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Arzneimittel und Therapie
Fälle von Japanischer Enzephalitis in Nordindien aufgetreten
Ausgelöst wird die Japanische Enzephalitis, auch Japan-B-Enzephalitis genannt, durch das Japanische Enzephalitis-Virus (JEV), ein RNA-Virus, das innerhalb der Arboviren zur Familie der Flaviviridae gehört. Das Virus hat eine Hülle, Ikosaeder-Symmetrie und eine linear angeordnete (+)ssRNA. Es bildet mehrere Subtypen und ist eng verwandt mit dem Murray-Valley-Enzephalitis-Virus (endemisch in Australien und Papua New Guinea) und dem Kunjin-Virus (Erreger der Kunjin-Enzephalitis in Nordaustralien) [1]. Die Übertragung erfolgt durch Stechmücken, insbesondere Culex-Arten. Das Erregerreservoir bilden vor allem wildlebende Vögel; Zwischenwirte sind verschiedene Nutz- und Haustiere. Die Inkubationszeit beträgt fünf bis 15 Tage. Die Infektionserkrankung ist vor allem in Südostasien in sumpf- und wasserreichen Gegenden weit verbreitet. In Japan hingegen ist sie wegen der systematischen Durchimpfung von Haustieren kaum noch anzutreffen. Registriert werden jährlich zwischen 30.000 und 55.000 Fälle mit mehr als 10.000 Toten; die tatsächlichen Zahlen liegen wahrscheinlich deutlich höher.
Symptome und Diagnose
Die Infektionserkrankung verläuft bei vielen Betroffenen völlig inapparent oder aber ausschließlich mit niedrigem Fieber und leichten Kopfschmerzen. Vor allem Kinder und ältere Menschen können jedoch eine schwere Verlaufsform entwickeln, die sich zunächst wie die eines grippalen Infekts mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen manifestiert, gefolgt von hohem Fieber, starken Kopfschmerzen und schließlich Bewusstseinstrübungen, Reflexstörungen, Tremor und motorischen Lähmungen. Die Häufigkeit, dass die Infektion einen derart schweren Krankheitsverlauf als Meningoenzephalitis nimmt, wird mit etwa 1 von 300 Fällen angegeben. Dann besteht allerdings eine Letalität von 10 bis 30%, und neurologische Dauerschäden und psychiatrische Probleme sind nicht selten [1]. Das Virus zerstört offensichtlich Gehirnzellen und verhindert eine Neubildung. Mit fortschreitender Infektion kommt es zu einem Verlust der Zellteilungsfähigkeit. Erstmals liegt damit ein Hinweis vor, dass ein von Mücken übertragenes Virus die neuralen Stammzellen befällt. Nach einer (auch inapparenten) Infektion besteht eine stabile Immunität.
Zunächst kann der Virusnachweis aus dem Blut oder Liquor durch PCR oder Virusanzucht erfolgen. Ab dem 8. bis 10. Tag der Erkrankung können serologisch spezifische Antikörper nachgewiesen werden (z. B. mit ELISA-Tests), wobei ein eindeutiges Ergebnis häufig nur über zwei verschiedene Assays erhalten wird. Eine Differentialdiagnose erlaubt die Abgrenzung von anderen bakteriell oder viral bedingten Meningitiden und Enzephalitiden.
Therapie, Impfungen und Expositionsprophylaxe
Virostatika stehen zur Behandlung der Erkrankung derzeit nicht zur Verfügung; sie erfolgt daher ausschließlich symptomatisch. Vor allem von japanischen Herstellern gibt es Impfstoffe, die abgetötete JEV enthalten. Für eine ausreichende Schutzwirkung sind drei Injektionen unter die Haut im Abstand von vier Wochen nötig. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Impfung allerdings nur Reisenden, die sich zur Hauptübertragungszeit in Risikogebieten Südostasiens über einen längeren Zeitraum aufhalten. In Deutschland ist kein Impfstoff zugelassen, er kann lediglich über internationale Apotheken bezogen werden. Obwohl das Infektionsrisiko für Touristen relativ gering ist, empfiehlt auch das Zentrum für Reisemedizin in Düsseldorf Touristen, die eine Reise nach Nordindien geplant haben, sich impfen zu lassen. Reisende in die Risikoregionen sollten zudem einige prophylaktische Maßnahmen beachten: Gegen Mückenstiche empfiehlt sich die Mitnahme von Insektensprays, Insektennetzen und das Tragen von langärmeliger Kleidung und langen Hosen. Das Infektionsrisiko wird für Gebiete mit Dauerdurchseuchung mit etwa 1:200 Mückenstichen angegeben, es steigt somit proportional zur Zahl der Stiche. Kontakte zur einheimischen Bevölkerung sind hingegen unproblematisch; eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt.
Quelle
[1] Japanische Enzephalitis in Indien – Impfung empfohlen, Ärzte Zeitung online, 5. August 2008.
[2] www.rki.de – Infektionskrankheiten A-Z – Steckbriefe seltener und importierter viraler Erkrankungen – Japanische Enzephalitis.
Dr. Hans-Peter Hanssen Universität Hamburg Institut für Pharm. Biologie und Mikrobiologie Bundesstr. D-20146 Hamburg E-Mail: hans-peter.hanssen@hamburg.de
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