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- AZ 41/2008
- Tiere auf der Fahrbahn
Tiere auf der Fahrbahn
Laufe nachts ein Tier über die Straße, so die Karlsruher Richter, habe der Autofahrer "abzuwägen", ob der mögliche Schaden an seinem Wagen durch einen Zusammenprall größer sein könnte als der, wenn er ausweiche und dabei von der Straße abkomme. Dabei habe er die Größe des Tieres zu berücksichtigen. Hier war es ein Fuchs, den der Fahrer nicht hätte schonen dürfen. Er tat es, fuhr in den Graben und hat damit seinen Teilkaskoversicherungsschutz verspielt.
Bei einem Hirsch oder einem Reh wäre die Sachlage anders gewesen. Das Argument des Autofahrers, er habe in einer Schrecksekunde gar nicht so schnell feststellen können, ob es sich um ein großes oder kleineres Tier gehandelt habe, wischten die Bundesrichter mit dem Bemerken vom Tisch, dass dies durchaus möglich gewesen wäre.
(Az.: IV ZR 276/02)
Damit hat das oberste Zivilgericht Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte zu Makulatur werden lassen, die beim Thema "Fuchs" zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen waren. Sie hatten Füchse den "großen" Tieren zugeordnet. Diese Aussage ist nicht mehr zu halten – mit der Folge, dass bei einem Fuchs im Scheinwerferkegel die Lösung nur lauten kann: draufhalten Wer es – aus welchen Gründen auch immer – nicht tut oder einfach nicht in der Lage ist, ein solches Tier zu töten, zumindest schwer zu verletzen, der macht dies auf eigenes Risiko.
Für Motorradfahrer gilt zumindest derzeit noch anderes Recht – wie einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zu entnehmen ist: Ein Biker wich in einer Kurve einem von links kommenden Fuchs aus und geriet dabei in die Leitplanke. Die Kaskoversicherung hätte sich gewünscht, dass er "draufgehalten" hätte; er habe "unverhältnismäßig und damit grob fahrlässig" gehandelt. Die Richter sprachen dem verunglückten Motorradfahrer den Schadenersatz zu: Im Gegensatz zu einem Pkw werde ein Motorrad instabil, wenn es ein Kleintier überrolle.
(Az.: 6 U 209/00)
In einem anderen Fall mit Motorrad-Beteiligung traf das Oberlandesgericht Koblenz eine interessante Entscheidung, in der ebenfalls kein "Wild berührt" wurde. Der Biker wollte durch eine Vollbremsung (hier aus einer Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h) den Zusammenprall mit einem auf die Straße gelaufenen Reh vermeiden. Er stürzte und verlangte Leistungen von seiner Kaskoversicherung, die aber ablehnte. Die Koblenzer Richter sprachen ihm aber Schadenersatz zu. Der junge Mann habe glaubhaft gemacht, beim Bremsvorgang nicht nur an sein eigenes Leben gedacht zu haben, sondern auch sein Fahrzeug möglichst nicht beschädigen zu wollen. Dabei handele es sich um eine "Rettungshandlung", die nach dem Versicherungsvertragsgesetz Leistungsansprüche auslöse. Aus der Urteilsbegründung: "Das Interesse, die Beschädigung seines Fahrzeugs zu verhindern, ist kein nur ganz geringfügiges Rettungsinteresse, welches bei einer lebensnahen – und an der Verkehrsanschauung orientierten – Betrachtung ganz zurücktreten würde" (Az.: 10 U 1415/05). In gleichem Sinne entschied das Oberlandesgericht Oldenburg • (Az.: 3 U 80/04)
Eine Versicherungskuriosität sorgte in Hamburg für Schmunzeln: Ein Vollkaskoversicherer verweigerte die Regulierung eines Unfallschadens, weil sie die Version des Fahrers vom Unfallhergang nicht glaubte. Er hatte im Schadenformular angegeben, mit einem Wildschwein zusammengestoßen zu sein, bevor er ins Schleudern geriet und gegen einen Baum prallte. Der Sachbearbeiter hatte vermutet, die am Unfallort gefundenen Wildhaare seien vom Fahrer dort "verstreut" worden Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hielt das für zu weit hergeholt.
(Az.: 14 U 42/02).
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