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Wenn Arbeit krank macht: Bin ich ein Workaholic?
Aus der übersteigerten Identifikation mit einem besonders erfolgreichen Wettbewerber entsteht der Wunsch, ebenso erfolgreich zu sein. Starker Ehrgeiz und das Bedürfnis nach Anerkennung treiben an. Statt einen Mitarbeiter einzustellen, macht der Chef die Arbeit selbst. Der Anfangserfolg beflügelt ihn, weiterzumachen. Doch diese Rechnung geht nicht auf. Zunächst sind die Arbeitssüchtigen sehr erfolgreich, ernten Lob, Anerkennung. Doch mit ihrem Übereifer schaden sie letztendlich sich selbst. Irgendwann erkranken sie, die Reserven sind aufgebraucht.
Wann zählen Sie zu den Arbeitssüchtigen?
1. Wenn Sie viel mehr arbeiten, als von Ihnen erwartet wird.
2. Wenn Sie neben Ihrer Kerntätigkeit weitere Aufgaben suchen.
3. Wenn Sie in Ihrer Freizeit nicht abschalten können.
4. Wenn Sie sich nur noch auf Ihre Arbeit freuen können.
5. Wenn Sie ein großes Bedürfnis haben, selbst alles zu erledigen, statt zu delegieren.
6. Wenn Sie über 20 Prozent länger arbeiten als andere.
7. Wenn Ihnen die privaten Beziehungen weniger bedeuten als Ihre Arbeit.
Der Job vermittelt uns Erfolgserlebnisse und stärkt das Selbstwertgefühl. Dort zeigen wir unser Können und verdienen das Geld, das wir zum Leben brauchen. Allerdings birgt die Arbeit des Apothekers nicht nur zahlreiche Tugenden: Wer sein Leben eindimensional auf sie ausrichtet, läuft Gefahr, Gefangener seines Tuns und damit zum Workaholic, zum Arbeitssüchtigen, zu werden. Der Experte Poppelreuter erklärt: "Ähnlich einem Alkoholiker, der nicht mehr aufhören kann, wenn er einmal mit dem Trinken angefangen hat, ist auch der wirklich Arbeitssüchtige unfähig, mit einer begonnenen Arbeit aufzuhören."
Die vier Phasen der Arbeitssucht
• Einleitungsphase
Ihre Gedanken kreisen nur noch um die Arbeit. Soziale Beziehungen werden vernachlässigt. Ohne Arbeit kommt eine Leere auf. Auch in der knappen Freizeit sind Sie gedanklich in Ihrer Apotheke.
• Kritische Phase
Sie suchen nach Ausreden für das Zuviel-Arbeiten. Sie sind zunehmend ungeduldig und aggressiv. Private Beziehungen sind gefährdet. Alle Lebensbereiche werden der Arbeit untergeordnet. Durch zu viel arbeiten leidet die Konzentration und die Fehlerquote bei der Arbeit nimmt zu.
.Chronische Phase
Ausschließlich Ihre Arbeit zählt und gibt Ihnen die notwendige Energie. Sie haben für nichts anderes mehr Interesse. Aus falsch verstandenem Perfektionismus übernehmen Sie noch mehr Aufgaben. Sie halten sich für unabkömmlich und delegieren fast nichts mehr.
• Endphase
Durch krankhafte Folgeerscheinungen kommt es zu einem Knick der Leistungsfähigkeit. Herz-, Magen- oder Kreislaufprobleme entstehen. Für Sie die letzte Chance zur Umkehr. Oft kommt man ohne ärztliche Behandlung nicht mehr aus.
Tipps für Arbeitssüchtige
Bauen Sie sich ein zweites Standbein neben dem Beruf auf. Gehen Sie einem Hobby nach: Lesen, Musik, Malen. Der Lebenszweck darf nicht allein in der Arbeit gefunden werden. Auch bei einem arbeitsreichen Leben nicht. Interessieren Sie sich für die Bedürfnisse Ihrer Familie und Freunde. Sie brauchen ein soziales Umfeld, versuchen Sie die Kontakte mit anderen zu vertiefen. Nehmen Sie möglichst keine Arbeit mit in die Wohnung, besonders nicht am Wochenende. Trennen Sie Büro und Privates. Schließen Sie Ihr Büro ab, wenn Sie in die Wohnung gehen. Übrigens: Je weiter weg Ihre Wohnung vom Betrieb ist, umso besser. Sie unterliegen nicht der Versuchung schnell mal ins Büro zu gehen.
Was passiert im Körper der Arbeitssüchtigen? Er produziert außergewöhnlich viel Adrenalin, ein Stresshormon das stimulierend wirkt. Und noch ein Stoff scheint eine Rolle zu spielen, wenn Menschen sich "in den Rausch" arbeiten: die Endorphine, Botenstoffe im Gehirn, die euphorisierend wirken können. Nicht selten kommt es bei Arbeitssüchtigen zu psychischen Symptomen wie unbegründeten Ängsten oder leichten Depressionen. Auch der Körper gibt Signale: Kopf- oder Magenschmerzen, Herz- oder Kreislaufbeschwerden tauchen auf. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu aggressivem Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Kunden. Der Arbeitssüchtige bewertet alles nur nach der Leistung. Die Informationstechnologie hilft dem Workaholicer. Abschirmen kommt für ihn nicht in Frage. Arbeitssüchtige sind auch in der Freizeit übers Handy erreichbar.
Während der Alkoholiker ganz aufhören muss zu trinken, kann der Arbeitssüchtige nicht ganz aufhören zu arbeiten. Er muss seine Arbeit nur auf ein Normalmaß reduzieren. Ohne Workaholic arbeiten und trotzdem erfolgreich sein – das ist Ihre Zielsetzung. Arbeitssucht macht übrigens nicht zwangsläufig erfolgreich..
Rolf Leicher, Kommunikationstraining, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg, Tel. (0 62 21) 80 48 82, Fax (0 62 21) 80 93 41, E-Mail Rolf.Leicher@t-online.de" Wirklich, er war unentbehrlich! Überall, wo was geschah. Zu dem Wohle seiner Kunden er war tätig, er war da. Ohne ihn war nichts zu machen, keine Stund hatt’ er frei. Gestern, als sie ihn begruben, war er richtig auch dabei. "
Wilhelm Busch
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