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Arzneimittel und Therapie
Neues Anwendungsgebiet für Alitretinoin
Patienten mit einem chronischen Hand-Ekzem leiden unter einer schwerwiegenden Erkrankung, die oft mit beruflicher Einschränkung und sozialer wie auch privater Ausgrenzung einhergeht. Ein typisches Beispiel ist das Zement-Ekzem oder die sogenannte Maurerkrätze, die als Berufskrankheit anerkannt ist. Durch die Arbeit im stets feuchten Milieu quellen die Hornzellen der Haut auf, und die Hydrolipidschicht wird herausgelöst. Damit wird die Funktion des Säureschutzmantels aufgehoben. Die Haut wird durchlässig für Bakterien und auch allergisierende Substanzen wie Chromat als Zementzusatz.
Handschuhe als Schutz
Die Folge sind Ekzeme, Hautrötungen, Schwellungen, Schuppungen, Risse, Bläschen- und Knötchenbildung. Die Berufsgenossenschaften empfehlen deshalb vorbeugend das Tragen von Schutzhandschuhen, geeignete Reinigungs- und Pflegemaßnahmen der Haut. Zur Orientierung sind, um beim Beispiel Bau zu bleiben, die Technischen Regeln für die Arbeit mit Gefahrstoffen 531 "Arbeiten im feuchten Milieu (Feuchtarbeit)" erlassen worden.
Oft therapieresistent
Etwa zehn Prozent der Bevölkerung sind von einem chronischen Hand-Ekzem betroffen. Davon haben sieben Prozent – in Nordeuropa und Nordamerika entspricht das etwa einer Million Menschen – eine therapieresistente Form, die sich nicht durch Glucocorticoide oder andere herkömmliche Therapiemethoden in den Griff bekommen lassen. Effektive Therapiemöglichkeiten bestehen bislang nicht. Für die Patienten ist vor allem die eingeschränkte Beweglichkeit der Hände wegen der veränderten Hautstruktur von Bedeutung. Nicht nur, dass bei etwa zwanzig Prozent innerhalb eines Jahres eine Berufsaufgabe notwendig ist, was eine Reihe an sozio-ökonomischen Problemen mit sich bringt. Darüber hinaus ist die Lebensqualität der Betroffenen stark gemindert, da Schmerzen und Schlafstörungen als Folge der Läsionen an den Händen auftreten.
Pflegetipps für Patienten mit einem chronischen Hand-Ekzem:
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Untersuchung an 2000 Patienten
Im Rahmen der BACH-Studie (Benefit of Alitretinoin in Chronic Handeczema) wurde die Wirksamkeit des Alitretinoins bei rund 2000 Patienten mit austherapiertem, glucocorticoidresistentem, chronischem Handekzem getestet. Die Probanden wurden in drei Gruppen – Placebo, 10 mg und 30 mg Alitretinoin täglich – eingeteilt. Die multizentrische Phase-III-Studie in Kanada und Europa dauerte zwischen zwölf und 24 Wochen. Zudem konnte beim erneuten Auftreten ekzematöser Beschwerden ebenfalls die Wirksamkeit des Alitretinoins belegt werden. Berücksichtigt wurden Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 75 Jahren. Sowohl die Dosis als auch die Dauer der Therapie haben einen Einfluss auf die Wirksamkeit. Bei einer einmal täglichen Gabe von 10 mg Alitretinoin heilten die Symptome bei 47,7% der Probanden aus, unter täglich 30 mg konnte bei 80% der Betroffenen ein vollständiges bis fast vollständiges Abklingen des Ekzems erreicht werden. Der genaue Wirkmechanismus ist noch ungeklärt. Vermutlich bindet Alitretinoin an Retinoidrezeptoren, die die Expression spezifischer Gene, die für die Zellproliferation verantwortlich sind, fördern.
Häufige Nebenwirkung: Kopfschmerzen
Bei der Testgruppe mit 30 mg waren die häufigsten Nebenwirkungen Kopfschmerzen (19,8%), Erytheme (7,3%), Nasopharyngitis (5,9%), trockene Lippen (3,7%) sowie Schwindel (3,4%). Bei der Patientengruppe, die mit 10 mg behandelt wurde, traten folgende Nebenwirkungen am häufigsten auf: Kopfschmerzen (10,8%), Nasopharyngitis (5,3%), Flush (4,4%), Ekzem (3,8%) und Schwindel (3,4%).
Die Einnahme von Alitretinoin führt außerdem zu einer Steigerung der Blutfettwerte. Die veränderten Blutwerte normalisieren sich innerhalb von vier Wochen nach Absetzen des Präparates.
Da Alitretinoin als teratogen eingestuft ist, sollte ein Empfängnisschutz vier Wochen über das Ende der Einnahme hinaus bestehen bleiben. Auch während der Stillzeit sollte auf eine Einnahme verzichtet werden, da nicht geklärt ist, ob die Substanz oder ihre Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Die Substanz gilt als schwach phototoxisch, UV-Strahlung kann während der Einnahme zu leichten Hautreizungen führen. Auch wenn Alitretinoin über die Cytochrome P450 2C9, 3A4, 1A1, 1A2 zu Retinoin, Isotretinoin, 4-Oxo-9-cis-retinsäure und 4-Oxo-all-trans-retinsäure abgebaut wird, sind bislang keine Interaktionen beschrieben.
QuelleInformationen der Firma Basilea
Apothekerin Constanze Schäfer
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