Prisma

Depressionen senken die Schmerzschwelle

Wer an einer Depression erkrankt, dem tut auch häufiger etwas weh: Depressive klagen etwa doppelt bis dreimal so oft wie gesunde Menschen über Schmerzen. Dies liegt nicht daran, dass Depressive einen verstärkten Hang zum Jammern haben, vielmehr besitzen sie ein verändertes Schmerzempfinden, wie Forscher des Universitätsklinikums Jena jetzt erstmals nachgewiesen haben.

In einer Studie konnte Prof. Dr. Karl-Jürgen Bär zeigen, dass sich bei einer depressiven Erkrankung die Schmerzwahrnehmung und damit die Schmerzschwelle deutlich verschieben. Abhängig von der Art des Schmerzes wird dieser stärker oder auch schwächer empfunden als von nicht depressiven Menschen. Bereits vor drei Jahren hatte Bär eine Studie zum Thema Schmerz und Depression durchgeführt. Damals beobachtete er bei depressiven Menschen eine erhöhte Schmerzschwelle, obwohl sie häufiger als Gesunde über Schmerzen klagten.

Mit der aktuellen Untersuchung ist es Bär gelungen, dieses Paradoxon aufzuklären: An 30 Probanden stellte er fest, dass eine Schmerzunempfindlichkeit nur bei oberflächlichen Schmerzreizen an der Haut wie durch Hitze, Kälte oder Strom auftritt. "In diesen Fällen haben Menschen mit einer Depression den Schmerz später gespürt als gesunde Probanden", so Bär. Viel früher spürten sie dagegen einen durch Mangeldurchblutung im Armmuskel verursachten Schmerz. "Diesen so genannten ischämischen Schmerz, der tiefen Körperschmerzen wie im Rücken oder Magen ähnelt, haben depressive Patienten bereits nach 30 Sekunden als höchst unangenehm empfunden", erklärt Bär.

Die unterschiedlichen Schmerzschwellen deuten nach Meinung von Bär auf zwei Dinge hin: "Erstens gibt es offenbar Verknüpfungen zwischen Depression und Schmerzempfinden im Gehirn, zweitens müssen wir die Klagen depressiver Patienten über Schmerzen stärker beachten als bisher und diese behandeln." ral

Quelle: Pressemitteilung der Universität Jena vom 12.10.2006

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