Arzneimittel und Therapie

Zeitfenster für Mifepriston verlängert

Seit dem 1. Juli 2008 darf das Abortivum Mifepriston (Mifegyne®) zum Schwangerschaftsabbruch nicht mehr nur bis zum 49. Tag, sondern bis zum 63. Tag nach der letzten Regelblutung eingesetzt werden. Zugelassen ist der medikamentöse Abbruch mit Mifepriston nur zusammen mit einem Prostaglandin. Die Empfehlungen des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) zur Wahl des Prostaglandins stoßen jedoch auf Kritik.

Das Abortivum Mifepriston (RU-486) ist ein Progesteron-Rezeptorantagonist, unter dessen Einfluss es bei einer Schwangerschaft zu einer Degeneration der Uterusschleimhaut und damit zum Abort kommt. Zur vollständigen Austreibung wird Mifepriston zusammen mit einem Prostaglandin-Analogon gegeben. Die CHMP empfiehlt dazu bis zum 49. Tag entweder die Gabe von Gemeprost (Cyrgem®) oder von Misoprostol (Cytotec®), zwischen dem 50. und dem 63. Tag jedoch nur die Gabe von Gemeprost. Der Pro-familia-Bundesverband kritisiert die Empfehlung von Gemeprost und beruft sich dabei auf anerkannte Therapierichtlinien, die die vaginale Anwendung von Misoprostol bevorzugen. Misoprostol soll nicht nur preiswerter, sondern auch einfacher zu handhaben sein. So muss Gemeprost bei -10 °C aufbewahrt und gelagert werden und ist innerhalb von zwölf Stunden nach Öffnen der Folie zu verwenden. Zudem soll die Gabe von Misoprostol mit weniger Nebenwirkungen behaftet sein. Allerdings ist Misoprostol nur zur Vorbeugung und Behandlung von Magenschleimhautschädigungen sowie von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren zur oralen Anwendung zugelassen. Die vaginale Anwendung von Misoprostol erfolgt off label, da bislang kein entsprechender Zulassungsantrag gestellt worden ist. Haftungsrechtlich scheint das jedoch weitgehend unproblematisch zu sein. In dem Arbeitspapier Off-label-use in der Gynäkologie und Geburtshilfe (Frauenarzt 2007; 48: 280 ff) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht der DGGG heißt es dazu:

" Beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch mit RU-486 (Mifegyne®) muss zusätzlich im Intervall von 48 Stunden ein Prostaglandin verabreicht werden, um den medikamentösen Abort zu vervollständigen. Klinische Anwendungsdaten zeigen, dass dazu Misoprostol sinnvoll und risikoarm eingesetzt werden kann, auch wenn dafür keine Zulassung besteht. Als zugelassene Alternative kommt nur das Präparat Gemeprost (Cergem®) Vaginalsuppositorien in Betracht, das mit stärkeren Nebenwirkungen verbunden ist. Aufgrund der vorliegenden klinischen Daten erscheint der Einsatz von Misoprostol mit dieser Indikation gerechtfertigt, und die Anwendung wird somit durch die Haftpflichtversicherung des Arztes gedeckt …"

Streng genommen besitzt auch Gemeprost keine Zulassung für einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch. Es ist lediglich zugelassen zur Zervixerweiterung und -erweichung zur Vorbereitung einer Ausräumung – also eines chirurgischen Eingriffs – bei Nichtschwangeren und Schwangeren bis zur 12. Schwangerschaftswoche und zur Einleitung einer Schwangerschaftsbeendigung im 2. Trimenon bei gesunden Frauen zusammen mit einer instrumentellen Nachbehandlung.

 

Quelle

BfArM-Stufenplanbescheid Mifegyne® 200 mg Tabletten, 4. März 2008;

 


du

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