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- DAZ 51/2007
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Feuilleton
Kulturgeschichte
Symbolik des Granatapfels
Der Granatapfel gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und zieht auch als Motiv der Kunst eine Spur durch die Kulturgeschichte. Nicht zuletzt ist er das Symbol eines weltweit tätigen Krankenpflegeordens.
Der Granatapfel ist wahrscheinlich in Persien heimisch und wurde schon in den Hochkulturen des 3. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien kultiviert. Von dort breitete er sich zunächst nach Syrien und Palästina und dann im gesamten Mittelmeerraum aus. Ab Mitte des 2. Jahrtausends erscheint er auf vielen ägyptischen Wandmalereien. Die Juden, die Mose aus Ägypten ins gelobte Land Kanaan führte, fanden dort "sieben Früchte" vor: Weizen, Gerste, Oliven, Weintrauben, Datteln, Feigen und den Granatapfel. Die Römer nannten ihn "malum punicum", weil sie ihn durch die Phönizier (Punier) kennen gelernt hatten, sowie "pomum granatum", kernreicher Apfel. Auf die Bezeichnung "malus punica" für den Baum geht der heutige Gattungsname Punica zurück.
Die Araber brachten den Granatapfel nach Spanien, wo sie ihn u. a. in der Gegend von Granada anbauten; die Stadt identifizierte sich später mit dem Granatapfel, obwohl ihr ähnlich lautender Name einen anderen (arabischen) Ursprung hat. Die Spanier verbreiteten den Granatapfel in der Neuen Welt, so auch im 18. Jahrhundert in Kalifornien, wo heute das größte Anbaugebiet der USA liegt.
Im 20. Jahrhundert sind die Anbauflächen des Granatapfels weltweit stark geschrumpft zugunsten eines anderen "Apfels", der Apfelsine, sowie verwandter Zitrusfrüchte. Schon vorher hatte die Apfelsine oder Orange den Granatapfel in einem Motiv der mythologischen Kunst ersetzt: als "Apfel" im Urteil des Paris.
Sicut fragmen mali punici
Als allseits bekannte Frucht konnte der Granatapfel auch als Metapher und Symbol dienen. Im Hohenlied König Salomos (4,3) heißt es: "Deine Wangen sind wie der Ritz am Granatapfel", wobei es der Interpretation überlassen bleibt, ob das Gesicht der Schönen teilweise verschleiert oder durch die Haare bedeckt war, sodass nur ein Teil ihrer roten Wangen hervorleuchteten. Im Mittelalter wurde das Hohelied mit seinen vielen erotischen Anspielungen mystisch verbrämt und auf Maria oder die Mutter Kirche bezogen. Entsprechend finden wir in der christlichen Kunst den Granatapfel als Mariensymbol. Zugleich symbolisieren seine vielen Kerne aber auch das Ausmaß der Leiden Christi. Ein kombiniertes Marien- und Christussymbol stellt der Granatapfel in dem Gemälde "Madonna mit Granatapfel" von Sandro Botticelli dar: Maria hält dem Jesuskind einen aufgesprungenen Granatapfel vor. Jesus berührt ihn und schaut in die Ferne, als sähe er seine Passion voraus.
613 Kerne
Ein großer Granatapfel enthält etwa 800 Kerne. Nach einer jüdischen Überlieferung sind es im Idealfall 613, also genauso viele, wie es Gesetze im Alten Testament gibt. Diese große Anzahl prädestinierte den Granatapfel als Symbol für die Fruchtbarkeit. Der ganze Baum galt im Orient – unabhängig von der Religion – als eine Art Lebensbaum und findet sich häufig in Werken der Volkskunst wie z. B. auf Teppichen. Auch als Symbol weltlicher Herrschaft tritt er hin und wieder in Erscheinung, so in Albrecht Dürers Porträt von Kaiser Maximilian I. und in einem Kindheitsbildnis des späteren Kaisers Napoleon III. zusammen mit seiner Mutter Hortense de Beauharnais, das François Gerard gemalt hat.
Granatapfel in Medizin und Pharmazie
Als Arzneidroge spielte der Granatapfel eine eher bescheidene Rolle. Erwähnt sei, dass Paracelsus ihn aufgrund der Signaturenlehre gegen Zahnkrankheiten empfahl; er meinte nämlich, dass die im Spalt eines aufgesprungenen Granatapfels sichtbar werdenden Kerne an die beiden Reihen der Schneidezähne erinnern. Die Anwendung von Extrakten der gerbstoffreichen Rinde könnte zumindest bei Zahnfleischentzündungen hilfreich gewesen sein.
Auf dem Umweg über Granada wurde der Granatapfel für die Medizin und Pharmazie bis heute bedeutend. Der Portugiese Johannes von Gott (1495–1550) hatte in Granada ein Hospital und eine Bruderschaft zur Pflege von mittellosen Kranken gegründet und als Ordenssymbol den Granatapfel gewählt. Der Orden, der sich durch Spenden finanzierte und die Kranken unentgeltlich behandelte, breitete sich rasch in allen katholischen Ländern aus; so gründete er 1614 bzw. 1615 in Wien und Graz die noch heute bestehenden Krankenhäuser mit den angeschlossenen Apotheken "Zum Granatapfel". Weitere Niederlassungen waren u. a. in Neuburg an der Donau (1622), Breslau (1710), Münster in Westfalen (1729), München (1750) und Mannheim (1752). Besonders prächtig war die durch Franz Anton Graf von Sporck veranlasste Gründung in dem damaligen Badeort Kukus (Kuks) in Ostböhmen im Jahr 1743; in dem mit vielen barocken Einrichtungsgegenständen erhaltenen Apothekengebäude befindet sich heute das Tschechische Pharmazeutische Museum. <
LiteraturMuthmann, F.: Der Granatapfel, Symbol des Lebens in der Alten Welt. Freiburg i. Ue. 1982.
"Granatapfel", in: Der neue Pauly – Enzyklopädie der Antike, Bd. 4, S. 1203. Stuttgart/Weimar 1998.
W. Caesar
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