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DAZ aktuell
Mängel in der Pflege
Ruf nach einem "Pflege-TÜV"
BERLIN (ks). Nach den jüngsten Berichten über teilweise eklatante Mängel in der ambulanten und stationären Pflege wird heiß debattiert, wie die Zustände verbessert werden können. Von vielen Seiten kam der Ruf nach einer Art Pflege-TÜV, der die Qualität einzelner Einrichtungen und Dienste unabhängig prüft und diese Ergebnisse in verständlicher Weise offen legt.
Der in der vergangenen Woche vorgestellte Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MSD) zur Pflegequalität sorgte für Aufsehen: Zwar hat sich die Situation vieler Pflegebedürftiger seit dem letzten Bericht vor drei Jahren verbessert – doch es gibt nach wie vor Heime und ambulante Dienste, deren Arbeit zu wünschen übrig lässt: So erhalten rund ein Drittel der Pflegebedürftigen nicht genug zu essen und zu trinken. Viele werden zudem nicht häufig genug umgebettet und liegen sich wund. Jeder Zehnte wird dem Bericht zufolge so unzureichend gepflegt, dass er hiervon krank wird (siehe AZ Nr. 36/2007, S. 3).
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt betonte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 3. September), dass die Pflegereform die Qualitätskontrollen und die Standards stärken soll. Dazu gehörten auch Prüfberichte, die künftig, in verständlicher Form aufbereitet, den Bürgern zur Verfügung stehen sollen. Schmidt ist überzeugt: "Schon wegen dieser neuen Transparenz werden die Heime im Wettbewerb sehr viel mehr Wert auf gute Qualität legen". Sie betonte zugleich, dass schon jetzt die überwiegende Mehrheit der Pflegeeinrichtungen und -dienste "eine hervorragende und aufopferungsvolle Arbeit an den pflegebedürftigen Menschen" leiste. Bislang sieht der Referentenentwurf aus dem BMG zur Pflegereform vor, dass Fachleute Konzepte entwickeln sollen, wie Pflege-Missstände behoben werden können. Sie sollen Standards vorlegen, nach denen die Prüfer künftig alle drei Jahre die Qualität von Pflegediensten und -heimen kontrollieren. Es soll auch mehr unangemeldete Kontrollen als heute geben – auch von anderen Stellen als dem MSD.
Schulnoten für Heime und Pflegedienste
Die SPD-Vizevorsitzende Elke Ferner wurde in der "Welt am Sonntag" konkreter: Es müsse für Pflegeinrichtungen und -dienste künftig ein Testurteil – ähnlich wie bei der Stiftung Warentest – geben. Nötig sei eine schnell über das Internet abrufbare Liste mit positiven und negativen Merkmalen der Einrichtungen, um Angehörigen von pflegebedürftigen Menschen die Auswahl zu erleichtern. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach ist für einen Pflege-TÜV in jeder Stadt. Dieser müsse jedes Jahr für jede Einrichtung Schulnoten geben und die Ergebnisse dann in einer Broschüre und im Internet veröffentlichen, sagte er dem Handelsblatt. Die bisherigen Pläne der Bundesregierung zur Verbesserung der Pflegesituation gehen Lauterbach nicht weit genug. Unterstützung kommt auch vom CDU-Kollegen Willi Zylajew: "Eine Art Stiftung Warentest für Pflegeheime und ambulante Dienste ist dringend nötig".
Zustimmung von den Pflegekassen
Bei den Pflegekassen trifft der Vorschlag ebenfalls auf Zustimmung. "Wir können uns einen solchen Pflege-TÜV gut vorstellen", sagte die Vize-Vorstandsvorsitzende der Barmer Pflegekasse, Birgit Fischer, der "Welt". Allerdings müsse die Vergabe nach einheitlichen und wissenschaftlich fundierten Kriterien erfolgen. "Mehr Qualität durch mehr Transparenz ist das Gebot der Stunde", erklärte auch BKK-Sprecher Florian Lanz. Jeder Laie müsse auf den ersten Blick erkennen können, ob ein Pflegeheim gut oder schlecht sei.
Ablehnung beim MSD
Auf Ablehnung trifft der Pflege-TÜV hingegen beim MSD: Geschäftsführer Peter Pick nannte die Diskussion "völlig überflüssig". Es müsse keine Institution neu erfunden werden. Die Prüfung und Bewertung von Pflegeeinrichtungen nehme der Medizinische Dienst seit Jahren erfolgreich wahr. Pick begrüßte jedoch, dass die Politik die Voraussetzungen für mehr Transparenz schaffen will, damit die Menschen sich über die Pflegeeinrichtungen informieren könnten. Schwarze Schafe könnten sich dann zukünftig nur noch schwer auf dem Pflegemarkt behaupten.
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