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Stillberatung
Damit die Milch zur richtigen Zeit fließt
Das Wichtigste für eine erfolgreiche Milchgewinnung ist das Anregen des Milchspendereflexes, denn ohne ihn kann nur eine geringe Milchmenge entleert werden. Hat die Mutter ein zu früh geborenes, krankes oder behindertes Kind, das noch nicht in der Lage ist zu saugen, kann sie mit einer elektrischen Milchpumpe die Milchbildung initiieren und aufbauen. Bewährt hat sich dabei die Handhabung eines Doppelpumpsets. Die Mutter spart dabei Zeit und die Milchproduktion wird wesentlich effektiver angeregt als durch ein Einzelpumpset. Leider übernehmen nur noch wenige Krankenkassen ein Doppelpumpset. Wenn die Mütter jedoch über den Nutzen aufgeklärt werden, so ist eine Großzahl bereit, die Mehrkosten (ca. 19 Euro) selbst zu übernehmen.
Milchpumpen
Um die Milchproduktion effektiv anregen und/oder aufbauen zu können, benötigen die Wöchnerinnen qualitativ hochwertige, elektrische Intervallmilchpumpen. Empfehlenswert sind zum Beispiel Modelle der Firmen Medela® und Ameda® (Vertrieb über Ardo® medicals). Ihre technische Entwicklung erlaubt es, den physiologischen Saugrhythmus eines Kindes nachzuahmen. Sie sind leicht zu bedienen und das Abpumpen gestaltet sich für die Mütter sehr angenehm. Teilweise finden sich aber in einigen Apotheken noch sehr altertümliche Vehikel. Diese Apparaturen sind kompliziert in der Handhabung, unangenehm bis schmerzhaft beim Abpumpen und setzen so die Mütter unter Stress (Adrenalin ist Antagonist von Oxytocin!). Diese Pumpen bergen auch die Gefahr, Brustdrüsengewebe zu verletzen, weil sie ein zu hohes Vakuum aufbauen und die meisten Mütter starken Sog gleichsetzen mit hoher Pumpmenge. Die neue Pumpengeneration vereint höchsten Komfort mit Sicherheit hinsichtlich Unterdruck (230 mmHg) und Hygiene, sowie optimale Effektivität für die Milchproduktion. Um nur hin und wieder Muttermilch zu gewinnen oder kleinere Mengen abzupumpen, eignen sich auch Handmilchpumpen. Genauso wie bei den elektrischen Pumpen, sind auch hier neuere Modelle zu bevorzugen.
Geeignete Aufbewahrungsbehältnisse
Besonders wenn der Säugling überwiegend oder ausschließlich gepumpte Milch erhält, spielt die Qualität der Behältnisse eine wichtige Rolle. Je nach Gefäßmaterial können Substanzen in die Milch abgegeben oder durch Adhäsion der Milch entzogen werden. Erste Wahl unter den Aufbewahrungsgefäßen sind Glasflaschen, gefolgt von Polypropylenflaschen. Klares Hartplastik besteht aus Polycarbonat. Wissenschaftler des Berliner Benjamin Franklin Universitätsklinikums stellten jedoch fest, dass sich aus diesen PC-Flaschen schon bei 37 °C Bisphenol A herauslöst. Dieser hormon-ähnliche Stoff steht in Verdacht Krebs und Fruchtbarkeitsstörungen auszulösen.
Für den Hausgebrauch eignen sich zum Einfrieren von Muttermilch Aufbewahrungsbeutel aus Polyethylen. Gefrierbeutel guter Qualität sind bereits vorsterilisiert und besitzen einen inneren Nylonüberzug für eine geringere Adhäsion von Muttermilchfetten, sowie eine stabile PE-Außenschicht.
Sammeln der Muttermilch
Es können mehrere Mahlzeiten in einer Flasche gesammelt werden, allerdings darf die frische Muttermilch nur abgekühlt zur bereits gesammelten Menge gegeben werden. Bei einem Transport in die Klinik muss strikt auf das Einhalten der Kühlkette geachtet werden!
Muttermilch, die binnen 24 Stunden abgepumpt und im Kühlschrank gesammelt wurde, kann anschließend eingefroren werden. Dabei kann die frische, gekühlte Milch zu schon gefrorener Milch dazu gegeben werden, solange die gefrorene Menge größer ist als die neu hinzugefügte Milch. Dadurch wird das Auftauen der bereits gefrorenen Muttermilch verhindert.
Durch Tiefkühlen wird die Muttermilch zwar auf sehr schonende Art haltbar, allerdings wirkt sich dies negativ auf einige wertvolle Inhaltsstoffe aus: Der Vitamin-C-Gehalt reduziert sich, die Triglycerid-Konzentration vermindert sich, lebende Zellen werden zerstört (Leukozyten zerstört, Lymphozyten reduziert). Außerdem kann ein seifiger Geschmack, hervorgerufen durch Lipolyse der Muttermilchfette, entstehen, den manche Kinder nicht akzeptieren.
Auftauen und Erwärmen der Muttermilch
Gefrorene Muttermilch kann langsam über 24 Stunden im Kühlschrank (+ 4 °C), über einige Zeit bei Raumtemperatur oder rasch unter fließendem kalten und anschließend lauwarmen Wasser (höchstens 37 °C) aufgetaut werden. Diese Milch kann ungeöffnet 24 Stunden, bereits geöffnet 12 Stunden im Kühlschrank aufbewahrt werden. Nach diesem Zeitraum darf sie nicht mehr gefüttert werden.
Auch das Erwärmen der Muttermilch sollte schonend durchgeführt werden unter fließendem warmem Wasser bis die Trinktemperatur erreicht ist oder im Flaschenwärmer. Die Mikrowelle ist dafür nicht geeignet, denn durch die kurzzeitige starke Hitzeeinwirkung entstehen so genannte "heiße Inseln", die Lipase wird zerstört, der Vitamin-C-Gehalt reduziert. Durch Verminderung der IgA- und Lysozymspiegel können sich pathogene Keime – vor allem Escherichia coli – rasant vermehren.
Nicht auf Knopfdruck möglich: Abstillen
Das Beenden der Stillbeziehung primär, also kurz nach der Geburt und vor dem ersten Stillen, erfolgt meist durch Cabergolin oder Bromocriptin (cave: beträchtliche Nebenwirkungen!). Später sollten diese Wirkstoffe nicht mehr eingesetzt werden. Stillt eine Mutter ihr Baby voll und möchte oder muss aus dieser Situation heraus abstillen, sollte sie die Brust häufig kühlen und bei Bedarf durch Ausstreichen von wenig Milch entlasten, jedoch nicht leer pumpen, sonst setzt sie einen erneuten Reiz zur Milchproduktion. Unterstützend wirken zwei bis vier Tassen Salbeitee. Auch homöopathische Mittel können hilfreich sein. Allmähliches Abstillen ist für den mütterlichen Organismus am schonendsten. So hat auch das Baby Zeit, sich auf eine andere Nahrung umzustellen.
Künstliche Säuglingsnahrung
Muttermilchersatznahrungen für reifgeborene Säuglinge werden in Anfangsnahrungen und Folgenahrungen unterteilt. Zur Anfangsnahrung zählen Pre- und 1er Nahrungen, bzw. PreHA- und HA1-Produkte. Pre-Nahrungen (z. B. Pre-Aptamil, Beba Pre) sind der Muttermilch weitestgehend im Eiweiß- und Fettgehalt angeglichen. Empfehlenswert sind Produkte, die wie das natürliche Vorbild nur Lactose als einzige Kohlenhydratquelle enthalten. Pre-Milch kann von Geburt an ad-libitum gefüttert werden, auch während der Breiphase, bis zum Ende des ersten Jahres bzw. bis das Kind beginnt, Kuhmilch zu trinken. Nur wenn das Kind mit einer Pre-Nahrung nicht mehr satt wird, sollte die Mutter auf eine 1er-Nahrung umsteigen.
Durch ihren Stärkeanteil haben diese Milchnahrungen eine sämigere Konsistenz und halten länger satt. Auch hier gilt, ein Produkt zu wählen, das nur Lactose als einzige Zuckerart enthält (z. B. Aptamil 1). Viele dieser Fertigprodukte weisen in der Zusammensetzung diverse Zucker wie Maltose, Glucose, Fructose etc. auf. Säuglinge benötigen diese nicht! Inhaltsstoffe wie Prebiotika oder Probiotika, sowie ein hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren (LC-PUFA) sind vorteilhaft für die kindliche Entwicklung.
Folgenahrungen mit Ziffer "2" oder "3" können aufgrund ihrer Zusammensetzung erst ab dem 5. Monat angeboten werden. Sie sind kaum mehr angepasst im Protein- und Fettgehalt, enthalten diverse Zuckerarten sowie teilweise künstliche Aromen (Vanillin), Fruchtpulver oder auch Zusatzstoffe, die der kindliche Organismus in keiner Weise vermisst! Es besteht daher keine Notwendigkeit auf diese Nahrungen umzusteigen, auch nicht, wenn die Beikostphase beginnt. Bei allergischer Vorbelastung kann Säuglingen eine HA-Nahrung (z. B. Aptamil HA1) gefüttert werden. Sie basieren auf teilhydrolysiertem Eiweiß. Die Eignung zur Allergieprävention ist mittlerweile umstritten.
Einführung von B(r)eikost
Die WHO empfiehlt sechs Monate voll zu stillen, anschließend unter Einführung von Beikost weiterzustillen bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Sitzt die Familie zu Tisch, zeigen Babys häufig deutliche Zeichen, die eine Bereitschaft für neue Nahrungsmittel signalisiert. Die Mittagszeit bietet sich als idealer Zeitpunkt für die erste Mahlzeit mit dem Löffel an. Je nach Ausmaß des Hungers muss die Mutter vorher oder nachher noch stillen. Das ändert sich langsam. Zu Beginn nehmen die meisten Kinder nur ein paar Löffel von der neuen Nahrung zum Kosten. Begonnen werden kann mit Kürbis, Karotten, Zucchini oder Kartoffeln. Nach drei Tagen, besser nach einer Woche, kann eine zweite Gemüsesorte (z. B. Karotten-Kartoffel-Brei) hinzukommen. Zum Aufwerten der Nahrung und besseren Auswertung der fettlöslichen Vitamine ist die Zugabe von einem Teelöffel Pflanzenöl (z. B. Sonnenblumen-, Distel- oder Rapsöl) oder Butter wichtig. Fleisch kann bereits als drittes Lebensmittel zweimal wöchentlich in den Speiseplan mit aufgenommen werden. Es sichert den Eisenbedarf des Kindes. Nach etwa vier Wochen kann die 2. Mahlzeit – Obst am Nachmittag – eingeführt werden. Später kann ein mit Wasser angerührter Getreide-Obst-Brei gereicht werden. Auch dieser erhält eine Fettzugabe. Folgende Obstsorten eignen sich: Äpfel, Birnen, Aprikosen, Heidelbeeren. Die Abendmahlzeit folgt nach weiteren vier Wochen: der Milch-Getreide-Brei. Stillen kann dabei morgens und als "Betthupferl" noch lange beibehalten werden.
Damit der Flüssigkeitsbedarf der Säuglinge gedeckt wird, sollten ab Beginn der Beikostgabe zusätzliche Getränke angeboten werden: Wasser eignet sich am besten, gefolgt von ungesüßtem Tee. Fruchtsäfte, wenn nötig, sollten nur stark verdünnt gereicht werden.
Im ersten Jahr gilt: "Weniger ist mehr". Das Kind hat keine Eile beim Kennenlernen der einzelnen Nahrungsmittel. Je behutsamer und langsamer die Einführung erfolgt, desto verträglicher sind die neuen Speisen für den Säugling.
Allergieauslösende Produkte, wie Milch und Milchprodukte, Eier, Fisch, Nüsse, Honig, Zitrusfrüchte, Wurst, sollten im ersten Lebensjahr gemieden werden. Nach dem ersten Geburtstag kann das Kind langsam am Familienessen teilnehmen.
Die Brust kann nicht nur durch Stillen entleert werden, sondern auch mit Hilfe einer Pumpe oder durch Ausstreichen mit der Hand. Ziel kann es sein, Muttermilch auf Vorrat zu sammeln, eine sehr volle Brust zu entlasten oder aber auch die Milchmenge aufrechtzuerhalten.
Mit unserer Serie rund um das Stillen möchten wir Ihnen Informationen an die Hand geben, damit Sie stillende Frauen und deren Familien kompetent beraten können!
Teil 1: Muttermilch – natürlich gesund DAZ 2006, Nr. 13, S. 52–55
Teil 2: Stillhilfsmittel – Hilfe in einer besonderen Situation DAZ 2006, Nr. 16, S. 50–56
Ganzheitliches Babymanagement
Erweitern und stärken Sie Ihre Beratungskompetenz im Bereich Schwangerschaft, Still- und Säuglingszeit! Das Einführungsseminar "Ganzheitliches Babymanagement" richtet sich an das gesamte Apothekenpersonal. Denn je mehr Mitarbeiter geschult sind, umso besser ist es für die Beratung der Mütter in der Apotheke – sei es am Telefon durch eine PKA für Informationen über das Entleihen einer Milchpumpe, oder im Handverkauf durch eine PTA oder eine Apothekerin.
Themenschwerpunkte:
- Marketinginstrument "Ganzheitliches Babymanagement"
- Arzneimittel und Impfungen in Schwangerschaft und Stillzeit
- Fallbeispiele für die Beratung
- Gesundheitsprävention durch Stillen
- Grundlagen des Stillens (Anatomie, Physiologie)
- Entleeren der Brust, sammeln und aufbewahren von Muttermilch
- effektive Milchpumpen
- optimale Beratung bei der Abgabe einer Milchpumpe
- Fallbeispiele für den Apothekenalltag
Die Referentinnen sind Apothekerin, Kinderkrankenschwester und Still- und Laktationsberaterin IBCLC.
Die Teilnehmer erhalten für das Einführungsseminar eine Teilnahmebestätigung. Ein Zertifikat wird erteilt, wenn alle drei Module des Seminars erfolgreich mit einer Multiple Choice Prüfung abgeschlossen wurden. Die Apothekerkammern vergeben für das Seminar pro Stunde einen Fortbildungspunkt.
Termin: Samstag, 23. September 2006, 9.00 bis 17.00 Uhr Ort: SaniPlus Apotheke Riem Willy-Brandt-Platz 5 81829 München
Kosten: bei Anmeldung bis 30. Mai 2006: 100,– Euro bei Anmeldung ab 1. Juni 2006: 125,– Euro
Weitere Informationen zu diesem Seminar erhalten Sie per E-Mail: karin.muss@gbm-stillen.de
- Lagerung bei Raumtemperatur: sechs bis acht Stunden im Kühlschrank (im hinteren Bereich!)
- bei + 4°C bis + 6°C 72 Stunden
- bei 0°C bis +4°C acht Tage
- im Tiefkühlgerät
- zwei Wochen im Tiefkühlfach des Kühlschranks ohne eigene Tür
- drei bis vier Monate im Tiefkühlfach mit separater Tür
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