Feuilleton

Volksmedizin

Hausmittel gegen Husten

Husten als Symptom eines banalen Infektes ist zwar lästig, stellt aber meistens kein ernsthaftes Gesundheitsrisiko dar. Die Gefahr einer lebensgefährlichen Lungenentzündung ist im Zeitalter der Antibiotika gering. Früher stufte man den Husten hingegen als potenzielles Vorzeichen einer schweren Erkrankung ein und bemühte sich dort, wo man keinen Arzt aufsuchen konnte, ihn mit bewährten Hausmitteln zu behandeln.

Das einfachste Mittel gegen Husten ist vermutlich heiße Milch mit Honig. Es zeichnet sich durch zwei Eigenschaften aus, die typisch für viele Hustenmittel sind: Es ist heiß und süß. Eine dritte Eigenschaft des Mittels erkennt man nicht auf Anhieb: Es ist eine spezielle Zubereitung für eine Indikation, also ein Arzneimittel und kein Nahrungsmittel. Früher war Milch zwar ein Rohstoff zur Herstellung von Nahrungsmitteln wie Quark oder Käse, aber kein Alltagsgetränk!

Was süß schmeckt, regt anscheinend nicht nur die Speichelproduktion, sondern auch die Schleimproduktion in den Bronchien an und fördert den Auswurf. So spielen nicht nur Honig und Zucker als Zutaten zu Hustenmitteln eine große Rolle, auch das süß schmeckende Glyzerin und Süßholzextrakt waren früher in vielen Rezepturen enthalten.

Ein altbewährtes Mittel gegen Husten ist der Meerrettichsirup. Den Meerrettichsaft hatte schon Plinius der Ältere (1. Jh. n. Chr.) in seiner "Naturgeschichte" empfohlen; die Kombination von Meerrettich mit Zucker datiert aber frühestens vom hohen Mittelalter, als die Ärzteschule von Salerno nach arabischem Vorbild zuckerhaltige Arzneiformen in Europa bekannt machte.

Im Sachranger Rezeptbuch, das um 1800 in den Chiemgauer Alpen entstanden ist, findet sich als Hustenmittel eine Rezeptur von alkoholischem Rosensirup und Rettichsaft mit der Anweisung: "Morgens und abends jeweils zwei Esslöffel davon trinken, und es nimmt in erstaunlich kurzer Zeit den Husten hinweg."

Die "Fernsehärztin" Antje Kühnemann empfiehlt ein ähnliches, jedoch alkoholfreies Hausmittel: einen Meerrettich "köpfen" und oben eine Kerbe hineinschneiden, um sie mit Kandiszucker zu füllen; den Sirup, der sich dann von selbst bildet, in einem Gefäß auffangen.

Spitzwegerichbonbons

Eine Kostbarkeit waren früher die als Hustenmittel verwendeten Bonbons. Zucker war mengenmäßig die wichtigste Zutat, aber weil er eine teure "Kolonialware" war, ersetzte man ihn teilweise durch den altbewährten Honig, durch Malz und auch durch Stärkesirup (die im Mais, Weizen oder Kartoffeln enthaltene Stärke wurde enzymatisch gespalten), der wegen dieser Verwendung auch Bonbonsirup genannt wurde. Wenn das Endprodukt nicht ganz so hart sein sollte, gab man auch Butter, Olivenöl und Harze hinzu.

Nach einer gängigen Rezeptur für Bonbons wurde Zucker in Wasser gelöst und mit Stärkesirup gemischt. Diese Flüssigkeit wurde in einer Pfanne bei einer Temperatur so lange gesotten, bis sie eine zähflüssige Konsistenz besaß. Unmittelbar bevor man diese Masse auf ein Blech goss, wurden die Zutaten hinzugegeben. Während des Erkaltens wurden dann die Bonbons einzeln herausgeschnitten.

Typische Zutaten waren Extrakte oder ätherische Öle aus Thymian, Anis, Fenchel, Pfefferminze, Isländisch Moos, Ipecacuanha oder Meerrettich (s. o.) und Spitzwegerich. Gerade die Spitzwegerich-Bonbons stellt manche Hausfrau heute wieder in der eigenen Küche her.

Warme Wickeln

Mit Wärme hat man den Husten sowohl innerlich als auch äußerlich zu kurieren versucht, denn auch Wärme regt die Sekretion an. Die vielen Hustentees enthielten – wie noch heute – insbesondere pflanzliche Ätherisch-Öl- und Schleimdrogen, aber auch das Lungenkraut, das aufgrund der Signaturenlehre verwendet wurde: Man sah eine Ähnlichkeit zwischen seinen weiß-gefleckten Blättern und dem Lungengewebe und interpretierte dies als Hinweis auf die Wirksamkeit bei Lungenerkrankungen.

Die Wärme von außen wurde mit Hilfe von Zwiebel- oder Kartoffelbreiwickeln zugeführt. Ein solcher Wickel hat die "Nebenwirkung", dass er den Patienten zur Bettruhe zwingt. Dies ist auch ein Grund für die Heilwirkung – und ein Vorteil gegenüber der Wärmflasche. <W. Caesar

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