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Tilidin/Naloxon soll Betäubungsmittel werden
Tilidin ist ein starkes, zentralwirkendes Analgetikum mit Gewöhnungs- und Abhängigkeitspotenzial. Es ist ein Prodrug, das in der Leber in wirksame Metaboliten überführt werden muss. Einer dieser Metaboliten ist Nortilidin. Er entfaltet seine Wirkung über Bindung an Opioidrezeptoren.
Tilidin selber ist ein Betäubungsmittel, das sich in den 1980er Jahren in der Drogenszene als Heroinersatz zur Linderung von Entzugssymptomen großer Beliebtheit erfreute.
Naloxon sollte Missbrauch verhindern
Um den Missbrauch einzudämmen, wurde es mit dem Opioid-Rezeptorantagonisten Naloxon kombiniert. In dieser Kombination ist es bislang nur verschreibungspflichtig. Wie Tilidin unterliegt auch Naloxon nach oraler Gabe einem First-pass-Metabolismus. Während dabei Tilidin in wirksame Metaboliten umgewandelt wird, wird Naloxon inaktiviert, so dass die Tilidin-Metaboliten ihre gewünschten schmerzlindernden Wirkungen an den Opiod-Rezeptoren entfalten können. Bei parenteraler Gabe und bei Überdosierung verhindern dagegen hohe Naloxon-Spiegel die Rezeptor-Bindung wirksamer Tilidin-Metaboliten, was bei Opioidabhängigen Entzugssymptome auslöst.
Furcht vor hemmungsloserAggressivität
Doch dieser pharmakologische Kniff hat die Verbreitung in der Drogenszene nicht bremsen können. Das Landeskriminalamt Berlin hat nach Angaben der Zeitschrift Spiegel vom 11. August 2008 allein im vergangenen Jahr über 2000 gefälschte Tilidin/Naloxon-Rezepte sichergestellt. Bundesweit werden immer wieder Einbrüche in Apotheken gemeldet, in denen gezielt nach entsprechenden Tilidin-haltigen Präparaten gesucht worden ist. Vor allem bei türkisch- und arabischstämmigen Jugendlichen, aber auch bei Kosovo-Albanern und Bosniern soll Tilidin wegen seiner euphorisierenden und enthemmenden Wirkungen sehr beliebt sein. Polizisten fürchten die Aggressivität von unter Tilidin-Einfluss stehenden Jugendlichen. Mit der Unterstellung unter das Betäubungsmittelgesetz soll nun das Problem eingedämmt werden.
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