughütchen herabgesetzt und kann auf Dauer zur Verminderung der Milchmenge führen.

Pflege für stark beanspruchte Brustwarzen

Die Fett- und Feuchtigkeitsregulierung der Mamillen ist Aufgabe der Montgomery-Drüsen (siehe Teil 1 der Stillserie in DAZ 13/2006, S. 52). Daher benötigen intakte Brustwarzen keine Anwendung von Salben – auch nicht prophylaktisch, um wunden Mamillen vorzubeugen. Bei sehr trockenen, wunden, rauen oder rissigen Mamillen hat sich hochgereinigtes Wollwachs (fälschlicherweise oft als Lanolin bezeichnet) bewährt. Es bildet einen Schutzfilm, der die Feuchtigkeit im Gewebe hält, Schorf- und Krustenbildung vermindert und dadurch die Wundheilung fördert. Außerdem baut es die natürlichen Hautfette wieder auf. Das Wollwachs wird lediglich zweimal täglich hauchdünn aufgetragen, muss vor dem Stillen nicht entfernt werden, ist hypoallergen und geschmacksneutral.

Nicht geeignet für die Anwendung im Bereich der Areola und Mamille sind Salben mit Erdölprodukten in der Salbengrundlage (Vaseline, Paraffin, etc.), adstringierenden Wirkstoffen (Gerbstoffe), Lokalanästhetika (führen zur Hemmung des Milchspendereflexes infolge nervaler Betäubung im Bereich der Areola und Mamille bei der Mutter und zu Saugproblemen beim Kind!), mit Dextrose (Soorgefahr!), Alkohol und Vitaminen. Salben mit den genannten Inhaltsstoffen müssen vor dem Stillen unbedingt entfernt werden. Bei wunden Mamillen ist dies für die Mutter meist schmerzhaft und nicht förderlich für den Wundheilungsprozess.

Stilleinlagen und Brustkompressen

Stilleinlagen gibt es in unterschiedlichen Ausführungen und Materialien. Bewährt haben sich Wolle-Seide-Einlagen. Die Eiweißfasern der Seide schützen die Haut vor Pilz- und Bakterienwachstum und geben die Feuchtigkeit an die Wollfasern ab. Diese saugen die auslaufende Milch auf und dienen gleichzeitig als Wärmehülle. Bei wunden Mamillen können zur Unterstützung der Heilung spezielle Auflagen Anwendung finden, wie Multi-Mam®-Kompressen (basieren auf Aloe-Barbadensis-Gel) oder Mother Mates®≠ Hydrogel-Kompressen. Sie werden zwischen den Stillmahlzeiten in den BH eingelegt. Für Kälte- bzw. Wärmeanwendungen auf der Brust kann der Temperature Pack® eine empfehlenswerte Alternative zu herkömmlichen Cold-Hot-Kompressen sein. Er ist mit einer seitlichen Verlängerung der weiblichen Brust anatomisch angepasst und ermöglicht es so, auch Brustdrüsengewebe in der Achselregion zu behandeln.

Milchauffangschalen

Zum Auffangen der auslaufenden Milch zwischen oder während der Stillmahlzeiten können Milchauffangschalen im BH getragen werden. Das Auslaufen der Milch ist in den meisten Fällen nur ein temporäres Problem. Frauen, deren Milch sehr leicht und auch reichlich zwischen den Stillmahlzeiten ausläuft, greifen gerne auf Milchauffangschalen zurück, insbesondere wenn sie außer Haus gehen. Allerdings können Milchauffangschalen das Ausfließen der Milch durch den andauernden Druck auch provozieren. Bei zu engem BH besteht die Gefahr, dass Milchgänge eingeengt oder abgedrückt werden und sich ein Milchstau bildet. Aus diesem Grund sollten Milchauffangschalen nicht über einen längeren Zeitraum und keinesfalls nachts angewendet werden. Aufgefangene Milch während des Stillens kann nur bei Einhalten strenger Hygieneregeln verfüttert werden!

Stillprobleme können besonders in der Anfangszeit, aber auch nach längerer Stillzeit auftreten. Viele Stillschwierigkeiten sind dabei auf unkorrekte Anlegetechnik oder psychische Belastungen zurückzuführen und in den meisten Fällen vermeidbar. Je früher die stillende Mutter auf Anzeichen von drohenden Stillschwierigkeiten reagiert, desto rascher und leichter können sie wieder beseitigt werden.

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