Interpharm 2008

Therapie von Hoden- und Prostatakrebs

Außer ihrer Lokalisation weisen Tumore der Prostata und des Hodens keine Gemeinsamkeiten auf. Hodenkrebs tritt vor allem bei jungen Patienten auf und ist auch noch in einem weit fortgeschrittenen Stadium heilbar, wohingegen das Prostatakarzinom ein Tumor des älteren Mannes ist. Es kann im metastasierten Stadium nicht mehr geheilt werden. Priv.-Doz. Dr. Susanne Krege, Krefeld, erläuterte die heutigen Behandlungsmöglichkeiten.

Erste Symptome eines Hodentumors sind Schwellungen, schmerzfreie oder schmerzempfindliche Knoten, Schweregefühl oder Ziehen in Hoden oder Leiste sowie die Vergrößerung des Hodens. Die Diagnose erfolgt durch Palpation, Sonographie, routinemäßige Laboruntersuchungen und Bestimmung der Tumormarker. Histologisch werden Seminome und Nicht-Seminome unterschieden. Eine CT-gestützte Ausbreitungsdiagnostik sichert die korrekte Stadieneinteilung (I bis IIIC).

Die Therapie richtet sich nach der Histologie und dem Stadium des Tumors. In frühen Stadien erfolgt bei einem Seminom die Entfernung des Hodens (Orchiektomie). Das Risiko für okkulte Metastasen liegt bei rund 20%. Daher kann das weitere Vorgehen in einer aktiven Überwachung (Surveillance) und guter Nachsorge bestehen; andere Möglichkeiten zur Verringerung des Restrisikos bestehen in einer Bestrahlung oder einer ein- oder zweimaligen Gabe von Carboplatin. Welche Option gewählt wird, ist eine individuelle Entscheidung, bei der die Lebensumstände und Wünsche des Patienten ausschlaggebend sind. Ist das Seminom bereits weiter fortgeschritten, wird eine Polychemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Bleomycin durchgeführt.

Bei nicht-seminomatösen Keimzelltumoren erfolgt eine risikostratifizierte Therapie. Bei niederem Risiko, das heißt es ist keine vaskuläre Infiltration nachweisbar, kann ein "watch and wait" genügen, bei hohem Risiko wird eine zweizyklische Chemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Bleomycin durchgeführt. Besonders wichtig bei therapierten Hodentumoren ist die Nachsorge. Neben dem rechtzeitigen Entdecken von Rezidiven oder Zweitmalignomen sollen so auch Spätfolgen der Therapie wie etwa kardiovaskuläre Erkrankungen oder Hypogonadismus erkannt werden.

Endokrine Therapie im fortgeschrittenen Stadium

Ein lokal begrenztes Prostatakarzinom kann strahlentherapeutisch oder chirurgisch behandelt werden. Beide Möglichkeiten – die radikale Prostatektomie und die externe Bestrahlung oder Brachytherapie – führen zu vergleichbaren Ergebnissen. Beide Optionen ziehen häufig Inkontinenz und Impotenz nach sich. Je nach Risiko liegt die Zehn-Jahres-Überlebensrate zwischen 80 und über 95%. Ist der Tumor bereits metastasiert, steht die hormonelle Therapie im Vordergrund. Da das Prostatakarzinom unter dem Einfluss von Testosteron wächst, wird eine Hormonblockade durchgeführt. Diese erfolgt durch eine chemische Kastration. Zum Einsatz kommen LHRH-Agonisten und seit Kurzem der LHRH-Antagonist Abarelix. Bei der Gabe von LHRH-Agonisten kommt es kurzfristig zu einem Hormonanstieg, der folgendermaßen zu erklären ist: LHRH-Agonisten verursachen eine Überstimulation der Gonadorelin-Rezeptoren auf den Gonadotropin-bildenden Hypophysenvorderlappenzellen mit nachfolgender Desensibilisierung der Zellen und Reduktion der FSH- und LH-Freisetzung. Die pathologische Rezeptorstimulation zeigt zu Beginn eine agonistische Wirkung, die sich in einer vermehrten Testosteronbildung zeigt. Daher muss während der ersten Behandlungswochen zusätzlich ein peripher wirksames Antiandrogen gegeben werden. Ferner werden zur Androgensuppression steroidale und nicht-steroidale Antiandrogene eingesetzt. Um die unerwünschten Wirkungen der endokrinen Behandlung zumindest zeitweise aufzuheben, ist eine intermittierende Androgenblockade möglich.


Hormonell wirksame Substanzen beim Prostatakarzinom
LHRH-Agonisten
Goserelin (Zoladex®), Leuprorelin
(Enantone®), Buserelin (Profact®)
LHRH-Antagonisten
Abarelix (Plenaxis®)
Antiandrogene:
- steroidal
- nicht-steroidal
Cyproteronacetat (Androcur®)
Flutamid (Fugerel®), Bicalutamid (Casodex®)
Östrogene
5-alpha-Reduktasehemmer
Finasterid (Proscar®)

Jede Art der Hormontherapie wirkt nur eine begrenzte Zeit. Hormonsensitive Tumore gehen früher oder später in ein hormonrefraktäres Stadium über. Als letzte Behandlungsoption kann eine Chemotherapie erfolgen, die allerdings kein kuratives, sondern nur noch ein palliatives Therapieziel verfolgt. Die zytotoxische Behandlung mit Docetaxel führt zu einem nochmaligen Therapieansprechen von bis zu zwölf Monaten.


pj

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