Arzneimittel und Therapie

Neuer Ansatz bei Schlafstörungen

Das endogene Neurohormon Melatonin regelt den Schlaf-Wach-Zyklus im menschlichen Organismus. In der Vergangenheit wurde es unter anderem als Schlafmittel und gegen Jetlag eingesetzt. Wegen seiner kurzen biologischen Halbwertszeit kann es nur begrenzt verwendet werden. Jetzt kommt mit Circadin® ein retardiertes Melatonin auf den Markt, das bei Menschen ab 55 zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen ist. Melatoninderivate in der Entwicklung sind Ramelteon und Agomelatin.
Melatonin wird in einem Teil des Zwischenhirns in den Pinealozyten aus Serotonin produziert. Das Hormon steuert den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers und spielt bei zahlreichen Körpervorgängen eine wichtige Rolle. In der Nacht oder bei Dunkelheit wird Melatonin abgegeben und wirkt schlaffördernd. Bei Einfall von Tageslicht ins Auge wird die Ausschüttung von Melatonin eingestellt.

(S-NAT: Serotonin-N-Acetyltransferase; HIOMT: Hydroxyindol-O-Methyltransferase)

Das Hormon Melatonin (N-Acetyl-5-methoxytryptamin) wird in der Zirbeldrüse (Epiphyse) im Zwischenhirn aus Serotonin produziert, vorwiegend in der Nacht. Bei Einfall von Tageslicht ins Auge wird die Ausschüttung von Melatonin eingestellt, bei Dunkelheit wird das Hormon abgegeben. Es steuert über spezifische Rezeptoren im Hypothalamus den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers und spielt eine Rolle bei Schlaf, Stimmungslage, Geschlechtsreifung, Immunabwehr und Altern.

Rezeptoren im Gehirn

Im Winter, wenn es nicht richtig hell wird, kann der Melatoninspiegel auch tagsüber erhöht bleiben, und der Schlaf-Wach-Rhythmus wird gestört. Als Folge kommt es zu Müdigkeit und Winterdepressionen.

Ein zu niedriger Melatoninspiegel kann Schlafstörungen verursachen. Mit zunehmendem Alter produziert der Körper weniger Melatonin, was einer der Gründe für Schlafprobleme bei älteren Menschen sein könnte. Auch bei Fernreisen kann der Melatoninhaushalt durch die Zeitumstellung (Jetlag) gestört werden, ebenso bei Schichtarbeit.

Melatonin und seine Rezeptoragonisten binden an Melatonin-MT1- und MT2-Rezeptoren im Gehirn. Die beiden Rezeptoren liegen im Nucleus suprachiasmaticus (SNC) im Gehirn, wo der 24-stündige Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert wird. Der MT1-Rezeptor induziert die Schläfrigkeit, der MT2-Rezeptor hilft dem Körper, leichter zwischen Tag- und Nachtphasen zu wechseln. Gemeinsam dienen die Rezeptoren beim Menschen als Schlüsselmediatoren für den Schlaf und fördern den Schlafbeginn. Durch Bindung von Melatonin oder Melatoninagonisten an diese Rezeptoren wird der Schlaf-Wach-Zyklus reguliert.

Als Schlafmittel zugelassen

Jetzt hat retardiertes Melatonin seine Wirkung in klinischen Studien nachgewiesen und ist seit April unter dem Warenzeichen Circadin® in Deutschland auf dem Markt. Die Retardform ist zur Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren zugelassen. Grundlage der Zulassung war ein umfangreiches klinisches Studienprogramm. Der Einsatz zur Normalisierung des Tag-Nacht-Rhythmus bei Jetlag oder Schichtarbeit ist durch die Zulassung nicht gedeckt.

Die Circadin® -Tabletten setzen Melatonin langsam über einige Stunden hinweg frei und sollen so die natürliche Produktion von Melatonin im Körper nachahmen. Die empfohlene Dosis von Circadin® beträgt eine Tablette von 2 mg einmal täglich, die ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit eingenommen wird, im Gegensatz zu herkömmlichen Hypnotika dauerhaft über einen Zeitraum von drei Wochen.

Oral angewendetes Melatonin wird bei Erwachsenen vollständig resorbiert. Durch Nahrung wird die Resorption verzögert, maximale Plasmaspiegel werden nach drei Stunden erreicht. Die terminale Halbwertszeit beträgt 3,5 bis 4 Stunden. Die Metabolite werden über die Nieren ausgeschieden.

Steckbrief: Melatonin

Handelsname: Circadin

Hersteller: Lundbeck, Hamburg

Einführungsdatum: 1. April 2008

Zusammensetzung: 1 Retardtablette enthält 2 mg Melatonin. Sonstige Bestandteile: jede Retardtablette enthält 80 mg Lactose-Monohydrat, Ammoniummethacrylat-Copolymer (Typ B), Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, Lactose-Monohydrat, hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum, Magnesiumstearat (Ph. Eur.).

Packungsgrößen, Preise und PZN: 20 Tabletten, 25,38 Euro, PZN 6452915.

Stoffklasse: Hypnotika/Sedativa. ATC-Code: N05CM17.

Indikation: Zur Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichneten Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren.

Dosierung: 2 mg einmal täglich, ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit. Die Dosierung muss über drei Wochen aufrecht erhalten werden.

Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.

Nebenwirkungen: gelegentlich: Reizbarkeit, Nervosität, Rastlosigkeit, Insomnie, Albträume, Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeitsstörung, schlechter Schlaf; Bauchschmerzen, Verstopfung; Mundtrockenheit; Hyperbilirubinämie; Hyperhidrose; Asthenie; Gewichtszunahme.

Wechselwirkungen: Melatonin wird vorwiegend durch das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP1A metabolisiert, entsprechende Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen sind möglich. Fluvoxamin erhöht die Melatoninspiegel, indem es dessen Metabolisierung durch CYP1A2 und CYP2C19 in der Leber hemmt, die Kombination muss daher vermieden werden. Östrogene erhöhen die Melatoninspiegel durch Hemmung von CYP1A1 und CYP1A2. Zigarettenrauchen kann die Melatoninspiegel aufgrund der Induktion von CYP1A2 senken. Melatonin darf nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden, da dieser die Wirkung von Melatonin auf den Schlaf herabsetzt. Melatonin kann die sedierenden Eigenschaften von Benzodiazepinen und von Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika wie Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon verstärken, ebenso die Wirkung anderer Arzneimittel, die das zentrale Nervensystem beeinflussen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Melatonin kann Schläfrigkeit hervorrufen. Die Anwendung bei Personen mit Autoimmunerkrankungen wird nicht empfohlen.

Verkürzte Einschlafdauer

Die Wirkungen von Circadin® wurden unter anderem in drei Studien an insgesamt 681 Patienten über 55 Jahren mit primärer Insomnie untersucht. Das retardierte Melatonin verkürzte die Zeit bis zum Einschlafen gegenüber einer Placebobehandlung, ohne die Schlafarchitektur und den REM-Schlaf zu beeinflussen. Auch wird die Leistungsfähigkeit während des Tages nicht beeinträchtigt.

In einer ambulant durchgeführten Studie verbesserten sich zum Beispiel bei 47% der Circadin®-Patienten Schlafqualität und Ausgeschlafenheit am Morgen, im Vergleich zu 27% in der Placebogruppe. Nach dem Absetzen gingen die Werte allmählich wieder auf die Ausgangswerte zurück, ohne dass es zu einem Rebound-Phänomen, einer Zunahme von Nebenwirkungen oder der Entzugssymptome kam. In einer zweiten ambulant durchgeführten Studie zeigten 26% der Patienten in der Circadin® -Gruppe eine klinisch signifikante Besserung der Schlafqualität und des Wachheitsgrades am Morgen, im Vergleich zu 15% in der Placebogruppe.

Wenn die Ergebnisse aller drei Studien zusammengenommen betrachtet wurden, besserten sich bei 86 (32,4%) der 265 Patienten unter Circadin® die Symptome wesentlich, verglichen mit 51 (18,7%) der 272 Patienten, die ein Placebo einnahmen.

Nebenwirkungen sind selten

Nebenwirkungen traten nur gelegentlich auf. Dazu gehören Reizbarkeit, Nervosität, Rastlosigkeit, Insomnie, Albträume, Migräne, psychomotorische Hyperaktivität, Schwindel, Somnolenz, Bauchschmerzen, Verstopfung, Mundtrockenheit, Hyperbilirubinämie, vermehrtes Schwitzen, Asthenie (Schwäche) und Gewichtszunahme.

Circadin® kann Schläfrigkeit verursachen. Daher muss es bei Menschen, bei denen dies ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte, mit Vorsicht angewendet werden. Der Konsum von Alkohol vor, während und nach der Einnahme von Circadin® ist zu vermeiden.

Auch kann Melatonin die sedierenden Eigenschaften von Benzodiazepinen und von Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika wie Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon verstärken, ebenso die Wirkung anderer Arzneimittel, die das zentrale Nervensystem beeinflussen.

Da Melatonin über das Cytochrom-P450-System abgebaut wird, sind zahlreiche Wechselwirkungen möglich. Die Anwendung bei Patienten mit Leberproblemen wird nicht empfohlen, und bei Patienten mit Nierenproblemen ist Circadin® mit Vorsicht anzuwenden. Melatonin kann immunogen wirken, die Anwendung bei Personen mit Autoimmunerkrankungen wird daher nicht empfohlen

Tierexperimentelle Studien lassen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Auswirkungen auf Schwangerschaft, embryonale/fetale Entwicklung, Geburt oder postnatale Entwicklung schließen. Dennoch sollten schwangere Frauen und Frauen, die beabsichtigen schwanger zu werden, Melatonin nicht einnehmen.

Endogenes Melatonin wurde beim Menschen in der Muttermilch nachgewiesen, so dass wahrscheinlich auch exogenes Melatonin in die Muttermilch übergehen wird. Daher sollten Frauen unter der Behandlung mit Melatonin nicht stillen.

Ramelteon induziert natürlichen Schlaf

In Zukunft sind weitere Substanzen, die auf das Melatoninsystem wirken, zu erwarten: In den USA ist der Melatoninagonist Ramelteon (Rozerem®, Firma Takeda) bereits zur Behandlung von Einschlafstörungen zugelassen, die europäische Zulassung ist beantragt. Das Melatonin-Analogon ahmt die Wirkung von Melatonin nach und weist eine längere Halbwertszeit als Melatonin auf.

Der Melatonin-Rezeptoragonist bindet mit höherer Affinität an Melatonin-MT1- und MT2-Rezeptoren im Gehirn als Melatonin. Ramelteon induziert einen Schlaf, der dem natürlichen Schlaf sehr ähnlich ist. In klinischen Studien verkürzte Ramelteon die Einschlafzeit signifikant und erhöhte die Gesamtschlafdauer. In den USA, Europa und Japan wurden mehr als 4200 Patienten zwischen 18 und 93 Jahren untersucht, die einzelne Tagesdosen von Ramelteon über verschiedene Zeiträume bis zu einem Jahr erhielten. Die Wirksamkeit wurde in sieben placebokontrollierten Studien gezeigt. Bisher ergaben sich weder im Tierversuch noch in klinischen Studien Hinweise für ein Abhängigkeits- oder Missbrauchspotenzial.

Ramelteon sollte etwa 30 Minuten vor dem Zubettgehen eingenommen werden (1 Tablette zu 8 mg Ramelteon). Die Tabletten sollten nicht zusammen mit oder nach fettreichen Mahlzeiten eingenommen werden.

Fluvoxamin, ein starker CYP1A2-Inhibitor, darf nicht zusammen mit Ramelteon eingenommen werden, da die AUC des Melatoninagonisten um ein Vielfaches ansteigen kann. Bei Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen ist die Anwendung von Ramelteon kontraindiziert. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel und Übelkeit.

Steckbrief: Ramelteon

Vorgesehener Handelsname: Rozerem®

Hersteller: Takeda Pharmaceuticals

Einführung: Zulassung ist beantragt

Indikation: Zur Behandlung von Schlafstörungen

Dosierung: 1 Tablette zu 8 mg Ramelteon 30 Minuten vor dem Zubettgehen

Gegenanzeigen: schwere Leberfunktionsstörungen

Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, Übelkeit

Wechselwirkungen: Fluvoxamin, ein starker CYP1A2-Inhibitor, darf nicht zusammen mit Ramelteon eingenommen werden.

Agomelatin als Antidepressivum

Agomelatin (vorgesehener Handelsname Valdoxan®, Firmen Servier und Novartis) ist ein weiterer Melatoninagonist, der gegen enzymatischen Abbau stabiler ist als Melatonin selbst. Agomelatin wird zur Behandlung von Schlafstörungen und Depressionen entwickelt, die Zulassung für Europa ist beantragt.

Die neue Substanz weist statt des Indol-Bausteins im Melatonin ein Naphthalin-System auf und ist dadurch wesentlich stabiler als Melatonin. Agomelatin wird als Antidepressivum entwickelt. Es wirkt agonistisch an MT1- und MT2-Rezeptoren und zusätzlich auch an Serotoninrezeptoren.

Agomelatin wirkt sogar bei schweren Depressionen, hat ein günstiges Nebenwirkungsprofil und reguliert darüber hinaus den Schlafrhythmus bei depressiven Patienten.

In klinischen Studien zeigte Agomelatin (25 bis 50 mg pro Tag) eine antidepressive Wirkung, die mit der des selektiven Serontonin-Wiederaufnahme-Hemmers Paroxetin und der des Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers Venlafaxin (75 bis 150 mg pro Tag) vergleichbar war, ohne die Nebenwirkungen dieser Substanzen aufzuweisen. In diesen Studien hatte Agomelatin zusätzlich eine gute Wirkung auf den Schlaf und die Schlafarchitektur. Auch ältere depressive Patienten profitierten von der Substanz.

 

Steckbrief: Agomelatin

Vorgesehener Handelsname: Valdoxan®

Hersteller: Servier, Novartis

Einführung: Zulassung ist beantragt

Indikation: Zur Behandlung von Depressionen

Dosierung: 25 bis 50 mg pro Tag

Agomelatin könnte auch bei der Behandlung bipolarer Depressionen wirksam sein. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie mit 21 Patienten, die sechs Wochen lang täglich 25 mg Agomelatin erhielten. Während der ersten Behandlungswoche sprachen 47% der Patienten an, während der sechs Wochen beendeten 85% die akute Phase. Es kam zu 15 unerwünschten Wirkungen, eingeschlossen zwei manische oder hypomanische Episoden. Die Behandlung wurde allgemein gut vertragen.

Agomelatin befindet sich in Phase III der klinischen Entwicklung, die europäische Zulassung ist beantragt.

 

Quellen

Fachinformation von Circadin®, Stand Januar 2008.

Lemoine P et al.: Prolonged-release melatonin improves sleep quality and morning alertness in insomnia patients aged 55 years and older and has no withdrawal effects. J. Sleep. Res. 2007;16:372-80.

Wade A, Zisapel N, Lemoine P.: Prolonged-release melatonin for the treatment of insomnia: targeting quality of sleep and morning alertness. Aging Health 2008;4:11-21.

Wade A et al: Efficacy of prolonged release melatonin in insomnia patients aged 55 80 years: quality of sleep and next-day alertness outcomes. Curr. Med. Res. Opin. 2007;23:2597-605.

DAZ-Beilage Arzneimittel in der Pipeline, Nr. 2 vom 20. April 2006.

 


hel
 

Berichtigung


Im obigen Beitrag ist uns bedauerlicherweise ein Fehler unterlaufen. Richtig ist, dass der Wirkstoff Agomelatin ein Produkt der Servier-Forschung ist und auch von der Firma Servier hergestellt wird. Wir bitten um Entschuldigung!



Bettina Hellwig
KOMMENTAR

Vom Wundermittel zum Medikament


Vielleicht erinnern Sie sich noch daran: Vor rund zehn Jahren war das „Wundermittel“ Melatonin in aller Munde, und natürlich haben wir damals ausführlich darüber berichtet. Als ewiger Jungbrunnen sollte das Zirbeldrüsenhormon die Alterung stoppen, freie Radikale fangen, Krebs bekämpfen und vor Schlaganfall und Herzinfarkt schützen.

In Amerika gilt Melatonin seit 1994 als „Nahrungsergänzungsmittel“ und darf dort frei verkauft oder bestellt werden. Als Folge wurde zum Beispiel in Kalifornien im Jahr 1995 mehr Geld für Melatonin ausgegeben als für Aspirin. Auch bei uns wurde und wird Melatonin bei ausländischen Versandapotheken im Internet bestellt.

Melatonin wird rasch abgebaut, und seine Halbwertszeit ist mit 35 bis 50 Minuten sehr kurz. Niemand wusste bisher, welche Mengen für welche Wirkung eingesetzt werden können und welche Vorsichtsmaßnahmen zu beachten sind, denn es gab keine klinischen Studien zu Dosierung, Wirkung und Nebenwirkungen. Das hat sich jetzt geändert. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hält die Daten aus drei Studien mit 681 Patienten für ausreichend gut, um retardiertes Melatonin unter dem Markennamen Circadin® zur Behandlung von Schlafstörungen zuzulassen. Circadin® enthält 2 mg Melatonin in einer Retardform und ist zur Behandlung von Schlafstörungen bei Patienten ab 55 Jahren indiziert. Der Einsatz bei Jetlag ist mit der Zulassung allerdings nicht gedeckt.

Anders als herkömmliche Schlafmittel muss Melatonin drei Wochen lang ununterbrochen jeden Abend angewendet werden, um den natürlichen Schlafrhythmus zu fördern. Melatonin wirkt zwar weniger stark als Benzodiazepine und Nicht-Benzodiazepin-Arzneimittel, dafür hat es auch kaum Nebenwirkungen und zeigt beim Absetzen keinen Rebound-Effekt. Außerdem beeinträchtigt Melatonin den für die Erholung wichtigen REM-Schlaf nicht.

Circadin® ist verschreibungspflichtig, wie jeder neue Wirkstoff, der bei uns eingeführt wird. Das ist zwar im Interesse der Sicherheit, andererseits gibt es leider die illegale Möglichkeit, sich Melatonin in jeder beliebigen Menge über das Internet bestellen zu können.

Bei diesen ungeprüften Präparaten ist neben der Wirkung auch die Qualität fraglich: Melatonin wird synthetisch, aus Pflanzen oder auch aus Hirngewebe gewonnen und kommt aus den unterschiedlichsten Quellen. Wie gefährlich das sein kann, hat unlängst der Skandal um verunreinigtes Heparin gezeigt.

Eine schnelle Entlassung aus der Rezeptpflicht könnte hier sinnvoll sein, weil wir in den Apotheken für deutlich mehr Sicherheit garantieren können, als das beim unkontrollierten Bezug über das Internet der Fall ist.


Bettina Hellwig

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