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Ernährung aktuell
Basiswissen Ernährung (Folge 4): Prima Proteine
Proteine sind in jeder Zelle des menschlichen Körpers enthalten. Da Zellen sich im ständigen Auf- und Umbau befinden und Proteine anders als Fette und Kohlenhydrate nicht aus anderen Nährstoffen synthetisiert werden können, sind die Proteinreserven im Organismus von der exogenen Proteinzufuhr abhängig [1]. Wegen des hohen Proteinumsatzes bedarf es eines zusätzlichen "Aminosäurerecyclings"; dafür sind Aminosäurepools in Plasma, Muskeln und Leber von großer Bedeutung [2]. Außerdem enthalten Proteine als einziger Nährstoff die essenziellen Elemente Schwefel und Stickstoff. Proteine können sowohl tierischer als auch pflanzlicher Herkunft sein. Tierischer Herkunft sind die fibrösen Skleroproteine, die als Stütz- und Schutzgewebe in Haut, Haaren und Sehnen vorkommen.
Dazu zählen z. B. Keratin, Kollagen und Fibrin sowie die globulären Proteine in Gewebeflüssigkeiten wie Albumine und Globuline. Zu den pflanzlichen Proteinen gehören Gluteline und Prolamine, die sich insbesondere in Getreide befinden. Das zöliakieauslösende Gluten ist z. B. eine Mischung aus dem Glutelin Gliadin und dem Prolamin Glutenin [1].
Proteine werden in Magen und Dünndarm durch Pepsine und Peptidasen gespalten, bevor sie im Dünndarm in Form von freien Aminosäuren sowie Di- oder Tripeptiden resorbiert werden. Ganze Proteine werden nur in sehr geringen Mengen resorbiert, die jedoch von immunkompetenten Zellen als Fremdkörper erkannt werden. Auch wird diskutiert, ob eine erhöhte Darmpermeabilität, z. B. bei Neugeborenen, für Nahrungsmittelallergien und Autoimmunerkrankungen verantwortlich sein könnte [3]. Renal eliminiert werden in erster Linie die Endprodukte des Stickstoffmetabolismus wie Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin und Ammonium, wohingegen nicht resorbiertes Nahrungseiweiß und in das Darmlumen sezernierte Proteine in den Stuhl gelangen [1].
Die mit der Nahrung aufgenommenen Proteine versorgen den Körper mit Aminosäuren und anderen Stickstoffverbindungen, die notwendig sind, um körpereigene Proteine und andere metabolisch aktive Substanzen zu synthetisieren, die im Körper die verschiedensten Funktionen haben. Dazu zählen u. a. Enzyme, Hormone, kontraktile Proteine, Schutz-, Speicher- Struktur- und Transportproteine (Tab. 1). Ein weiterer Teil der Aminosäuren wird mit rund vier Kilokalorien pro Gramm für den Energiestoffwechsel herangezogen, während ein anderer Teil der Gluconeogenese sowie der Synthese von Basen, Fettsäuren und Ketonkörpern dient [1].
Entbehrliches und Unentbehrliches Insgesamt kennt man heute 20 Aminosäuren, die als Bausteine in Proteinen enthalten sind (s. Kasten). Sprach man früher von acht essenziellen Aminosäuren, so stellen neue Forschungsergebnisse die klassische Einteilung in Frage und geben der Bezeichnung der neun unentbehrlichen Aminosäuren den Vortritt. Zu diesen neun werden die Aminosäuren Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin und Histidin gezählt, die mit der Nahrung zugeführt werden müssen [1; 4]. Für sechs der genannten Aminosäuren sind nur die Kohlenstoffgerüste der Ketosäuren essenziell, da diese transaminiert werden können, dagegen gilt dies nicht für Lysin und Threonin, da sie irreversibel transaminiert werden [1]. Histidin galt früher nicht als essenziell. Studien zeigten aber, dass durch histidinfreie Ernährung die Plasmakonzentration sinkt und die Hämoglobinsynthese eingeschränkt wird – somit gilt auch Histidin als unentbehrliche Aminosäuren [4]. Des Weiteren sind einige der nicht essenziellen Aminosäuren bei bestimmten Krankheitsbildern unentbehrlich oder bedingt unentbehrlich [1]. Da für ein adäquates Wachstum und das Körperproteingleichgewicht die alleinige Zufuhr von unentbehrlichen Aminosäuren nicht ausreicht, muss auch eine ausreichende Gesamtproteinzufuhr beachtet werden [4].
Aminosäurebedarf und Proteinqualität Der in Nährwerttabellen angegebene Poteingehalt kann als alleiniges Maß für das Wachstum oder die Gewebeerhaltung irreführend sein [1], denn das Muster an unentbehrlichen Aminosäuren des menschlichen Proteinbedarfs stimmt nicht mit dem der Nahrungsproteine überein. Es ist nicht entscheidend, ob von einigen Aminosäuren große Mengen im Protein enthalten sind, denn der Körper kann stets nur die Mengen an Protein neu synthetisieren, wie es die Konzentration der das größte Defizit aufweisenden Aminosäure erlaubt – diese bezeichnet man als limitierende Aminosäure [3].
Zur Beurteilung von Nahrungsproteinen für die Deckung des Bedarfs an unentbehrlichen Aminosäuren wird der von der FAO und WHO 1990 eingeführte Protein Digestibility Amino Acid Score (PDCAAS) herangezogen [3]. Der PDCAAS gibt die Eignung von Nahrungsproteinen, gemessen an der erstlimitierenden Aminosäure, für die Deckung des Bedarfs an unentbehrlichen Aminosäuren anhand eines Vergleichs mit dem Aminosäurenbedarfsmuster für zwei- bis fünfjährige Kinder, der mit der wahren Verdaulichkeit korrigiert ist, an. Alle Werte, die > 1 sind, zeigen eine unzureichende Zufuhr an. Bis es auf diesem Gebiet eine ausreichende Datengrundlage zur Neubewertung des Aminosäurebedarfs ab einem Alter von zwei Jahren gibt, gilt der PDCAAS für Kinder und für Erwachsene [4].
Meist sind tierische Proteine hochwertiger als pflanzliche Proteine. In der Regel ist es von Vorteil, verschiedene Proteinträger zu kombinieren, um so die Wertigkeit zu steigern.
Günstige Kombinationen sind z. B. Kartoffeln/Ei, Kartoffeln/Milch, Getreide/Milch und Bohnen/Mais [2]. Weiterhin bleibt zu beachten, dass die Verfügbarkeit von Aminosäuren auch durch Inhibitoren der Proteinverdauung, Hitzebehandlung und Lagerung sowie durch ein Übermaß an anderen Aminosäuren beeinträchtigt werden kann [1].
Bedarf und tatsächliche Zufuhr Die DGE empfiehlt für gesunde Erwachsene 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (Tab. 2). Dieser Wert berücksichtigt sowohl individuelle Schwankungen als auch die häufig verminderte Verdaulichkeit einer gemischten Kost. Die Proteinmenge entspricht etwa acht bis zehn Prozent der Energiezufuhr eines Erwachsenen, also einer täglichen Menge von 54 bis 60 g für Männer und 44 bis 48 g für Frauen. Lacto- und Ovolactovegetarier sind bei Zufuhr der empfohlenen Proteinmenge und ausreichender Energieversorgung hinreichend mit unentbehrlichen Aminosäuren versorgt (Tab. 3). Auch Veganer können bei sorgfältiger Gestaltung ihrer Ernährung ihren Bedarf decken; allerdings gilt dies nicht für Kleinkinder, die mit veganer Kost ernährt werden [4].
Insgesamt sinkt der Protein–bedarf mit zunehmenden Alter: Während der Proteinbedarf im ersten Lebensmonat bei 60 Prozent der Nahrungsenergie liegt, ist er bereits für Kinder zwischen zwei bis fünf Jahren auf elf Prozent gesunken. Besonders in den ersten Lebensmonaten verändern sich die Zufuhrempfehlungen ständig. Da sich voll gestillte Säuglinge gut entwickeln, orientieren sich auch Formula-Nahrungen von Säuglingen an der Zusammensetzung von 1,7 Gramm Protein je 100 Kilokalorien. Die Annahme, dass ältere Menschen einen Mehrbedarf an Proteinen haben, konnte bisher mit Studien nicht ausreichend belegt werden; die Zufuhr von 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag bleibt daher weiterhin gültig. Weder für eine allgemein erhöhte körperliche Aktivität noch für Leistungssportler konnte ein erhöhter Proteinbedarf festgestellt werden. Selbst bei stark belastendem Training kommt es bei einer Proteinzufuhr über der empfohlenen Zufuhrmenge zu keiner Erhöhung der Muskelmasse oder -kraft [2; 4]. Bei vielen Erkrankungen, z. B. Verbrennungen oder dem nephrotischen Syndrom kann der Proteinbedarf auch weitaus höher liegen, wohingegen bei Niereninsuffizienz oder Lebererkrankungen eine Proteinrestriktion bis zum minimalen Erhaltungsbedarf empfohlen werden kann [3].
Die tatsächliche Zufuhr liegt in den westlichen Industrieländern häufig über den Empfehlungen [3]. Vor allem bei jungen Männern liegt die Proteinaufnahme im Durchschnitt deutlich über dem empfohlenen Niveau; ein erheblicher Teil überschreitet die als Obergrenze geltende Proteinzufuhrmenge von 2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag, während nur ein sehr geringer Anteil unterhalb des Referenzwertes bleibt. Die durchschnittliche Aufnahme bei Frauen liegt dagegen unter dem Niveau der ältesten untersuchten Männer [5].
Proteinmangel und die Folgen Ein Proteinmangel ist häufig mit einem Energiemangel verbunden und tritt bei Hungersnöten und verschiedenen Formen der Malabsorption auf. Kommt es zu einem Proteinmangel im Wachstumsalter, kann dies zur körperlichen oder sogar zur geistigen Unterentwicklung führen [2]. Die so genannte Protein-Energie-Malnutrition (PEM) tritt vor allem in Entwicklungsländern auf und betrifft nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene; z. B. basiert Kwashiorkor und die ödematöse Malnutrition auf Proteinmangel [6]. In Industrieländern zählen Veganer, vor allem Kleinkinder, oder Personen, die über einen längeren Zeitraum fasten oder eine kalorienarme Diät durchführen, zu den Risikogruppen eines Proteinmangels. Da die Halbwertzeit von myokardialen Proteinen geringer ist als die der Skelettmuskulatur, ist besonders der Herzmuskel gefährdet und das Risiko für einen plötzlichen Herztod groß. Weiterhin bleibt zu bemerken, dass für Betagte in Krankenhäusern und Pflegeheimen das Risiko für eine PEM erhöht ist [2].
Neben der Schwächung der Herzmuskulatur wirkt sich ein Proteinmangel auch negativ auf das Immunsystem aus und erhöht somit das Risiko für Infektionen. Neueren Forschungen zufolge beeinflussen die Aminosäuren Arginin, Glutamin, Cystein und Taurin die Immunantwort; bei einem Mangel dieser Aminosäuren kommt es zu Störungen des Immunsystems [2].
Proteinüberschuss und die Folgen Auch wenn eine schädigende Wirkung einer Proteinzufuhr über die empfohlene Menge hinaus noch nicht experimentell nachgewiesen werden konnte, treten doch eine Reihe unerwünschter Effekte auf. Beispielsweise erhöht sich mit steigender Proteinzufuhr die Menge an ausscheidungspflichtigen Endmetaboliten des Proteinstoffwechsels; parallel dazu steigt die glomeruläre Filtrationsrate. Zudem kommt es zu einer erhöhten renalen Calcium-Exkretion, die sich negativ auf die Calciumbilanz und auf die Knochengesundheit auswirkt sowie eine Gefahr der Bildung von Calciumoxalatsteinen in der Niere birgt. Ein erhöhter Proteinkonsum führt darüber hinaus zu einer mäßigen metabolischen Azidose mit potentiell negativen Folgen für die Aufrechterhaltung der Skelettmuskelmasse [4] und gilt als unabhängiger Risikofaktor für das Kolonkarzinom. Als Ursache werden erhöhte Mengen an Ammoniumionen gesehen, die aus Proteinen, Peptiden und Harnstoff entstehen. Im Tierversuch zeigten sich die Ammoniumionen als zytotoxisch und könnten somit eine bedeutende Rolle in der Karzinogenese spielen [2].
Allgemein muss bedacht werden, dass die Aufnahme von tierischen Proteinen mit einer gleichzeitigen Zufuhr von Fett, Cholesterin und – mit Ausnahme von Ei- und Milchprotein – Purinen verbunden ist. Derzeit liegt die tolerierbare Grenze bei zwei Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag, also 120 Gramm für Frauen und 140 Gramm für Männer. Bei einer Zufuhr, die diesen Wert überschreitet, sinkt die Plasmakonzentration bestimmter Aminosäuren, die sonst nur unter katabolen Stressbedingungen auftritt [4].
Bei Früh- und Risikoneugeborenen kann sich eine übermäßige Proteinzufuhr negativ auf die Hirnentwicklung auswirken. Bei angeborenen Aminosäurestoffwechselstörungen wie Phenylketonurie treten bereits bei einer normalen Proteinzufuhr zerebrale Entwicklungsstörungen auf [2].
Proteine, bzw. die sie aufbauenden Aminosäuren, gehören zu den wichtigsten Nährstoffen für den menschlichen Körper. Muskulatur, Enzyme, Hormone, Schutz-, Speicher- und Transportmechanismen – sie alle basieren auf Aminosäuren. Eine Unterversorgung hat fatale Folgen, aber auch eine Überversorgung oder die falsche Auswahl kann dem Körper schaden. Das Wichtigste zum Thema "Proteine" haben wir für Sie zusammengefasst.
- Alanin
- Arginin
- Asparagin
- Asparaginsäure
- Cystein
- Glutamin
- Glutaminsäure
- Glycin
- Histidin (ess.)
- Isoleucin (ess.)
- Leucin (ess.)
- Lysin (ess.)
- Methionin (ess.)
- Phenylalanin (ess.)
- Prolin
- Serin
- Threonin
- Tryptophan (ess.)
- Tyrosin
- Valin (ess.)
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