Homöopathie

Okoubaka aubrevillei

Okoubaka aubrevillei gehört als pflanzliches Homöopathikum zu den neueren Mitteln im homöopathischen Arzneischatz. Schon die erste systematische Erforschung zeigte, dass es bei alimentären Intoxikationen, postinfektiösen Krankheitszuständen und Nahrungsumstellungen durch Fernreisen therapeutisch bzw. prophylaktisch wirksam ist. Die breite Anwendung in der Praxis hat diese Indikationen bestätigt und erweitert. Die folgende Übersicht mag als Anregung dienen, sich mit Okoubaka zu beschäftigen, zumal mit diesem Mittel eine ganze Reihe "moderner" Erkrankungen wirksam und risikoarm behandelt werden kann.

Okoubaka aubrevillei ist ein bis 40 Meter hoher Urwaldbaum aus der Familie der Santalaceae (anfangs wurde er den verwandten Familien Olacaceae und Octoknemaceae zugeordnet [14, 15]). Der Stammumfang kann bis zu 3 m betragen. Die einfachen Blätter sind länglich eiförmig und bis zu 20 cm lang. Die kleinen grünlichen Blüten sitzen auf bis zu 15 cm langen Stacheln an den älteren Zweigen. Die Früchte sind gelb, hart und ungenießbar.

Der Baum ist, wie etliche Vertreter der Santalaceae, zu denen nach neuester Taxonomie auch die Mistel (Viscum album) zählt [16], ein Halbparasit, der seine Wirtspflanzen bereits während seiner Keimung stark im Wachstum hemmt und sogar abtötet [10]. Dies führt dazu, dass er inmitten dichter Vegetation regelmäßig auf kleinen Lichtungen zu finden ist.

Das Vorkommen von Okoubaka aubrevillei ist auf Westafrika beschränkt, insbesondere auf Ghana, Nigeria und die Elfenbeinküste.

Die in der Okoubaka-Rinde nachgewiesenen Catechine und Phenolcarbonsäuren weisen sie als eine typische Gerbstoffdroge aus [11]. Die monomeren Galloyl-Catechine sowie die freie Gallussäure und die Protocatechusäure zeigten in vitro eine deutliche Stimulierung der Phagozytose [11], sodass von einer immunmodulierenden Wirkung ausgegangen werden kann.

Rituale und Zauberkräfte

Bis vor einigen Jahrzehnten galt Okoubaka noch als geheimnisumwitterte Arznei afrikanischer Medizinmänner, die ein Pulver aus Baumrinde herstellten und damit jegliche Art von Vergiftung behandeln konnten. Es wurde berichtet, dass die Eingeborenen nach einem Gastmahl vorsichtshalber einen Teelöffel dieses Pulvers als Antidot einnahmen, sofern sie sich der wirklichen Gastfreundschaft des Gastgebers nicht ganz sicher waren.

Die Bäume selbst sind kaum zugänglich und mit einem strengen Tabu belegt, da sie ausschließlich dem Gebrauch durch die örtlichen Medizinmänner vorbehalten sind. Da Okoubaka so gut wie jedes Baumwachstum im Umkreis von ca. 25 m verhindert, wird er in der Sprache der Elfenbeinküste "Todesbaum" (okou baka) genannt. Nur zwei weitere Baumarten sind in der Lage, vereinzelt in der Nähe zu wachsen, und werden deshalb von den Eingeborenen als "Ehefrau" und "Diener" von Okoubaka bezeichnet [2]. Nach Ansicht der Medizinmänner sprüht "okou baka" bei Sonnenaufgang und -untergang Gift, weswegen die Rinde nur am Tag oder in der Nacht und nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen, wie z. B. dem Ablegen der Kleidung, geerntet werden darf [2]. Geschenke für den Baum sind dabei mitzubringen.

Geschichte des Arzneimittels in Europa

Die homöopathische Ärztin Magdalena Kunst, die das Rindenpulver von einem Afrikaner als Dank für eine medizinische Behandlung erhielt, wurde dadurch als erste Europäerin 1972 auf Okoubaka aufmerksam [6]. Die ersten Therapieversuche waren von viel versprechendem Erfolg, sodass sie den Pharmazeuten Dr. Willmar Schwabe jun. (1907–1983) bat, das Ausgangsmaterial zu beschaffen. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten (schwer zugängliche, tabuisierte Gegenden im Inneren des Landes) gelang es Schwabe, den Baum ausfindig zu machen. Daraufhin begannen Kunst und Schwabe, die Anwendung der Okoubaka-Rinde als homöopathisches Arzneimittel systematisch zu erforschen [9]. Es zeigten sich überraschend deutliche Parallelen zur traditionellen Anwendung, die den Einsatz bei alimentären Intoxikationen, postinfektiösen Krankheitszuständen und Nahrungsumstellungen durch Fernreisen nahelegten [6, 12].

Homöopathikum für die Reise und bei Verdauungsstörungen …

Besonders bekannt geworden ist Okoubaka in der Homöopathie als "Arznei für die Fernreise" [3, 13]. Magenbeschwerden, Durchfall und Erbrechen durch Nahrungsumstellung wie auch durch mangelnde Hygiene bei der Speisenzubereitung sind inzwischen klassische Anwendungsgebiete geworden. In meiner Praxis ist es Usus, den Patienten vor Reisen in südliche Länder bzw. auf Fernreisen Okoubaka D3 zu empfehlen. Gerade Magen-Darm-empfindliche Menschen sollten mit der Einnahme bereits drei Tage vor Reiseantritt beginnen (2-mal tägl. 5 Globuli) und sie während der Reise konsequent fortsetzen. Viele Patienten sagten mir danach: "Auf keiner Reise ging es mir bislang so gut."

Eine typische Anwendung in der Kinderheilkunde sind Verdauungsstörungen (Erbrechen, Blähungen, unregelmäßiger Stuhlgang mit wechselnder Konsistenz)
  • als Folge einer Nahrungsumstellung, z.B. beim "Zufüttern" des Säuglings,
  • nach einem konventionell behandelten Magen-Darm-Infekt sowie
  • während und nach einer Wurmabtreibung mit einem synthetischen Arzneistoff.

Bei akuter Gastroenteritis kann Okoubaka D3 anfangs bis zu stündlich angewendet werden, ab dem zweiten Krankheitstag alle zwei Stunden; im weiteren Verlauf empfiehlt sich trotz abgeklungener Beschwerden, die Behandlung mit 3-mal täglich 5 Globuli (bei Kleinkindern: 3 Glob.) fortzusetzen.

Bei Leber- und Gallenerkrankungen, Übelkeit unter Chemotherapie, Nicotinabusus oder generell empfindlichem Magen kann eine Behandlung mit Okoubaka Erfolg versprechend sein [4]. Einzelne Fallberichte weisen immer wieder auf einen möglichen Einsatz bei Diabetes hin. Stark schwankende Blutzuckerspiegel lassen sich in manchen Fällen mit Okoubaka stabilisieren [6].

Schlüren, der die bislang größte Dokumentation zur Anwendung von Okoubaka publiziert hat, berichtet auch von guten Erfolgen bei der Behandlung von Heuschnupfen, was darauf hindeuten könnte, dass toxische Belastungen in diesen Fällen die Ursache waren [7].

… bei Allergien …

Auch Nahrungsmittelallergien können durch Okoubaka positiv beeinflusst werden. Friese empfiehlt dabei z. B. die Behandlung mit Okoubaka in aufsteigender Potenz, beginnend mit der D3 (6 Wochen), gefolgt von D4, D6 und D12 (je 6 Wochen) und der abschließenden Gabe einer D30 (1-mal wöchentlich für ein halbes Jahr).

Nach seiner Erfahrung können die Patienten oft schon während der Behandlung das "verbotene" Nahrungsmittel wieder zu sich nehmen [5].

… als Entgiftungsmittel …

Weitere Anwendungsgebiete von Okoubaka sind umweltmedizinische Erkrankungen. So verordnet Carstens Okoubaka zur Unterstützung der Entgiftungstherapie bei Umweltgiften [1]. Die in Wohnungen, z.B. in Holzböden, Möbeln, Teppichen und Vorhängen enthaltenen Chemikalien können zu einer Vielzahl von unspezifischen Beschwerden führen, die u.a. als MCS-Syndrom (Multiple Chemical Sensitivity) bekannt geworden sind.

Neben einer Raumsanierung bzw. Karenz für den Betroffenen steht zur Behandlung bislang nur ein naturheilkundlich/homöopathisches Behandlungskonzept zur Verfügung; dabei spielt Okoubaka eine zentrale Rolle als "Entgiftungsmittel", wobei der Begriff deskriptiv zu verstehen ist.

Im Zusammenhang damit ist auch das Thema Schwermetallbelastung (Amalgam) zu nennen; während und nach einer zahnärztlichen Sanierung sollte in das Behandlungskonzept einer "Ausleitung" auch Okoubaka mit aufgenommen werden.

Bei den genannten Anwendungsgebieten wird Okoubaka D3 oder D6 in der Dosierung 3-mal täglich 5 Globuli (oder 1 Tabl.) längere Zeit genommen, wobei jeweils nach dreiwöchiger Behandlung eine einwöchige Pause eingelegt wird.

… und als add-on

Große Bedeutung hat Okoubaka auch zur Begleittherapie ("therapiegestützt") bei einer Antibiose: Während und nach einer Antibiotikatherapie wird Okoubaka zur Minimierung unerwünschter Wirkungen eingesetzt, weshalb es auch als "homöopathisches Probiontikum" zur Sanierung der Darmflora dient.

Auch die typische verzögerte Rekonvaleszenz nach Infektionskrankheiten mit Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und unregelmäßigem Stuhlgang – auch bei Kindern – spricht erfahrungsgemäß sehr gut auf Okoubaka an [8, 13].

Eine bewährte Anwendung von Okoubaka ist auch die add-on-Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen sowie des Reizdarm-Syndroms, deren Beschwerdebilder die Leitsymptomatik genauso widerspiegelt wie die Symptomatik beim Anus-praeter-Patienten (Dosierung wie oben).

Eigene Praxiserfahrungen zeigen, dass Okoubaka D3 (3-mal tägl. 5 Glob.) neben der (konventionellen) gynäkologischen Therapie einer rezidivierenden Vaginalmykose eingesetzt werden kann, um die Rezidivrate zu senken.

Kontraindikationen

Die in der Packungsbeilage genannten Einschränkungen in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern unter 12 Jahren sind arzneimittelrechtliche Zwänge und entsprechen nicht den jahrzehntelangen Praxiserfahrungen; im übrigen ist in den Handbüchern der homöopathischen Therapierichtung sowie in Zeitschriften umfänglich die Anwendung von Okoubaka auch und gerade bei diesen Patientengruppen dokumentiert.

Unerwünschte Wirkungen wie z.B. Pustelbildung, vermehrtes Schwitzen oder Harndrang, wie sie gelegentlich unter Okoubaka-Einnahme berichtet werden, sieht der Verfasser als Ausdruck einer verstärkten Ausscheidung über Haut und Nieren, nicht jedoch als Nebenwirkung im herkömmlichen Sinn.

Ausblick

Okoubaka aubrevillei-Potenzen haben sich in der Behandlung vieler akuter wie auch chronischer Erkrankungen bewährt; sie sind ein unverzichtbares Arzneimittel geworden. Bemerkenswert dabei ist einmal mehr, wie durch eine systematische Erforschung und breite Anwendung des Arzneimittels ein hohes Maß an gesicherten Erkenntnissen erreicht werden konnte. Der Verfasser ist sich mit vielen Anwendern darin einig, dass Okoubaka ein großes therapeutisches Potenzial aufweist. <

Literatur

[1] Carstens, V.: Neuere Erfahrungen mit Naturheilkunde bei schwer zu behandelnden Krankheiten. Ärztezeitschr. Naturheilverf. 42 , 320-324 (2001).

[2] Hardie, A.D.K.: Okoubaka – a rare juju tree. Nigerian Field 27 (2), 70-72 (1963).

[3] Keller, K., Greiner, S., Stockebrand, P.: Homöopathische Arzneimittel – Materialien zur Bewertung. Govi-Verlag, Eschborn 1995.

[4] Kerckhoff, A.: Okoubaka. Natur und Medizin 3 , 6-10 (2003).

[5] Friese, K.-H.: Homöopathische Behandlung von Nahrungsmittelallergien. Naturarzt 4 , 34 (1998).

[6] Kunst, M.: Okoubaka, ein neues homöopathisches Arzneimittel. Allg. Hom. Ztg. 217 , 116-121 (1972).

[7] Schlüren, E.: Okoubaka aubrevillei – ein klinischer Erfahrungsbericht. Allg. Hom. Ztg. 236 , 225-231 (1991).

[8] Schroyens, F. (Hrsg.): 1001 kleine Arzneimittel. Hahnemann Institut, Greifenberg 1995.

[9] Schwabe, W.: Übersicht über neuere Arzneipflanzen, die sich in den letzten 20 Jahren in der Homöopathie und der Phytotherapie bewährt haben. Allg. Hom. Ztg. 225 , 217-229 (1980).

[10] Veenendaal, E. M., et al.: Root hemiparasitism in a West African rainforest tree Okoubaka aubrevillei (Santalaceae). New Phytol. 134 , 487-493 (1996).

[11] Wagner, H., Kreutzkamp, B., Jurcic, K.: Inhaltsstoffe und Pharmakologie der Okoubaka aubrevillei-Rinde. Planta Med. 51 , 404-407 (1985)..

[12] Wiesenauer, M.: Myrtillocactus – Haplopappus – Okoubaka. Dtsch. Apoth. Ztg. 125 , 754-756 (1985).

[13] Wiesenauer, M., Elies, M.: Praxis der Homöopathie, 4. Aufl., Hippokrates Verlag, Stuttgart 2004.

[14] Stauffer, H. U.: Zur Stellung der Gattung Okoubaka Pellegrin et Normand. Ber. Schweiz. Bot. Ges. 67 , 422-427 (1957).

[15] Malécot, V., et al.: A Morphological Cladistic Analysis of Olacaceae. Systemat. Bot. 29 , 569-586 (2004).

[16] Schier, W.: Mistel und Eichenmistel. Dtsch. Apoth. Ztg. 146 , 5362-5264 (2006).

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Markus Wiesenauer

Facharzt für Allgemeinmedizin

Homöopathie – Naturheilverfahren – Umweltmedizin

In der Geiss 8, 71384 Weinstadt
Nomenklatorisches
Okoubaka aubrevillei wurde 1937 von den Botanikern André Aubréville (1897–1982) und François Pellegrin (1881–1965) am Muséum National in Paris erstmals wissenschaftlich beschrieben und damals Octoknema okoubaka benannt. Bereits 1944 revidierten Pellegrin und Didier Normand (1908–2002) die Beschreibung: Sie schufen für den Baum eine neue Gattung, die sie in die Familie Santalaceae einordneten, und gaben ihm seinen heute noch gültigen Namen. cae
Homöopathisches Arzneimittel
Die Urtinktur von Okoubaka aubrevillei wird aus dem getrockneten Holz und der Rinde nach Vorschrift 4a des HAB hergestellt. Zu Okoubaka liegt eine Aufbereitungsmonographie der Kommission D vor. Üblicherweise wird Okoubaka in niedrigen Potenzen (D2, D3, D4) eingesetzt.
Die Rinde ist der offizinelle Teil von Okoubaka.
Okoubaka wächst im tiefen Urwald, duldet aber in seiner unmittelbaren Nähe keine anderen Bäume.
Foto: S. Illinois Univ., Carbondale

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