Arzneimittel und Therapie

Oral oder topisch behandeln?

Zur Therapie von Knieschmerzen aufgrund einer Osteoarthritis werden häufig nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) eingesetzt. Welche Applikationsform – oral oder topisch – führt langfristig zu besseren Ergebnissen und welche Anwendung bevorzugt der Patient? Mit diesen Fragen befassten sich drei in England durchgeführte Untersuchungen. Danach wurde die Wirksamkeit topischer NSAIDs ähnlich eingeschätzt wie nach oraler Gabe. Die topischen Mittel wurden eher wegen Unwirksamkeit, die oralen Mittel eher wegen unerwünschter Wirkungen abgesetzt.

Bei den ersten beiden Untersuchungen handelt es sich um eine kontrollierte randomisierte Studie und um eine parallel durchgeführte Präferenzstudie, das heißt, die Patienten konnten selber zwischen den beiden Anwendungsformen wählen. In die randomisierte Studie wurden 282 Probanden, in die Präferenzstudie 303 Patienten eingeschlossen. Die Studienteilnehmer waren durchschnittlich 64 Jahre alt und litten unter chronischen Knieschmerzen. In der ersten Studie wurde festgelegt, ob der Proband das nicht-steroidale Antiphlogistikum (in der Regel Ibuprofen) in oraler oder topischer Form anwendet. In der zweiten Studie konnte dies der Patient selbst entscheiden. Ferner konnte der Proband selbst bestimmen, an welcher Studie er teilnimmt. Der primäre Studienendpunkt waren die Abnahme des Knieschmerzes und eine Verbesserung der Beweglichkeit (gemessen mithilfe des WOMAC Scores; WOMAC-Scores = Western Ontario and McMaster Universities-Arthrose-Index, ein Score zur Bewertung von Schmerzen, Steifheit und Funktionsfähigkeit der Gelenke). Der sekundäre Studienendpunkt umfasste verschiedene Komponenten der Schmerzstärke.

Kein Unterschied feststellbar

Nach zwölf Monaten konnte in beiden Studien kein signifikanter Unterschied zwischen der topischen und oralen Anwendung festgestellt werden (Erfassung des Gesamtscores). Im Hinblick auf die Schmerzstärke wurde die orale Therapie besser bewertet als die topische Anwendung, im Hinblick auf die Nebenwirkungen schnitt die topische Therapie besser ab als die orale. In der randomisierten Studie änderten in der topischen Gruppe rund 11% der Probanden aufgrund fehlender Wirkung die Applikationsform, und in der oralen Gruppe wechselten 10% der Patienten aufgrund von Nebenwirkungen zur topischen Applikationsform.

Welche Faktoren bestimmen die Art der Applikation?

Im Kontext dieser beiden Studien wurde der Frage nachgegangen, welche Faktoren die Therapiewahl – also topische oder orale Anwendung – beeinflussen. Dazu wurden 30 ältere Patienten aus unterschiedlichen Allgemeinarztpraxen befragt, die unter chronischen Knieschmerzen litten. Dabei zeigte sich, dass ihre Entscheidung durch folgende Faktoren beeinflusst wurde:

  • erwartete Nebenwirkungen
  • weitere Begleiterkrankungen
  • Art des Schmerzes
  • Ratschlag des Therapeuten
  • praktische Durchführung der Therapie.

Die individuelle Entscheidung der Patienten für eine bestimmte Applikationsform erschien logisch und sinnvoll: Bei gering ausgeprägten und passageren Schmerzen bevorzugten sie die topische Anwendung, bei moderaten bis schweren Beschwerden die orale Einnahme.

Vorlieben der Patienten berücksichtigen

Ein Kommentator befasste sich näher mit diesen Studien und sieht in ihren Ergebnissen den Ratschlag der NICE-Guidelines (Guideline on the management of ostearthritis des National Institute for Health and Clinical Excellence) bestätigt, dass eine Therapie die Vorlieben der Patienten berücksichtigen sollte. So haben auch die obigen Studien gezeigt, dass die Mehrzahl der Patienten die Art der Applikation bevorzugt selbst wählt. Ferner wurde dargestellt, dass der Patient seine Therapie differenziert gestaltet und je nach Ausmaß der Beschwerden die für ihn passende Arzneiform aussucht. Topische Alternativen erscheinen sinnvoll, da aufgrund kontroverser Diskussionen um COX-2-Inhibitoren orale nicht-steroidale Antiphlogistika mitunter kritisch betrachtet werden. Der Kommentator ist ferner der Ansicht, dass mit nicht-steroidalen Externa sichere und nützliche Mittel zur Verfügung stehen, auch wenn diese nicht den strengen Kriterien einer Evidenz-basierten Medizin standhalten.

 

Quelle

Underwood M., et al.: Advice to use topical or oral ibuprofen for chronic knee pain in older people: randomised controlled trial and patient preference study. BMJ 336, 138-142 (2008).

Carnes D., et al.: Influences on older people’s decision making regarding choice of topical or oral NSAIDs for knee pain: qualitative study. BMJ 336, 142-145 (2008).

Dieppe P.: Osteoarthritis of the knee in primary care. BMJ 336, 105-106 (2008).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

 

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