Ernährung aktuell

Milch und Milchprodukte (Teil 1)

Milch, das Lebenselixier in weiß

Von Geburt an begleitet uns Milch als eines der wertvollsten Nahrungsmittel durch das Leben. Die weiße Flüssigkeit wartet mit einer Kombination essenzieller Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente auf. Was im Detail in ihr steckt, warum Milch nicht gleich Milch ist und wie sie von der Kuh ins Glas kommt, interessiert nicht nur aus pharmazeutischer Sicht. Mit unserer Serie "Milch und Milchprodukte" wollen wir Ihnen Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Milch geben und Ihnen die Lebensmittelgruppe näher vorstellen.

Wenn man von Milch spricht, denkt man in erster Linie an Kuhmilch. Sie diente dem Menschen schon vor über 5000 Jahren als Nahrungsmittel und bis heute wird unter der Bezeichnung Milch innerhalb von Europa ausschließlich Kuhmilch verstanden. Stammt Milch von anderen Tieren, muss ihre Herkunft auf den handelsüblichen Verpackungen deklariert werden. An der Gesamtmilcherzeugung in der Welt haben außer Kuhmilch (90%) lediglich Büffelmilch (etwa 7%) und die Milch von Ziegen und Schafen (je etwa 1,5%) maßgeblichen Anteil.

Das Drüsensekret mit einem pH-Wert von 6,5 bis 6,7 und einer Dichte von 1,028 bis 1,034 g/ml ist mit allen Substanzen ausgestattet, die für eine vollständige Ernährung notwendig sind. Zu 86 bis 88% aus Wasser bestehend, ist Milch reich an lebenswichtigen Fetten, Eiweißen und Kohlenhydraten sowie an Mineralstoffen, Vitaminen und Enzymen.

Das Milchfett gilt als schneller Energielieferant und ist mit einem Anteil von 3 bis 5% der am stärksten schwankende Inhaltsstoff. Sowohl Rinderrasse als auch Fütterung, Haltung und Gesundheit der Milchtiere sorgen für den unterschiedlichen Fettgehalt. Dabei sind die winzigen Fetttröpfchen in der Wasserphase emulgiert – geschätzte zehn Milliarden auf einen Milliliter Milch – und machen das Milchfett damit zu einem der bekömmlichsten Nahrungsfette. Die hauptsächlich enthaltenen Glyceride niederer Fettsäuren werden im Darm rasch und vollständig absorbiert, ohne den Stoffwechsel zu belasten. Im Gegensatz zu anderen tierischen Fetten gilt Milchfett als cholesterinarm. Mit Hilfe von Standardisierungstechniken lässt sich in Molkereien der geforderte Fettgehalt von Trinkmilch einstellen.

... Milcheiweiß ...

Fast alle Proteinbausteine, die der Organismus für den Aufbau und Umbau körpereigener Gewebe benötigt, sind im Milcheiweiß (3,4%) vorhanden. Hauptbestandteil mit 82% ist Casein, ein Phosphoprotein, das mizellenartig strukturiert bei jeder Milchart zu finden ist. 18% des Milcheiweißes nimmt das Molkenprotein für sich in Anspruch. Seine Kombination aus Lactoglobulin, Lactalbumin, Serumalbumin, Lactoferrin und Immunglobulin ist ausschließlich Kuhmilch vorbehalten. Zusammen mit Casein ergibt sich eine hohe biologische Wertigkeit, so dass Milchprodukte die ideale Ergänzung zu pflanzlichem Eiweiß bilden. Allerdings können Milchproteine, in erster Linie Casein, allergische Reaktionen hervorrufen (Kuhmilchallergie). Die Ausfällung (Gerinnung) erfolgt beim Casein durch Säuerung, beim Molkenprotein durch Erhitzung.

... und Milchzucker

Für einen lang anhaltenden Energienachschub sorgt Milchzucker (Lactose) mit einem Anteil von 4 bis 5%. Das reduzierende Disaccharid wird sehr langsam vom Organismus aufgenommen und während des Verdauungsprozesses in seine Einfachzucker Galactose und Glucose aufgespalten. Ist das dafür notwendige Enzym Lactase nur eingeschränkt oder gar nicht aktiv, treten Milchzuckerunverträglichkeiten auf. Lactose unterstützt die Calcium- und Magnesium-Resorption, hemmt Fäulnisbakterien im Darm und kann bei übermäßigem Verzehr den Stuhlgang beschleunigen.

Vielfältig und essenziell: Mineralstoffe ...

Der wohl bekannteste Inhaltsstoff der Milch ist Calcium. Das vornehmlich an Knochen- und Zahnaufbau beteiligte Mineral liegt ebenso wie Kalium als anorganische Phosphat-, Citrat- oder Chloridverbindung vor. Seine hohe Bioverfügbarkeit lässt sich vor allem mit der Abwesenheit störender Begleitsubstanzen erklären, die beispielsweise in Pflanzen für eine eingeschränkte Aufnahme verantwortlich sind. Laut den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ist eine tägliche Calciumzufuhr von 1000 bis 1500 mg empfehlenswert, was sich bereits mit einem halben Liter Milch pro Tag zu zwei Dritteln abdecken lässt. In ebenfalls nennenswerten Mengen sind Magnesium und Natrium enthalten, verantwortlich für Muskelfunktionen, Osmoregulation der Zellen und zur Steuerung des Blutdrucks.

… Spurenelemente …

Eisen, Jod, Kupfer, Mangan Schwefel, Aluminium, Bor, Silizium und Zink liegen als Spurenelemente in sehr geringen Dosen vor.

… und Vitamine

Milch und Milchfrischprodukte enthalten einen ganzen Cocktail an Vitaminen. Im Milchfett sind Vitamin A, D, E und K gelöst, während sich sowohl Vertreter der B-Gruppe als auch Vitamin C in der wässrigen Milchphase aufhalten. Vor allem bei der umfassenden Versorgung mit Riboflavin (B2) und Cobalamin (B12) kommt der weißen Flüssigkeit eine besondere Bedeutung zu.

Vom Melkeimer ins Trinkglas

Rohmilch, die an Molkereien geliefert wird, muss hohen Qualitätsanforderungen entsprechen. Dabei ist, neben dem Fett- und Eiweißgehalt, vor allem ihre hygienische Gewinnung entscheidend. Die Milchkühe werden morgens und abends gemolken und liefern pro Tier und Tag eine Milchmenge von etwa 20 bis 40 kg. Wie viel Liter sich genau ergeben und wie Zusammensetzung und Güte der Milch beschaffen sind, wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, von denen die wichtigsten erbliche Veranlagung, Alter, Laktationsstand, Ernährung, Haltung und nicht zuletzt die Melktechnik sind. Nach der Gewinnung wird die Milch bei eintägiger Abholung auf mindestens 8 °C und bei zweitägiger Abholung auf mindestens 6 °C gekühlt. Ihr Transport zur Molkerei muss unter ständiger Beibehaltung der Kühlkette erfolgen. Noch vor der Weiterverarbeitung durchläuft das Melkgut eine umfassende Qualitätsprüfung nach der Milch-Güteverordnung. Dabei stehen die Bestimmung von Fett- und Eiweißgehalt, sowie der Keimzahl im Mittelpunkt. Liegt letztere unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten, beginnt der Aufarbeitungsprozess. Beim sogenannten Separieren wird die Rohmilch mit 5500 bis 6000 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert und von feinen Schwebstoffen und Schmutzpartikeln befreit.

So bekommt Milch ihr Fett weg

Im Verlauf des Zentrifugierens trennt sich die Magermilch vom Rahm und beide werden separat abgeleitet. Da der natürliche Fettgehalt der Milch starken Schwankungen unterliegt, erfolgt entsprechend den landesgesetzlichen Vorgaben eine Standardisierung. Dabei wird die Milch durch Zugabe von Milchfett auf einen bestimmten Fettgehalt eingestellt und es ergeben sich unterschiedliche Milchsorten:

  • Vollmilch mit natürlichem Fettgehalt von mindestens 3,5%
  • Vollmilch mit eingestelltem Fettgehalt von 3,5%
  • Teilentrahmte bzw. fettarme Milch mit 1,5% bis maximal 1,8% Fett
  • Entrahmte Milch bzw. Magermilch mit höchstens 0,5% Fett

Der überschüssige Rahm dient als Ausgangsstoff zur Butter- oder Sahneherstellung. Übrigens – Vollmilch enthält doppelt so viele Vitamine wie fettarme Milch, denn je höher der Fettgehalt desto mehr fettlösliche Vitamine A, D, E und K sind letztlich im Glas.

Hitze ist Gesetz

Um Krankheitserreger abzutöten und die Haltbarkeit zu verlängern, muss Milch entsprechend erhitzt werden. Dazu gelten die Vorschriften des Milch- und Fettgesetzes, wonach ohne sogenanntes Pasteurisieren Milch nicht in den Handel gelangen darf. Lediglich Bauern ist es erlaubt, ihre Rohmilch unbearbeitet direkt ab Hof zu vermarkten.

Beim gängigsten Pasteurisierungsverfahren, der Kurzzeiterhitzung, wird das Melkprodukt maximal 30 Sekunden auf 72 bis 75 °C erwärmt. Die so entstandene Frischmilch ist gekühlt acht bis zehn Tage haltbar. Durch sekundenlange Hocherhitzung bei Temperaturen zwischen 85 °C und 127 °C lässt sich "länger frische" Milch herstellen, die unter diesem Namen im Kühlregal platziert ist und etwa drei Wochen hält. Ungeöffnet mindestens sechs Wochen, in der Regel aber drei bis vier Monate haltbar ist die als H-Milch bekannte Variante. Sie entsteht durch Ultrahocherhitzung über ein bis vier Sekunden bei 135 bis 150 °C. Mit diesem Vorgang werden alle vermehrungsfähigen Keime abgetötet, der hohe Nährstoffgehalt bleibt jedoch erhalten. Wirken unter Luftausschluss mindestens 110 °C für zehn bis zwanzig Minuten auf die Milch ein, spricht man vom Sterilisieren. Das Produkt ist ungekühlt und gut verschlossen bis zu einem halben Jahr haltbar. Als positiver Nebeneffekt aller Hitzebehandlungen werden die enthaltenen Milcheiweiße in ihrer Struktur aufgelockert und somit leichter verdaulich. Um ein Aufrahmen zu verhindern, ist Konsummilch im Lebensmitteleinzelhandel heute durchweg homogenisiert. Dazu gelangt die Milch unter einem Druck von bis zu 350 bar bei 50 °C bis 75 °C durch feine Düsen, die Fetttröpfchen zerreißen und lagern sich wieder gleichmäßig zu kleineren Einheiten zusammen. Homogenisierte Milcherzeugnisse schmecken vollmundiger und sind leichter verdaulich.

Aussagekräftige Etiketten

Ob die Milch per Tüte, Flasche oder Tetrapack ins Kühlregal gelangt, ist für den Genuss zweitrangig. Wichtig sind jedoch bestimmte Kennzeichnungen auf der Verpackung, die dem Verbraucher Auskunft über Milchsorte, Menge, Fettgehalt und Haltbarkeit liefern. So muss angegeben sein, ob es sich um Voll- oder Magermilch handelt und welcher Wärmebehandlung sie unterzogen wurde. Der Hinweis auf Homogenisierung darf ebenso wenig fehlen, wie die Anschrift der Molkerei samt ihrem Genusstauglichkeitskennzeichen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum von Milch ist der Termin, bis zu dem das Erzeugnis unter den angegebenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält. <

Franziska Wartenberg
Eine deutsche Kuh versorgt im Durchschnitt 21 Bundesbürger mit Milch. Ihre mittlere Tagesleistung von 18 Litern Milch ergibt entweder 18 Liter Trinkmilch oder 3,5 Päckchen Butter oder 2,2 kg Käse oder 19 kg Joghurt.
Wird Milch angesäuert, fällt Casein aus. Es verleiht Quark oder Käse ihre feste Konsistenz. Das geronnene Protein findet jedoch auch außerhalb des Lebensmittelbereiches ein weites Anwendungsfeld. So wird das Eiweiß als gleichnamige Anstrichfarbe genutzt, bei der die Pigmente mit einem Bindemittel auf Basis von Casein gebunden sind. Als Kaseinleim dient es unter anderem zur Etikettierung von Getränkeflaschen und ist zudem in Fotolacken enthalten. Bis in die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts war Kasein Ausgangsmaterial für Galalith. Der Kunststoff entstand durch Polykondensation aus Casein und Formaldehyd und fand bei der Herstellung von Knöpfen, Schmuck und zur Isolierung elektrischer Anlagen vielfach Verwendung. Durch Säuren oder Enzyme verdautes Kasein wird zu sogenanntem Pepton und ist in der Biochemie Bestandteil von Nährböden oder -lösungen zur Kultivierung von Mikroorganismen.
Milch ist eine Emulsion, das bedeutet Fett und Eiweiß sind mit Hilfe eines natürlichen Emulgators (Lecithin) in kleinsten Tröpfchen in der wässrigen Milchphase verteilt. Diese Fetttröpfchen reflektieren das einfallende Licht und zerstreuen es in alle Richtungen. Die verschiedenen Farbanteile des sichtbaren Lichtes mit den jeweils unterschiedlichen Wellenlängen addieren sich und ergeben schließlich die weiße bis gelblich-weiße Farbe der Milch. Beim Stehenlassen steigen die Fetttröpfchen wegen ihres geringen spezifischen Gewichtes an die Oberfläche und bilden eine Rahmschicht (Sahne). Durch Zerstörung der Hüllmembranen der Fettkügelchen (Homogenisieren) oder deren Denaturierung (Pasteurisieren) wird dieser Vorgang verzögert.
Die Milch macht‘s Diesen Slogan kennt heute jedes Kind – und das dazugehörige Lebensmittel steht hoffentlich täglich auf dem Tisch.
Foto: Photocase/Jenzig71

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