Aus Kammern und Verbänden

Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin

Apotheker und Bevölkerungsschutz

Am 21. und 22. April fand in der Festung Marienberg in Würzburg der wissenschaftliche Kongress 2007 der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e.V. (DGKM) statt. Unter der Leitung des Präsidenten der DGKM, Prof. Dr. med. Peter Sefrin, konnten sich die Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in über 20 Vorträgen über neue Erkenntnisse und Vorhaben rund um das Thema "Bevölkerungsschutz" informieren und ihr Wissen vertiefen.

Zu den Mitgliedern der DGKM gehören Ärzte aller Fachrichtungen, Tierärzte, Apotheker, Angehörige des Rettungsdienstes und Pflegepersonal. Die DGKM bündelt die Kompetenz aller an der Notfallvorsorge Beteiligten in der Bundesrepublik Deutschland. Sie erarbeitet Leitlinien zum Katastrophenmanagement, erstellt Bevorratungspläne für Not- und Katastrophenfälle und entwickelt realitätsnahe, bereichsübergreifende Fortbildungskonzepte für Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal und den Rettungsdienst.

Was heißt Bevölkerungsschutz?

Der Bevölkerungsschutz umfasst

den Zivilschutz, d. h. Schutz im Verteidigungsfall, und

den Katastrophenschutz, d.h. Schutz vor dem Eintritt und den Folgen einer Katastrophe.

In Deutschland unterliegt der Zivilschutz nach Artikel 73 des Grundgesetzes ausschließlich der Gesetzgebung des Bundes und ist als Teilbereich der Zivilverteidigung dem Bundesministerium des Innern zugeordnet. Für den Katastrophenschutz sind laut Artikel 30 und 70 des Grundgesetzes die Bundesländer zuständig.

Die Katastrophenmedizin beinhaltet alle ärztlichen Maßnahmen beim Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten. Sie sichert die simultane Behandlung einer Vielzahl von Patienten unter erschwerten Bedingungen mit unzureichenden Mitteln und unter erheblichem Zeitdruck. Die Katastrophenpharmazie sorgt dafür, dass das richtige medizinische Material in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort vorhanden ist.

Arbeitsgruppe KatPharm

Die Apothekerinnen und Apotheker der AG Notfall- und KatastrophenPharmazie (AG KatPharm) in der DGKM trafen sich zu einem Workshop unter der Leitung von Apotheker Wolfgang Wagner. Dabei wurde vor allem die weitere Einbindung und synergistische Nutzung des pharmazeutischen Fachwissens der Apotheker in den Bereich der Katastrophenmedizin erörtert sowie über das weitere Vorgehen zur Ausgestaltung der aktuellen Aufgaben beraten.

Derzeit führt die AG KatPharm drei umfangreiche Projekte in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) durch:

Es wird ein Leitfaden "Notfall- und KatastrophenPharmazie" erstellt und 2008 publiziert, der u.a. Auskunft zu benötigten Arzneimitteln und Medizinprodukten gibt und Aufgaben der Apotheker im Katastrophenmanagement beschreibt.

Seit 2004 läuft das Projekt "Sanitätsmittelbevorratung". Inzwischen wurden die Krankenhausapotheken von 27 Kliniken mit Sanitätsmaterialvorräten ausgestattet, um die intensivmedizinische Basisversorgung von je 100 schwer geschädigten Patienten für eine Woche sicherzustellen.

Die länderübergreifenden Krisenmanagementübungen LÜKEX testen die Schutzmaßnahmen für Katastrophenfälle und entwickeln sie weiter (s.u.).

ABC-kontaminierte Patienten

"Die Vorbereitungen auf die Fußballweltmeisterschaft 2006 gaben in Deutschland den notwendigen Anstoß, sich mit ABC-Gefahren auseinanderzusetzen und Lösungen zu entwickeln", meinte Dr. med. Angelika Flieger vom BBK. Vor allem muss sichergestellt werden, dass kontaminierte, aber gehfähige Patienten nicht unkontrolliert ins Krankenhaus gelangen und dort die Kontamination unbemerkt verschleppt wird. Durch Übungsszenarien hat sich z. B. auch die Münchner Feuerwehr intensiv auf mögliche Katastrophenereignisse während der Fußball-WM vorbereitet und in Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen und Krankenhäusern Konzepte für die Dekontamination erarbeitet.

Vorsorge der Wirtschaft

Prof. Dr. Dr. Alexander S. Kekulé, Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Halle-Wittenberg, verdeutlichte, dass es auch für die Wirtschaft wichtig ist, Vorsorge für den Fall einer Influenzapandemie zu treffen und betriebsinterne Pandemiepläne zu erarbeiten. So lassen sich allzu große finanzielle Einbußen der Betriebe vermeiden. Zudem bleibt die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern erhalten.

Vorsorge für 6000 Bedienstete der Stadt Stuttgart

Im Falle einer Influenzapandemie ist es die Aufgabe des Arbeitgebers, Arzneimittel für die Infektionsprophylaxe von Mitarbeitern vorrätig zu halten. Wie Holger Hennig, Direktor der Apotheke des Klinikums Stuttgart – Katharinenhospital, ausführte, wurde seine Krankenhausapotheke von der Stadt Stuttgart als zentrale Beschaffungsstelle nach § 47 Abs. 1 Nr. 5 AMG anerkannt. Sie trägt damit die Verantwortung für die Beschaffung und Lagerung der antiviralen Substanzen, während die Stadt Stuttgart deren Besitzer im juristischen und kaufmännischen Sinne ist und im Ernstfall auch die Abgabe an das städtische Personal übernehmen wird. Für die Infektionsprophylaxe sind auch Schutzmasken (FFP 2 und 3), Handschuhe und Schutzausrüstung zur Einmalverwendung eingelagert. Hennig wies darauf hin, dass im Pandemiefall auch Antibiotika, Infusionslösungen, Atemwegstherapeutika und Desinfektionsmittel knapp werden könnten.

Die Bevorratung der Länder mit antiviralen Substanzen ist nicht zur Infektionsprophylaxe, sondern zur Therapie von erkrankten Personen bestimmt. Die Abgabe an die Patienten erfolgt auf dem bewährten Vertriebsweg, also für ambulante Patienten über die öffentliche Apotheke.

Oseltamivir-Phosphat als Kapseln

Die Kantonsapotheke Zürich, vertreten durch Dr. W. Pletscher, entwickelte eine Rezeptur zur Herstellung von Oseltamivir-Phosphat-Kapseln als Alternative zur Trinklösung. Die Trinklösung ist zwar sehr einfach herzustellen, schmeckt aber sehr unangenehm und hat nur eine kurze Haltbarkeit. Das wesentliche Problem bei der Kapselherstellung ist die voluminöse Ausgangssubstanz, die sich elektrostatisch auflädt. Als Mittel der Wahl für die Volumenreduktion und gegen elektrostatische Aufladung erwies sich Carboxymethylcellulose Na 450 cp. Als Fließregulierungsmittel eignet sich Povidon. Die gleichmäßige Verteilung wird durch Zusatz des Farbstoffes Karmin erkennbar gemacht; Mannitol dient als Füllstoff. Das Pulver wird manuell mit einer Kapselfüllmaschine à 300 Kapseln zu 75 mg Oseltamivir-Base (Kapselgröße 0) abgefüllt. Die Gehaltsbestimmung erfolgt mit HPLC. Die Gleichförmigkeit der Masse und die Freisetzungsgeschwindigkeit sind pharmakopöekonform.

(Kontakt: sekretariat@kaz.zh.ch)

LÜKEX 2007

Die dritte LÜKEX findet am 7. und 8. November 2007 statt und wird sich mit dem Problem einer Influenzapandemie befassen. Die Übung soll das Krisenmanagement im Bereich des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens, der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr, der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) und der Einbindung privater Unternehmen und Organisationen optimieren. Die AG KatPharm hat die Aufgabe übernommen, Szenarien für eine Mangelversorgung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Desinfektionsmitteln und persönlicher Schutzausrüstung zu beschreiben und Übungseinlagen für das pharmazeutische Notfallmanagement zu entwickeln. Sie lädt alle interessierten Pharmazeuten ein, ihr Fachwissen und Engagement in die pharmazeutische Notfallvorsorge und den Katastrophenschutz einzubringen. Für weitere Auskünfte stehen die Verfasser gern zur Verfügung.

Helga Giraud, 76646 Bruchsal

giraud.apotheke@krankenhaus-bruchsal.de

Helga Gruner, Dresden

Gruner-He@khdf.de

Wolfgang Wagner, Düsseldorf

w-wagner.pharm@t-online.de

w Internet

Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin e. V.

www.dgkm.org

Sanitätsmaterialbevorratung des Bundes

www.bbk.bund.de

Stichwort "Sanitätsmittelverfügbarkeit"

Länderübergreifende Krisenmanagementübung (Exercise) LÜKEX

www.denis.bund.de/luekex

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