Feuilleton

Klostermedizin an der Mosel

Die Klöster des Mittelalters waren Orte der Bewahrung und Weitergabe von Wissen – auch auf dem Gebiet der Medizin und Pharmazie. In jeder älteren Klosterbibliothek befanden sich Handschriften, von denen aber nur ein Teil die Säkularisation um 1800 überstanden hat. Eine medizinische Sammelhandschrift aus dem aufgehobenen Augustiner-Chorherrenstift Eberhardsklausen gelangte damals ins 30 km entfernte Trier.

Die Geschichte von Eberhardsklausen begann 1442 mit einer Einsiedelei und einer Marienfigur, die als wundertätig galt und eine ständig wachsende Schar von Pilgern anzog – Klausen (im Landkreis Bernkastel-Wittlich) ist auch jetzt noch ein bedeutender Wallfahrtsort.

Zur Betreuung der Pilger wurde 1456 das Kloster gegründet. Das sog. Eberhardsklausener Arzneibuch entstand kurz danach, was darauf schließen lässt, dass sich die Mönche nicht auf die Seelsorge beschränkten, sondern sich auch für das leibliche Wohl der Pilger verantwortlich fühlten.

Im Gegensatz zu modernen Arzneibüchern handelt es sich beim Eberhardsklausener Arzneibuch nicht um ein Werk zur Qualitätssicherung von Arzneimitteln, sondern um ein heilkundliches Kompendium aus ganz verschiedenartigen Texten. Beispielsweise enthält es eine Physiognomik, einen Aderlasstraktat, Badevorschriften, eine Todesprognostik, einen Harntraktat sowie viele Rezepte, die wiederum großenteils aus anderen Handschriften abgeschrieben worden sind. Zu diesen Quellen gehören der "Deutsche Macer" sowie das Arzneibuch des Würzburger Wundarztes Ortolf von Baierland, zwei der am weitesten verbreiteten und am häufigsten überlieferten "Fachbücher" des späten Spätmittelalters.

Eine im Jahr 2006 publizierte Edition des Eberhardsklausener Arzneibuchs mit Kommentaren und Verzeichnissen war schon nach kurzer Zeit vergriffen (Hrsg. Marco Brösch, Volker Henn, Silvia Schmidt; Klausener Studien, Band 1). Diese Tatsache zeigt, dass es sich lohnt, medizin- und pharmaziehistorische Schätze aus alten Klosterbibliotheken zu heben und sie einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen.


Dr. Thomas Richter, Würzburg

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