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- DAZ 13/2008
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Arzneimittel und Therapie
Bei Diarrhö intestinale Hypersekretion inhibieren
Eine Infektion mit Bakterien und Viren (siehe Kasten) ist die häufigste Ursache einer akuten Durchfallerkrankung. Meist handelt es sich dann um eine sekretorische Diarrhö, charakterisiert durch intestinale Hypersekretion. Innerhalb von wenigen Tagen heilt die infektiöse Diarrhö meist wieder aus. Problematisch aber ist, insbesondere für sehr junge und sehr alte Menschen, der Flüssigkeitsverlust. Entsprechend ist die Therapie der Wahl die rasche orale, seltener auch intravenöse Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten. Sie hat allerdings keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung und die Krankheitsdauer.
Formen der Diarrhö
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Enkephalinase hemmen – Hypersekretion stoppen
Mit dem Sekretionshemmer Racecadotril, einem Inhibitor der Enkephalinase, ist eine kausale Therapie möglich, denn er beeinflusst direkt die Hypersekretion im Darm ohne ihn lahmzulegen. Der Wirkmechanismus ist ausgeklügelt: Enkephaline sind endogene Neuropeptide, die maßgeblich die sekretorischen Prozesse im Darm steuern indem sie sekretionshemmend wirken und so für ein physiologisches Gleichgewicht sorgen. Bei einer akuten Diarrhö werden die Enkephaline jedoch von der Enkephalinase gespalten. Es kommt zur Hypersekretion. Racecadotril hemmt rasch und zuverlässig die Enkephalinase und schützt so die Enkephaline vor dem Abbau. Das Gleichgewicht zwischen Wassersekretion und Wasserresorption wird wiederhergestellt, die exzessive Sekretion gehemmt.
Schnelle Symptomfreiheit
Racecadotril ist lipophil und wird schnell über den Dünndarm aufgenommen. Eine Metaanalyse bei gesunden Erwachsenen zeigte, dass die Aktivität des Enzyms Enkephalinase im Dünndarmepithel bereits innerhalb von 30 bis 60 Minuten signifikant gehemmt wird. Bislang wurden insgesamt 42 Studien mit knapp 3000 Kindern und Erwachsenen durchgeführt. Sie dokumentieren eine rasche Besserung der Diarrhö, wobei 80% der Patienten bereits am ersten Tag symptomfrei werden. Eine doppelblinde Parallelgruppenuntersuchung bei Erwachsenen mit akuter Diarrhö, die dreimal täglich 100 mg Racecadotril (n = 32) mit Placebo (n = 38) verglich, zeigte einen Rückgang des Stuhlgewichts um knapp 30% innerhalb der ersten 24 Stunden und eine Reduktion der Stuhlfrequenz. Auch die Begleitsymptomatik wie perianales Brennen, Schmerzen, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen, wurde günstig beeinflusst. "Das gesamte Krankheitsbild besserte sich", so Prof. Dr. Peter Layer.
Sekundärobstipation seltener
Besonders interessant ist der Vergleich von Racecadotril mit dem Klassiker Loperamid. Als Risiko des Motilitätshemmers betonte Layer die fehlende Keimausscheidung. "Der Durchfall wird geringer, aber der Infekt bleibt". Dadurch würden Symptome verschleiert, die Krankheit möglicherweise verschleppt. Racecadotril hat dagegen keinen Einfluss auf die Darm-Transitzeit. Gefährliche Krankheitserreger können ungehindert ausgeschieden werden. Direkte klinische Vergleichsstudien zwischen Loperamid und Racecadotril zeigen, dass beide Wirkstoffe die Dauer der Diarrhö gleichermaßen schnell reduzieren und hohe Ansprechraten über 90% zeigen. Unter dem Enkephalin-asehemmer gehen jedoch die assoziierten abdominellen Beschwerden schneller zurück, das Risiko einer Sekundärobstipation ist deutlich niedriger (32% versus 8%). Das Nebenwirkungsspektrum von Racecadotril liegt auf Placeboniveau, abgesehen von dem leicht erhöhten Risiko der Rebound-Obstipation.
Eine Frage der JahreszeitWelche Keime am wahrscheinlichsten hinter einer akuten Diarrhö stecken, ist auch eine Frage der Jahreszeit, so Prof. Dr. Peter Layer, Hamburg. Dominieren im Sommer vor allem Salmonellen (verdorbene Nahrungsmittel!), Yersinien und Campylobacter jejuni sind es im Winter Viren, die dem Darm zu schaffen machen, allen voran die hochinfektiösen Rotaviren und Noroviren. |
Auch bei chronischer Diarrhö?
Eine erste Studie gibt es zum Einsatz von Racecadotril bei chronischer Diarrhö, genauer gesagt bei der HIV-assoziierten Diarrhö, die seit mehr als sechs Monaten refraktär ist. Hier konnte zumindest eine Reduktion der täglichen Stuhlfrequenz von sieben auf vier Stühle erreicht werden. "Es gibt immerhin Hinweise, dass Racecadotril auch bei chronischer Diarrhö wirksam ist und kein Wirkverlust eintritt", konstatierte Layer.
Racecadotril ist verschreibungspflichtig. Es steht bereits seit 2004 für Kinder als 10-mg- und 30-mg-Granulat zur Herstellung einer Suspension zur Verfügung und seit Kurzem nun auch als 100-mg-Hartkapseln für Erwachsene.
Quelle
Prof. Dr. Peter Layer, Hamburg "Moderne Behandlung der Diarrhö: Sekretionshemmer Tiorfan® – jetzt auch für Erwachsene", Frankfurt, 27. Februar 2008, veranstaltet von der Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden.
Apothekerin Dr. Beate Fessler
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