Arzneimittel und Therapie

"Altes" Zytostatikum mit überzeugenden neuen Daten

Nachdem das Hybridalkylanz Bendamustin 1962 entwickelt und von Jenapharm in der DDR auf den Markt gebracht wurde, wird es seit der deutschen Vereinigung auch in ganz Deutschland zunehmend beim Non-Hodgin-Lymphom und beim multiplen Myelom eingesetzt. Viel versprechende Studien bei der chronisch lymphatischen Leukämie, die während des amerikanischen Hämatologenkongresses ASH vorgestellt wurden zeigen, dass Bendamustin im Vergleich zu Chlorambucil die Dauer der Remission verdreifachte.

In einer randomisierten, multizentrischen Phase III-Studie wurden 305 nicht vorbehandelte Patienten mit einer chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) in einem medianen Alter von 63 Jahren randomisiert und entweder mit Bendamustin 100 mg/m2 an Tag 1 und 2 alle 28 Tage oder mit Chlorambucil 0,8 mg/kg an Tag 1 und 15 alle 28 Tage für sechs Zyklen behandelt [1]. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,5 Monaten war die Remissionsrate im Bendamustin-Arm höchst signifikant höher als im Chlorambucil-Arm (68% vs. 39%; p < 0,0001). Zu einer kompletten Remission kam es bei 30% der Patienten unter Bendamustin, aber nur bei 2% unter Chlorambucil. Die Patienten, die mit Bendamustin behandelt wurden, hatten ein mehr als doppelt so langes medianes progressionsfreies Überleben wie Patienten unter Chlorambucil (21,7 Monate vs. 9,3 Monate; p < 0,0001). Außerdem bewirkte die Therapie mit Bendamustin im Vergleich zu Chlorambucil eine höchst signifikante Verlängerung der medianen Remissionsdauer.

Bendamustin + Rituximab bei indolenten Lymphomen

Bei den indolenten Lymphomen, das heißt Lymphomen, die sich durch eine Behandlung zwar gut zurückdrängen lassen, aber in der Regel nicht heilbar sind, war ein anderer Vergleich interessant: Vorgestellt wurden die Interimsergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie, die in der First-line-Therapie bei Patienten mit indolenten Lymphomen Bendamustin plus Rituximab (BR-Schema) mit dem bisherigen Standardschema R-CHOP (Cyclophosphamid, Vincristin, Prednison, Adriamycin und der monoklonale Antikörper Rituximab) vergleicht [2]. Die Patienten erhielten entweder 375 mg/m2 Rituximab an Tag 1 plus Bendamustin 90 mg/m2 an Tag 1 und 2 alle 28 Tage oder Standard-R-CHOP alle 21 Tage. Studienziel ist zu zeigen, dass die ereignisfreie Überlebenszeit im Bendamustinarm nicht kürzer als im CHOP-Arm ist (< 10% nach drei Jahren).

In der präsentierten Zwischenanalyse wurden nun die Daten von 273 für die ereignisfreie Überlebenszeit evaluierbaren Patienten bei einer Nachbeobachtungszeit von 17 Monaten vorgestellt. In beiden Armen war das Ansprechen sehr gut: 94% unter Bendamustin plus Rituximab vs. 93% unter R-CHOP. Die komplette Remissionsrate betrug im BR-Arm 51%, im CHOP-R-Arm 41%. Progression oder Relapse wurden bei 27 Patienten im BR-Arm und 32 Patienten im R-CHOP-Arm beobachtet. Einen deutlichen Unterschied gab es im Hinblick auf die Toxizität: Während unter BR keinerlei Alopezie auftrat, kam es bei 40% der R-CHOP-Patienten zum Haarausfall. Signifikant niedriger war auch das Risiko für Infektionen unter Bendamustin plus Rituximab. Während unter R-CHOP bei 41% der Patienten eine Leukopenie vom WHO Grad III/IV zu verzeichnen war, waren es nur 19% im Arm mit der Bendamustin plus Rituximab-Chemotherapie. Wenn auch über den Studienendpunkt ereignisfreie Überlebenszeit zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Aussage gemacht werden konnte, so weisen diese vorläufigen Daten darauf hin, dass das Schema Bendamustin plus Rituximab ebenso effektiv wie R-CHOP jedoch besser verträglich ist.

Bendamustin

Bendamustin (Ribomustin®) ist ein Stickstoff-Lost-Derivat aus der Gruppe der bifunktionellen Alkylanzien. Die antineoplastische und zelltoxische Wirkung basiert im Wesentlichen auf Quervernetzungen der DNA-Einzel- und Doppelstränge durch Alkylierung. Dadurch werden die Matrixfunktionen und die Synthese und Reparatur der DNA gestört.

Es ist in Deutschland zugelassen zur intravenösen Anwendung

in der Frühtherapie des fortgeschrittenen indolenten Non-Hodgin-Lymphoms im Kombinationsprotokoll sowie

beim fortgeschrittenen multiplen Myelom im Stadium II im Progress im Kombinationsprotokoll mit Prednison.

Zulassung in den USA für2008 erwartet

Zielsetzung einer in den USA und Kanada durchgeführten, einarmigen Phase-III-Studie mit 100 Patienten ist die Beurteilung der Effektivität und Sicherheit von Bendamustin bei stark vorbehandelten Rituximab-refraktären Patienten mit indolenten Lymphomen. Interimsergebnisse mit 38 Patienten zeigten eine Gesamt-Ansprechrate von 84% (CR: 29%) [3]. Die mittlere Ansprechdauer lag bei über neun Monaten, das progressionsfreie Überleben bei nahezu zehn Monaten. Hinsichtlich der Toxizität wurden bei 60% der Patienten vor allem Leukopenie und Neutropenie Grad III oder IV beobachtet. Ein Viertel der Patienten entwickelte eine Thrombozytopenie, febrile Neutropenie trat nicht auf.

Aufgrund der positiven Studiendaten wurde Bendamustin in den USA der Orphan-drug-Status verliehen und die Bearbeitungszeit des Zulassungsantrages wurde auf nur sechs Monate verkürzt. Bereits Ende März 2008 wird in den USA mit der Zulassung von Bendamustin für das indolente Lymphom gerechnet, dort wird es vorraussichtlich unter dem Handelsnamen Treanda® von Cephalon vertrieben. Die Vertriebsrechte für Bendamustin mit dem Handelsnamen Ribomustin® liegen in Europa bei Mundipharma.

 

Quelle

[1] Bendamustin Versus Clorambucil in Treatment-Naïve Patients with B-Cell Chronic Lymphocytic Leukemia (B-CLL): Results of an International Phase III Study. W. Knauf, T. Lissichkov, A. Aldaoud et al. Am. Hem. 110: 609a, abstr. 2043, 2007.

[2] Bendamustine Plus Rituximab Versus CHOP Plus Rituximab in the First-Line Treatment of Patients with Indolent and Mantle Cell Lymphomas-First Interim Results of a Randomized Phase III Study of the StiL. M. Rummel, U. von Gruenhagen, N. Niederle et al. Am. Hem. 110: 120a, abstr. 385, 2007.

[3] Bendamustin Is Safe and Effective in Patients with Rituximab-Refractory, Indolent B-Cell Non-Hodgkin Lymphoma. B. Kahl, N. Bartlett, J. Leonard et al. Am. Hem. 110: 406a, abstr. 1351, 2007.

 


 

Apothekerin Dr. Annette Junker

 

 

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