Arzneimittel und Therapie

Welche Rolle spielen Alter und Blutdruck?

Zur Einschätzung des vaskulären Mortalitätsrisikos werden häufig die Cholesterinwerte herangezogen. Doch in welchem Ausmaß beeinflussen Alter und Blutdruck diese Korrelation? Mit dieser Frage befasste sich eine Arbeitsgruppe, die 61 prospektive Beobachtungsstudien in einer Metaanalyse auswertete.

Die erforderlichen Daten wurden 61 prospektiven Beobachtungsstudien entnommen, an denen nahezu 900.000 Erwachsene aus Westeuropa und Nordamerika teilgenommen hatten. Aus den Studien gingen Angaben zum Alter, Geschlecht sowie zum Gesamtcholesterin und zur Höhe des Blutdrucks hervor. Rechnet man alle Daten zusammen, so wurden in der Altersgruppe der 40- bis 89-Jährigen mehr als 55.000 gefäßbedingte Todesfälle verzeichnet (34.000 aufgrund einer ischämischen Herzkrankheit, 12.000 aufgrund von Schlaganfällen, 10.000 waren andere vaskulär bedingte Todesfälle). Von 150.000 Teilnehmern lagen Informationen zum HDL-Cholesterin vor. Von diesen Probanden starben 5000 an einer vaskulär bedingten Erkrankung (3000 an einer ischämischen Herzkrankheit, 1000 an einem Schlaganfall und 1000 an weiteren gefäßbedingten Erkrankungen).

Senkung des Cholesterinwertes verringert Mortalität

Die Auswertung dieser Daten in der Metaanalyse ergab, dass eine Senkung des Cholesterinwertes um ein Millimol pro Liter (das entspricht 39 mg/dl) bei 40- bis 49-jährigen Probanden die Mortalität aufgrund einer ischämischen Herzkrankheit um mehr als die Hälfte verringerte. In der Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen konnte die Mortalität durch Senkung des Cholesterinwertes um ein Drittel und in der Altersgruppe der 70- bis 89-Jährigen um ein Sechstel gesenkt werden. Dieser Zusammenhang – die altersabhängige Abnahme der Mortalität aufgrund einer ischämischen Herzkrankheit durch die Cholesterinsenkung – wurde durchgängig bei allen Cholesterinkonzentrationen und in den meisten entwickelten Ländern festgestellt.

Die proportionale Risikoverringerung nahm mit höheren Blutdruckwerten ab.

Die treffendste Vorhersage für das Risiko einer ischämischen Herzerkrankung ergab sich aus dem Verhältnis von Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin. Der Wert für das Gesamtcholesterin eignete sich weniger gut, um das Risiko einzuschätzen.

Assoziation zum Schlaganfall unklar

Bei den Probanden der Altersgruppe von 40 bis 59 Jahren wurde eine schwache Assoziation zwischen dem Gesamtcholesterinwert und der Mortalität aufgrund eines Schlaganfalls festgestellt. Diese Assoziation kann aber weitgehend auf den Zusammenhang zwischen Cholesterin und Blutdruck zurückgeführt werden. Eine positive Relation wurde nur in der mittleren Altersgruppe und nur bei jenen Studienteilnehmern festgestellt, die unterdurchschnittliche Blutdruckwerte aufwiesen. Im fortgeschrittenen Alter, also bei den 70- bis 89-jährigen Probanden, änderte sich die Beziehung zwischen dem Cholesterinwert und der Mortalität aufgrund eines Schlaganfalls: Hier waren höhere Cholesterinwerte mit einer geringeren Schlaganfall-Sterblichkeit verknüpft. Diese Assoziation wurde vor allem bei den Probanden mit einem systolischen Blutdruck oberhalb etwa 145 mmHg festgestellt.

Kommentar

In einem begleitenden Kommentar wird folgendes Resümee gezogen: Cholesterin ist unabhängig vom Alter oder Blutdruck ein hoher Risikofaktor für ischämische Herzerkrankungen. Durch eine Senkung des Cholesterinwertes kann dieses Risiko reduziert werden, was Studien mit Statinen zeigen. Möglicherweise besteht auch eine Verbindung zwischen dem Cholesterinwert und dem Schlaganfall-Risiko (zumindest bei atherothrombotischen Schlaganfällen), und es gibt Hinweise, dass eine Senkung der Cholesterinwerte durch Statine die Risiken für Schlaganfälle und Karotisstenosen herabsetzen. Diese Risikoverringerung erfolgt unabhängig von Cholesterinwert, Blutdruck und Alter.


Tab. 1: Hazard ratio (HR) für die Mortalität aufgrund einer ischämischen Herzkrankheit und eines Schlaganfalls.

Eine Abnahme des Cholesterinwertes um 1 mmol/Liter (das entspricht 39mg/dl) führt vor allem bei jüngeren Patienten zu einer deutlichen Abnahme des Risikos, an einer ischämischen Herzkrankheit zu sterben. Die Assoziation zwischen der Cholesterinsenkung und dem Schlaganfall-Mortalitätsrisiko ist weniger klar.
Alter
ischämische Herzkrankheit
HR (95% Konfidenzintervall)
Schlaganfall
HR (95% Konfidenz-
intervall)
40 bis 49 Jahre
0,45 (0,42 – 0,47)
0,87 (0,76 – 1,00)
50 bis 59 Jahre
0,57 (0,55 – 0,58)
0,91 (0,85 – 0,97)
60 bis 69 Jahre
0,68 (0,66 – 0,69)
0,93 (0,89 – 0,97)
70 bis 79 Jahre
0,79 (0,78 – 0,81)
1,02 (0,97 – 1,06)
80 bis 89 Jahre
0,85 (0,82 – 0,89)
1,05 (0,98 – 1,11)

 

Quelle

Prospective Studies Collaboration: Blood cholesterol and vascular mortality by age, sex, and blood pressure: a meta-analysis of individual data from 61 prospective studies with 55000 vascular deaths. Lancet 370, 1829-1839 (2007).

Amarenco P., et al.: The paradox of cholesterol and stroke. Lancet 370, 1803-1804 (2007).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

 

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