Standpunkte

Levothyroxin: Präparate-Hopping mit Folgen

Auch wenn Generikahersteller mit Bioäquivalenzstudien nachweisen müssen, dass ihre Präparate denen der Originalhersteller therapeutisch gleichwertig sind, gibt es in der Praxis immer wieder Probleme. Von besonderer Brisanz sind diese bei Wirkstoffen mit geringer therapeutischer Breite. Ein Beispiel dafür ist Levothyroxin. Verschärft durch das durch die Rabattverträge ausgelöste Präparate-Hopping müssen Patienten mit vielfältigen unerwünschten Wirkungen rechnen, weil mit dem neuen Präparat trotz gleicher Dosierung andere Hormonspiegel erreicht werden können. Zur Überprüfung der richtigen Einstellung ist daher nach jedem Präparatewechsel eine Bestimmung des TSH-Wertes notwendig. Diese Zusatzdiagnostik macht jedoch die Einsparungen zunichte.
Tab.: Teilbarkeit Levothyroxin-haltiger Tabletten – Angaben der Hersteller
Präparate
(Tabletten)
Bruchrille/Bruchkerbe
Teilbar (halbierbar)
Hersteller
Berlthyrox® 50 μg/-100 μg/-150 μg
+
+
Berlin-Chemie
Eferox® 25/-50/-75/-100/-125/-150
+
+
Lindopharm
Eferox® Jod 50 μg/150 μg/-75 μg/150 μg/ -100 μg/150 μg/-125 μg/150 μg/-150 μg/150 μg
+
+
Lindopharm
Eferox® Jod 100 μg/100 μg Tabletten
+
+
Lindopharm
Euthyrox® 25 μg/-50 μg/-75 μg/-100 μg/-125 μg/-150 μg/
-175 μg/-200 μg
+
+*)
Merck
Jodthyrox®
+
+*)
Merck
L-Thyrox® HEXAL® 25/-50/-75/-88/-100/-112/-125/-150/
-175/-200
+
+
Hexal
L-Thyrox® Jod HEXAL® 50/150/-75/150/-88/150/-100/
150/-112/150/-125/150/-150/150
+
+
Hexal
L-Thyrox® Jod HEXAL® 100/100
+
+
Hexal
L-Thyroxin beta® 25 μg/-50 μg/-75 μg/-100 μg/-125 μg/
-150 μg/-175 μg/-200 μg
+
+
betapharm
L-Thyroxin-Jod beta 100
+
+
betapharm
L-Thyroxin-CT 50 μg/-100 μg
CT Arzneimittel
L-Thyroxin Henning® 25/-50/-75/-100/-125/-150/-175/
-200
+
+
Henning Berlin/ Sanofi-Aventis
L-Thyroxin-ratiopharm® 50 μg/-100 μg
ratiopharm
Thevier® 50/-100
GlaxoSmithKline
Thyronajod® 50/-75/-100/-125/-150 Henning
+
+
Henning Berlin/ Sanofi-Aventis
*) nur Bruchrille zum Halbieren, nach Auskunft des Herstellers zu vierteln. Dosierungsgenauigkeit nicht geprüft!

Levothyroxin zeichnet sich durch eine geringe chemische Stabilität aus, die abhängig ist von Temperatur, Licht, Luft und Feuchtigkeit. Zudem beeinflussen Zusatzstoffe in den Präparaten die intestinale Resorption von Levothyroxin. Damit spielt die Galenik eine entscheidende Rolle für die Levothyroxin-Bioverfügbarkeit. Auch in den Fachinformationen von Levothyroxin-Präparaten findet sich der Hinweis, dass oral appliziertes Levothyroxin in deutlicher Abhängigkeit von der Art der galenischen Zubereitung bis zu maximal 80% nach Nüchterneinnahme vorwiegend aus dem Dünndarm resorbiert wird. Studien untermauern die unterschiedliche Bioverfügbarkeit von Levothyroxin-Präparaten. So konnte in einer randomisierten Doppelblindstudie mit 60 euthyreoten Probanden gezeigt werden, dass L-Thyroxin Henning® 100 eine deutlich höhere Bioverfügbarkeit hatte als das Vergleichspräparat Eferox® 100. Als Indikatoren dienten die Bestimmung von Thyreotropin und freiem T4 (fT4) im Serum. Schon nach acht Stunden wurden deutlich differierende fT4 -Spiegel gemessen. Die Autoren der 2002 veröffentlichten Studie forderten schon damals, bei einem Levothyroxin-Präparatewechsel regelmäßige Kontrollen des TSH und gegebenenfalls des fT4 -Spiegels durchzuführen. Auch amerikanische Fachgesellschaften hatten vor dem unkritischen Austausch von Levothyroxin-Präparaten gewarnt, nachdem von der FDA ein Levothyroxin-Generikum als bioäquivalent mit Markenpräparaten eingestuft und zur Substitution empfohlen worden war. Sie hatten auf vielfältige unerwünschte Wirkungen aufmerksam gemacht: Unzureichende Symptomkontrolle, Vorhofflimmern, Verschlechterung einer ischämischen Herzkrankheit, Frühgeburten bei bestehender Schwangerschaft und Hypercholesterolämie wurden als Beispiele aufgeführt. Mit ihnen sei zu rechnen, wenn Levothyroxin in zu hoher oder zu niedriger Dosierung eingesetzt wird. Ärzte wurden aufgefordert, ihre Patienten vor einer Substitution in der Apotheke zu warnen. Patienten sollten auf der Abgabe ihres gewohnten Präparates bestehen. Im Falle eines Wechsels sollte den Patienten dringend empfohlen werden, den TSH-Wert überprüfen zu lassen.

Solche aus therapeutischer Sicht dringend notwendigen Maßnahmen müssten auch bei uns bei jedem Wechsel auf ein anderes Levothyroxin-Präparat an der Tagesordnung sein. Für eine TSH-Bestimmung müssen die Kassen allerdings zwischen 10 und 25 Euro bezahlen. Die Einsparungen, die durch rabattierte Präparate zu erzielen sind, werden von der Ärzte-Zeitung mit etwa 1,82 Euro jährlich angegeben und stehen damit in keinem Verhältnis zu den Kosten der notwendigen Diagnostik. Wir wollten wissen, welche Probleme aus Sicht des Arztes bei den Umstellungen auf rabattierte Levothyroxin-Präparate auftreten und haben den Endokrinologen Prof. Dr. Armin Heufelder aus München gebeten, die Situation aus seiner Sicht zu schildern. Prof. Dr. Henning Blume, der seinerzeit schon an der Leitlinie Gute Substitutionspraxis der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft mitgearbeitet hat, geht in seiner Stellungnahme der Frage nach, ob wirkstoffgleiche Arzneimittel während einer laufenden Dauermedikation ohne Risiko für den Patienten ausgetauscht werden können. Für den Apothekenalltag ist es hilfreich zu wissen, welche Levothyroxin-haltigen Tabletten wie teilbar sind. Die DAZ hat bei den Herstellern nachgefragt. Die Antworten finden Sie in der Tabelle auf dieser Seite.

Quelle

Krehan A et al: Randomisierte, doppelblinde Crossover-Studie zur Bioverfügbarkeit von Levothyroxin. Med Klin 2002; 97: 522.

American Thyroid Association; The Endocrine Society; American Association of Clinical Endocrinologists: U.S. Food and Drug Administrations’s Decision Regarding Bioequivalence of Levothyroxine Sodium. Thyroid 2004; 14(7): 486.

Präparate-Hopping ist bei Thyroxin nicht ohne – und spart nichts. ÄrzteZeitung. 1. August 2007.

Blume H et al. Gute Substitutionspraxis – GSP. Leitlinie DPhG. Dtsch Apoth Ztg 2002;142: 1205 - 1214.

Levothyroxin (L-Thyroxin, T4) ist bei allen Arten der Schilddrüsenunterfunktion indiziert. Weiterhin wird es bei der Behandlung des euthyreoten Kropfes, zur Strumaprophylaxe nach Kropfoperationen, zusammen mit Thyreostatika bei Hyperthyreosen eingesetzt. Die Sekretion der Schilddrüsenhormone wird über das Hypothalamus-Hypophysensystem gesteuert. Niedrige Konzentrationen von Schilddrüsenhormon im Plasma führen zur Ausschüttung von Thyreotropin-Releasing-Hormon, gefolgt von Thyreotropin (TSH), das dann die Abgabe von T4 und untergeordnet von T3 aus der Schilddrüse induziert. Niedrige T4 -Spiegel führen zu einem Anstieg des TSH-Wertes, steigende T4 -Spiegel lassen ihn sinken. Bei der Strumabehandlung wird ein TSH-Zielbereich von 0,5 bis 1,5 mU/L (Normalbereich 0,4-2,5 mU/L) angestrebt, der jedoch erst nach mindestens sechs Wochen erreicht wird. Bei einem Präparatewechsel sollte daher nach sechs Wochen überprüft werden, ob der TSH-Wert im Zielbereich ist.

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